PERSONAL quarterly 2/2020
55 02/20 PERSONALquarterly Index 2019 sind 18 Unternehmen erfasst, die eine komplett frauenfreie Führungsetage haben. Insgesamt ist der Frauenan- teil im Vergleich zum Vorjahr in den Topmanagementorganen um 0,8 % auf 18 % gesunken. Öffentliche Unternehmen, die in Bundesländern ihren Sitz haben, in dem ein Leitziel zur Genderfrage für Führungspositionen im Public Corporate Go- vernance Kodex verankert wurde, verzeichnen einen höheren Frauenanteil als die Unternehmen in Bundesländern, die auf solch eine Zielformulierung verzichten. Ausländische Eigner, Kunden und Kooperationspartner beeinflussen die Besetzungspolitik Kultur und institutionelle Rahmenbedingungen wirken sich auf die Besetzungsfrage aus – im Management wie bei Mit- arbeitern. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern lässt sich auch für Staaten belegen, die in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung noch Nachholbedarf haben. Das ergab jüngst ei- ne Studie der Universität Wien. Unternehmen, deren Kunden international aufgestellt sind, stellen einen größeren Anteil an Frauen ein als Firmen, die ausschließlich auf dem Heimat- markt agieren. Dieses eindeutige Ergebnis basiert auf Daten von über 30.000 Firmen in mehr als 100 Entwicklungsländern und Ländern mit mittlerem Einkommen wie Pakistan, Afgha- nistan und Nigeria. Alyssa Schneebaum hat sich mit ihrer wissenschaftlichen Kollegin Carolina Lennon einen interna- tionalen Datensatz vorgenommen, der zwischen 2006 und 2014 unter anderem erfasst, welcher Anteil der unbefristeten Vollzeitmitarbeitenden in den Unternehmen weiblich sind. Die stellvertretende Vorständin des Instituts für Heterodoxe Ökonomie am Department Volkswirtschaft der Universität Wien hatte sich bisher mit dem Gender Pay Gap in Industrie- nationen wie den USA und Ländern der Europäischen Union beschäftigt, z. B. für ihren Ph. D. in Economics, den sie an der University of Massachusetts-Amherst erlangte. Jetzt geht es um die Normen von Geschlechtergleichheit in weniger reichen Ländern. Der Ansatz berücksichtigt die öko- nometrischen Bedingungen ebenso wie die historischen und soziologischen. Die Effekte sind eindeutig. Der Zusammen- hang zwischen der Anzahl weiblicher Mitarbeitenden und der Internationalität lässt sich sogar noch differenzieren. „Wenn die Interaktion mit ungleichen Ländern ist, haben die globalen Firmen weder einen höheren noch kleineren Anteil Mitarbeite- rinnen“, sagt Schneebaum. „Wenn die Interaktion mit Ländern mit Gleichheit ist, dann ist der Frauenanteil in den globalen Firmen höher.“ Die Ökonomin: „Geschlechterungleichheit wird nicht importiert.“ Hingegen spielt die Eigentümerstruk- tur eine große Rolle: Firmen mit ausschließlich nationalen Eigentümern stellen 17 bis 18 % weniger Frauen ein als die mit internationalen Besitzern. „Das gilt“, so Alyssa Schneebaum, „wenn beide auf dem gleichen Markt aktiv sind.“ Beim Topmanagement bricht die Beschäftigungslogik ab. Dort werden Frauen nicht berücksichtigt, ganz gleich, ob die Unternehmen international agieren oder nicht. Im nächsten Schritt will Schneebaum die Länder nach regionalen Gruppen wie Nahost, Lateinamerika und Afrika aufteilen, ummehr über die institutionellen Rahmenbedingungen herauszufinden, die zur Beschäftigung oder eben zur Nichtbeschäftigung von Frauen und zu ihren Aufstiegschancen führen. Diese Fragen werden auch die Forscher und Forscherinnen in Deutschland weiter beschäftigen – auf einem anderen Beteiligungslevel, aber dennoch sicher noch ein paar Jahrzehnte. V. l. n. r.: Jens Massmann (EY), Prof. Dr. Heiko Weckmüller (Hochschule Koblenz), Alyssa Schneebaum, Ph. D. (Wirtschaftsuniversität Wien)
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