PERSONAL quarterly 2/2020

PERSONALquarterly 02/20 46 STATE OF THE ART _GAMIFICATION U nter dem Titel „Gamification – spielend arbeiten“ propagieren die VDI Nachrichten den Einzug der Spielewelt in die Industrie (Kellerhoff, 2019). Durch die Nutzung der Potenziale seien enorme Steige- rungen der Arbeitszufriedenheit bei gleichzeitig deutlich effi- zienterer Produktion möglich. Das historische Problem, dass Arbeit immer auch Mühsal ist, scheint aufgelöst. Und der praktische Nachweis der betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit scheint auch schon erbracht. So ergab eine Be- fragung von HR-Managern durch das Beratungsunternehmen Aberdeen (2013, S. 14), dass Unternehmen, die Gamification nutzen, das Engagement der Beschäftigten um 48 % steigern konnten, verglichen mit der Kontrollgruppe ohne Gamification, die „nur“ auf eine Steigerung um 28 % kam. Nun handelt es sich hier um einfache Befragungen, die den bekannten Ver- zerrungen unterliegen. Darüber hinaus kann aus dem gleich- zeitigen Auftreten von Gamification und der Steigerung des Engagements nicht auf eine Kausalität geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns mit der wissen- schaftlichen Evidenz zur Effektivität von Gamification aus- einandersetzen. Wir gehen intensiv auf den gut untersuchten Bereich der Qualifizierung und Personalentwicklung ein, wo- bei wir uns vor allem auf die aktuelle Metaanalyse von Michael Sailer und Lisa Homner (2019) stützen. Anschließend gehen wir der Frage nach, ob Gamification das Engagement und die Produktivität bei repetitiven Aufgaben fördern kann, wobei wir uns hierbei aufgrund der Studienlage vor allem auf den qualitativen Review von Benedikt Morschheuser und Kollegen stützen (2017). Zu Beginn möchten wir das Verständnis von Gamification konkretisieren und auf die motivationspsycholo- gischen Grundlagen eingehen. Begriffsklärung Der Begriff Gamification – im Deutschen häufig mit „Spie- lifizierung“ übersetzt – geht auf Richard Bartle zurück und wurde von diesem bereits im Jahr 1978 verwendet. Es dau- erte allerdings bis zum Jahr 2010, bis er sich durchgesetzt und größere Beachtung in Forschung und Praxis erfahren hat. Die Grundidee von Gamification besteht darin, typische Elemente aus Unterhaltungsspielen in einen spielfremden Kontext zu übertragen (Deterding et al., 2011). Diese Grund­ idee ist nicht neu und findet im Alltag bereits vielfältige An- wendung, z. B. bei Treueprogrammen im Einzelhandel oder Bonusmeilen im Rahmen von Vielfliegerprogrammen. Sie wird jedoch zunehmend auch auf Kontexte übertragen, bei denen es um Aufgaben oder Inhalte geht, die als besonders Von Prof. Dr. Carmela Aprea (Universität Mannheim) und Prof. Dr. Heiko Weckmüller (Hochschule Koblenz) Gamification in der Qualifizierung und darüber hinaus: Alles nur Spiel? Kompetenzerleben Autonomieerleben Soziale Eingebundenheit Feedback durch Punkte, Badges, Leistungs- graphen oder (Team-)Bestenlisten sowie Kompetenzlevel Schaffung von Wahlmöglichkeiten z. B. bzgl. Spieldauer und Geschwindigkeit Teambuilding durch gemeinsame Ziele und das Gefühl, für die gleiche Sache zu kämpfen. Erleben sinnhaften Handelns durch Einbindung in eine Game-Story Angebot individualisierbarer Elemente (z. B. Wahl von Avataren) Soziale Anerkennung durch Punkte, Badges, Leistungsgraphen oder (Team-)Bestenlisten Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Günthner et.al ., 2015, S. 17-22; 51 Abb. 1: Spiel-Design-Elemente und Förderung menschlicher Grundbedürfnisse

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