PERSONAL quarterly 2/2020
30 PERSONALquarterly 02/20 SCHWERPUNKT _NEW WORK Workshop 1: Die Grundlagen – Atmosphäre und Arbeitsmodi Im ersten Workshop wurden die Erkenntnisse aus den Tagebuch- studien aufgegriffen und besprochen. Der Workshop hatte zu- dem das Ziel, die divergierenden Sichtweisen der Teilnehmenden auf ein gewünschtes Ergebnis zu forcieren. Um ein gemeinsames Verständnis über die gewünschte Atmosphäre zu generieren, wurde die Atmosphärenidentitätsmethode (Hofmann, 2014) genutzt. Diese Methode ähnelt projektiven Verfahren wie dem Zürcher Ressourcenmodell, die mithilfe von Stimmungsbildern versuchen, latente Bedürfnisse greifbar und damit bearbeitbar zu machen. Nachdem alle Nutzerinnen und Nutzer ihre individu- ellen Bilder präsentiert hatten, wurden diese zu übergreifenden Gruppen sortiert und dabei mit zentralen Begriffen beschrieben. Das Ergebnis dieses Workshops bestand darin, dass allgemein anerkannte Begriffe für die unterschiedlichen Arbeitsbereiche definiert wurden, auf die sich alle einigen konnten. Workshop 2: Konzeptentwicklung – Arbeitsmodi räumlich anordnen. Nachdem der erste Workshop dazu diente, einen gegenseitigen Austausch über die Nutzungsbedürfnisse zu generieren, hatte der zweite Workshop das Ziel zu erarbeiten, wie diese Vor- gaben in den Denkraum implementiert werden können. Es sollte also partizipativ an der Umsetzung gearbeitet werden. Hierfür wurde die Methode „Build your Dream“ genutzt. Sie hat das Ziel, die physische Gestaltung der Bereiche mit ihren jeweiligen Arbeitsmodi zu entwickeln und dabei mit den Ergeb- nissen aus dem ersten Workshop zu verknüpfen. Dafür wurde ein physisches Modell des Denkraums bereitgestellt, in dem gearbeitet werden konnte. Somit wurde eine konkrete und mo- tivierende Zielvorstellung geschaffen. Durch das Feedback der Teilnehmer entstand so auch die Idee, die einzelnen Arbeits- zonen durch unterschiedliche Farbzonen visuell voneinander abzugrenzen. Workshop 3: Feinschliff und Umsetzungsplanung. Der finale Workshop diente dem Ziel, konkret zu planen, wie sich das erarbeitete Konzept im Detail umsetzen lässt. Dies beinhaltet bspw., welche Möbel notwendig sind und wie diese angeordnet sein sollen. Hierfür wurde für jeden festgelegten Arbeitsbereich ein Plakat entworfen, auf dem zusammenge- fasst die Ergebnisse aus den beiden vorherigen Workshops notiert wurden. Im dritten Workshop wurde dieses Plakat fi- nalisiert, indem die notwendigen Materialien ergänzt wurden. Um zu gewährleisten, dass die Nutzerinnen und Nutzer weiter an der Umsetzung mitwirken, wurde das digitale Partizipati- onstool „Gestalte deinen Denkraum“ entwickelt. Hierbei han- delt es sich um ein Projektboard, auf dem alle Nutzer eine Idee zur Gestaltung des entsprechenden Bereichs posten können. Diese Ideenbeschreibung sollte den Umfang und das benötigte Budget beinhalten. Die Idee kann kommentiert werden. Es kann darüber abgestimmt werden, ob die Umsetzung sinnvoll ist. Die Gruppe kann sich als „Projektunterstützende“ einbrin- gen. Wenn mindestens die Hälfte der Teilnehmenden die Idee unterstützt, wechselt diese Idee von der „Vorschlagsphase“ in die „Umsetzungsphase“. Während der Umsetzung werden re- gelmäßig Aktualisierungen zum Stand der Umsetzung gepostet und ggf. nach Unterstützung zur Umsetzung gefragt. Wie kreative Arbeitsatmosphären in Organisationen imple- mentiert werden können Aus der Literatur, dem partizipativen Vorgehen und dem vor- gestellten Fallbeispiel lassen sich Empfehlungen ableiten, wie Organisationen und HR-Verantwortliche zu einem kreativen Arbeitsumfeld beitragen können. Als Erstes empfehlen wir ei- ne Orientierung an empirischen Forschungsergebnissen zur Raumgestaltung (evidenzbasierte Raumgestaltung). Aus un- serer Literaturübersicht haben wir drei Kategorien definiert: diverse Plätze zumArbeiten, flexible Räume, informeller Raum. Sie geben einen ersten Hinweis, welche Elemente ein kreativer Raum enthalten sollte. Allerdings würde es einem partizipa- tiven und nutzerzentrierten Ansatz zuwiderlaufen, wenn wir annehmen, dass die Raumdesigner die richtige Lösung für eine Organisation im „stillen Kämmerchen“ entwickeln, ohne die Nutzer in die konkrete Ausgestaltung einzubeziehen. Stattdes- sen empfehlen wir einen partizipativen Gestaltungsprozess, in dem über die Nutzertagebücher Wünsche und Bedürfnisse erhoben und über Workshops gemeinsam getragene Lösungen erarbeitet werden. Raumdesigner arbeiten dabei wie Ethno- grafen, die verstehen möchten, wie Menschen arbeiten wollen und wie eine kreative Organisationskultur entstehen kann. Solch ein Vorgehen berücksichtigt auch, dass Mitarbeiten- de aus unterschiedlichen Organisationsformen (öffentlich, privat, Start-up etc.) unterschiedliche Bedürfnisse bzgl. ihrer Arbeitsumgebung haben. Die hier beschriebenen Nutzungs- tagebücher können dabei helfen, solche Präferenzen bereits vor Beginn der Workshops zu erfassen, sodass sich die Raum designer darauf einstellen können. Doch aus unserer Sicht würde es nicht ausreichen, sich mit diesen Informationen zu begnügen. Damit es „ihr“ Raum wird, sollten die Mitarbeiten- den in zentrale Entscheidungsprozesse bzgl. der konkreten Umsetzung einbezogen werden. Durch diesen partizipativen Prozess steigt die Transparenz darüber, was sich Menschen wünschen und was finanziell realisierbar ist. Damit die Mitar- beitenden auch nach den Workshops in den Raumgestaltungs- prozess involviert sind, können Organisationen ihre Version eines digitalen Partizipationstools entwickeln. Als Ausblick für zukünftige Forschung und Praxis schlagen wir vor, verstärkt mit Augmented Reality zu arbeiten. Aug- mented Reality (zu deutsch „erweiterte Realität“) erstellt ein digitales Abbild des zu gestaltenden Raums und ermöglicht Simulationen, wie der Raum aussehen würde, wenn die vorge- schlagenen Änderungen implementiert würden. Somit wird es
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