PERSONAL quarterly 2/2020

51 02/20 PERSONALquarterly Licht auf der dunklen Seite interner Stellenmärkte Kathryn Dlugos & J. R. Keller (Cornell University): Turned Down and Taking Off? Rejection and Turnover in Internal Talent Markets, Academy of Management Journal, in press. in einem 6-monatigen Zeitraum nur für eine einzige Stelle be- worben haben, da diese Bewerbungen im Fallunternehmen üb- licherweise rein karrieremotiviert sind. Durch Exit-Interviews/ Austrittsgespräche konnte zwischen freiwilliger und unfreiwil- liger Fluktuation differenziert werden. Mittels einer Vielzahl von Kontrollvariablen wurde sichergestellt, dass Unterschiede in der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Bewerbung keinen Ein- fluss auf die Ergebnisse haben. Die Fluktuationsrate unter den Mitarbeitern, die sich erfolglos in den letzten 6 Monaten auf eine vakante Stelle beworben hatten, war mit 14% mehr als dreimal so hoch wie die Fluktuationsrate in der gesamten Be- legschaft (4 %). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Absage auf eine interne Bewerbung hin zu freiwilliger Fluktuation führt, war jedoch signifikant geringer (um das 1.4-fache), wenn die Mitarbeiter zu einemVorstellungsgespräch eingeladen wurden sowie wenn die Stelle mit einem internen Kandidaten besetzt wurde (um das 1.2-fache). Zwar konnten Dlugos und Keller auf Basis ihrer Daten nicht direkt die Wahrnehmung abge- lehnter interner Bewerber untersuchen; allerdings konnten die Autoren durch weiterführende statistische Tests überzeugend darlegen, dass die hypothetisierten Mechanismen für die Stu- dienergebnisse verantwortlich sind. Auch wenn sich die Da- ten auf ein einzelnes Unternehmen beschränkten, sollten die Studienergebnisse zumindest auf Großunternehmen übertrag- bar sein, die ebenfalls eine flache Hierarchie haben, in denen Einstellungsentscheidungen zentral getroffen werden und in denen es Mitarbeitern ohne Einschränkungen offensteht, sich auf interne Ausschreibungen zu bewerben. Was können Unternehmen nun von den Studienergebnissen lernen? Es ist zwar praktisch unmöglich, immerzu sämtliche interne Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen oder gänzlich auf externe Kandidaten zu verzichten. Allerdings kann der Bewerbungsprozess strategisch gesteuert werden: Bei erfolglosen Bewerbungen von Mitarbeitern mit hohem Ent- wicklungspotenzial bzw. wertvollen/seltenen Qualifikationen sollte man gezielt auf diese Mitarbeiter zugehen, um ihnen (ggf. auch alternative) Karrieremöglichkeiten imUnternehmen aufzuzeigen. So kann Fluktuation als Reaktion auf abgelehnte interne Bewerbungen zumindest an den Stellen im Unterneh- men verhindert werden, wo diese besonders „schmerzt“. Besprochen von Benjamin P. Krebs , Lehrstuhl International Business, Universität Paderborn I nterne Stellenausschreibungen haben einen entschei- denden Vorteil: Im Vergleich zu externen Bewerbern liegen über interne Bewerber wesentlich genauere und umfangreichere Informationen über deren Wissen, Fertig- keiten und Fähigkeiten vor – Voraussetzung für ein effektives „Matching“ von Bewerbern zu den zu besetzenden Stellen. In- terne Stellenmärkte haben jedoch einen inhärenten Nachteil: Es werden weniger „Job Matches“ realisiert als Absagen und es ist aus früherer Forschung bekannt, dass abgelehnte inter- ne Bewerbungen die Fluktuationswahrscheinlichkeit erhöhen. Der Nutzen interner Stellenausschreibungen (effektiveres Job Matching) relativiert sich also wieder durch die Kosten, die sich aus der erhöhten Fluktuation ergeben. Auf interne Stellenaus- schreibungen gänzlich zu verzichten, ist aber sicherlich keine sinnvolle Lösung. Aus Sicht von Unternehmen stellt sich daher primär die Frage, unter welchen Bedingungen Fluktuation als Reaktion auf eine abgelehnte interne Bewerbung (mehr oder weniger) wahrscheinlich ist. Dlugos und Keller gehen davon aus, dass der Bewerbungs- prozess für interne Bewerber wichtige Informationen zu ih- ren zukünftigen Karrierechancen im Unternehmen bereithält und darüber vermittelt die Entscheidung, im Unternehmen zu verbleiben oder dieses zu verlassen, beeinflusst. Die Autoren argumentieren, dass Fluktuation als Reaktion auf eine abge- lehnte interne Bewerbung weniger wahrscheinlich ist, wenn a) der Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird und b) die Position mit einem anderen internen (statt externen) Kandidaten besetzt wird. Ersteres signalisiert, dass der interne Bewerber auch für andere, ähnliche Stellen grundsätzlich als geeignet eingeschätzt wird (d. h. hohe Erfolgswahrscheinlich- keit bei zukünftigen internen Bewerbungen). Letzteres hinge- gen gibt Aufschluss über die Präferenzen des Arbeitgebers für interne vs. externe Kandidaten bei diesem und ähnlichen Jobs und zeigt zudem an, mit wie viel Konkurrenz bei zukünftigen Bewerbungen zu rechnen ist (d. h. niedrigere Erfolgswahr- scheinlichkeit bei zusätzlicher externer Konkurrenz). Dlugos und Keller testeten ihre Theorie auf Basis von Längs- schnittdaten zu abgelehnten internen Bewerbungen sowie den Personalakten der betreffenden Mitarbeiter eines großen US-amerikanischen Gesundheitsdienstleisters. Die Autoren beschränkten die Stichprobe gezielt auf Mitarbeiter, die sich

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