Personal Quarterly 3/2021

13 03 / 21 PERSONALquarterly Alle Interviewten waren der Meinung, dass sie in ihren Un- ternehmen mit Problemen des Knowledge Hidings konfrontiert sind. Dieser Befund bestätigt bisherige Studien, die vermitteln, dass Knowledge-Hiding-Verhalten unabhängig von Länderkul- turen, Branchen und Unternehmensgrößen betrieben wird. Unsere Interviews zeigen auch, dass Knowledge Hiding über alle Hierarchieebenen und Abteilungen auftritt, oft aber vor allem in Bereichen mit Spezialwissen und kritischen Quali- tätszielen wahrgenommen wird. „Kritisch ist weniger das reine Wissen, sondern vielmehr die Kombination mit praktischen Erfahrungen in der Anwendung und Umsetzung“, sagte die Führungskraft eines mittelständischen Familienunterneh- mens mit hohen Anforderungen an Produktqualität und -si- cherheit. Die in den Interviews genannten Gründe für Knowledge Hi- ding sind vielschichtig: Oft ist dies Teil der Unternehmenskul- tur, was durch stark hierarchische Strukturen und das Credo „Wissen ist Macht“ verstärkt wird. Organisatorische Silos in Form von strikten Abteilungs- und Ländergrenzen unterstüt- zen das Phänomen, die Führungsebenen leben „Knowledge Hi- ding als Steuerungselement leider oft auch vor“, berichtete ein HR-Manager. Die Interviewten erwähnten aber auch Neid und Missgunst als Ursachen sowie das Verändern gewohnter Rou- tinen und das Verlassen von Komfortzonen. „Es ist doch viel einfacher, bei Forecasts, Ressourcenbedarf oder Budgets nicht alles Wissen preiszugeben“, berichtete die Managerin eines Großunternehmens. „Damit wird man schneller und benötigt weniger Abstimmung und Argumentation mit den Kollegen und anderen Abteilungen.“ Die Interviewten nannten einige Konsequenzen von Know- ledge Hiding in ihren Unternehmen. „Bei uns sind bestimmt viele Projekte gescheitert, weil vor neuen Projektmitglie- dern absichtlich benötigte und auch nachgefragte Informati- onen zurückgehalten wurden“, klagt eine HR-Managerin. In einem schnell wachsenden Start-up werden „Fehler wieder- holt, die Betroffenen sind demotiviert und es entstehen deut- liche Auswirkungen auf Zeit, Kosten und Qualität“. Letztlich berichteten viele Interviewpartnerinnen und -partner von erhöhter Fluktuation bei internen und externen Key Pla- yern. In einem Dax-Konzern kam es in einem Teilbereich der Produktion zu massiven Qualitätsproblemen, sodass „sogar ehemalige Mitarbeiter aus dem Ruhestand geholt wurden, um dringend benötigtes Wissen und Erfahrungen nicht zu verlieren“. Viele Praxisansätze, aber keine Lösung? Über alle Unternehmen hinweg stellte sich heraus, dass Know- ledge Hiding nicht aktiv im Problembewusstsein und somit zugleich im Handlungsfeld der Befragten liegt. Während die Unternehmen viel Geld und Zeit in verbessertes Wissensma- nagement stecken („Wir gründen gerade ein neues Team für Wissensmanagement“ oder „Wir führen eine neue unterneh- mensweite Wissensplattform ein“) wird dem Knowledge-Hi- ding-Verhalten unter den Mitarbeitenden gar nicht oder kaum entgegengewirkt. Aussagen wie „Wir haben eine Vielzahl an digitalen Möglichkeiten zum Austausch geschaffen“ und „Wir haben Probleme mit der Menge und Relevanz an Informa- tionen, der Aufwand zur Pflege ist enorm“ zeigen, dass die bisherige Auslegung des Wissensmanagements keine Berüh- rungspunkte zu Knowledge Hiding hat und vor allem auf die Speicherung und die Unterstützung der Wissensweitergabe ausgelegt ist. Da die interviewten Führungskräfte Knowledge Hiding als Begriff nicht kannten und Knowledge Hiding nicht ak- tiv entgegenwirkten, konnten viele nur über die aktuellen Maßnahmen zur Stärkung des Wissensmanagements und zur Förderung des Wissenstransfers berichten. Einige Un- ternehmen setzen globale Kampagnen und Initiativen auf und versuchen, Wissen großflächig verfügbar zu machen. Die Führungskräfte berichteten von altbekannten Ansätzen wie Ideenmanagement und kontinuierlichen Verbesserungs- prozessen, um den Wissenstransfer zu verbessern. Sie nann- ten aber auch innovative Ansätze wie Crowd Funding von Projekten oder Team Challenges, um den cross-funktionalen Austausch zu fördern. Allen diesen Ansätzen liegt zugrunde, dass zwar der Wis- sensaustausch explizit gefördert werden soll und die Vereinfa- chung der Wissensweitergabe unterstützt wird, dies aber nicht zwangsläufig das Knowledge Hiding der Mitarbeitenden the- Quelle: Eigene Darstellung Abb. 3: Lösungsansätze bei Knowledge Hiding Individuum • neue Arbeitsweisen • verringerter Zeitdruck • Sensibilisierung über Folgen Team • Führungskräfte als posi- tives Rollenmodell • digitale Unterstützung zum Austausch/Ablage • Erfahrungswissen wertschätzen (z. B. gegenüber älteren Mitarbeitenden) Organisation • Kulturentwicklung (Lernen, Führen, Zusam- menarbeit, Fehler) • flachere Hierarchien • cross-funktionales Arbeiten und gemischte Teams

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