PERSONAL quarterly 2/2020
29 02/20 PERSONALquarterly Fallbeispiel: Gestaltung des Denkraums Braunschweig Der Denkraum Braunschweig befindet sich in der 540m² gro ßen Industriehalle einer ehemaligen Druckerei in Innenstadt- lage. Da die Halle ungenutzt war und leer stand, bot sich die Gelegenheit, den Raum von Grund auf zu gestalten. Der Denk raum soll ein Kreativort für alle Menschen aus der Region Braunschweig sein. Diese können sich dort stunden- oder ta- geweise einbuchen. Die Zielgruppe, das heißt die „Nutzenden“, sind Mitarbeitende aus Organisationen (alleine oder in Teams), Studierende und sozial engagierte Menschen. Im Folgenden legen wir dar, wie das Raumkonzept nutzerzen triert entwickelt wurde. Im ersten Schritt sammelten wir Infor- mationen über den Arbeitsalltag der Nutzerinnen und Nutzer. Hierfür baten wir sie zu reflektieren, wann und in welchen Situa- tionen sie bereits kreativ und selbstbestimmt arbeiten. Anschlie- ßend entwickelten wir mit dem Denkraum-Team und Nutzern in drei aufeinander aufbauenden Workshops Ideen, wie Bedürf- nisse in der Raumgestaltung manifestiert werden könnten. Reflexion der aktuellen Arbeitsweise: Bevor wir mit der konkreten Raumgestaltung begannen, interessierten wir uns dafür, wie und wann die Nutzer bei ihrer Arbeit in einen „Flowzustand“ kommen bzw. welche hemmenden Faktoren dem im Weg stehen. Um das zu erfahren, hätten Interviews geführt werden können. Doch wenn wir Menschen zu einem bestimmten Termin für eine Stunde befragen, dann – so die Befürchtung – kann es zu Erinnerungsverzerrungen kommen („Wann habe ich was nochmal gemacht?“). Um dieses Problem zu umgehen, haben wir ein „Nutzertagebuch“ entwickelt, das über einen Zeitraum von zwei Wochen am Ende jedes Arbeits- tags ausgefüllt werden sollte. Informationen, die wir über das Tagebuch sammelten, bezogen sich bspw. auf die Arbeitsmodi („individuell“ vs. „im Team“), auf die Tageszeit, wann am effek- tivsten gearbeitet wird, oder auf Situationen, in denen sich die Nutzer (un-)wohl fühlen. Zusammengefasst hat das Tagebuch vier Ziele: 1. Menschen werden dafür sensibilisiert, dass sich physischer Raum und Arbeitsweise wechselseitig beeinflussen. 2. Wir erfahren so viel wie möglich über die Arbeitsumgebung der Nutzerinnen und Nutzer. 3. Nutzer sollen zum Mitgestalten eingeladen werden, indem sie am Planungsprozess partizipieren. Dies soll die Akzep- tanz für das Endergebnis fördern. 4. Neben dem Sachziel (ein funktionierender Raum) verfolgt der gemeinsame Gestaltungsprozess auch ein Beziehungs- ziel: Durch den Austausch unter den Nutzerinnen und Nut- zern und der Arbeit am gemeinsamen Ziel entsteht bzw. verstärkt sich das „Wir-Gefühl“. Eine Analyse der Tagebücher brachte u. a. folgende Ergebnisse: 3 Nutzerinnen und Nutzer sind zu unterschiedlichen Tages- zeiten in der Lage, konzentriert zu arbeiten. Zeit, die „un- produktiv“ vor dem Bildschirm verbracht wird, wird als „verschwendet“ wahrgenommen. 3 Spontane Zusammenarbeit ist i. d. R. nicht möglich. Es müs- sen Räume für Meetings gebucht werden und Termine in den Kalendern vorgemerkt sein. 3 Die aktuelle Arbeitsweise wird als „gegeben“ wahrgenom- men, denn „so arbeitet man ja“. Die Informationen aus den Tagebüchern bildeten die Grundla- ge für drei Workshops, in denen das Raumkonzept sukzessive finalisiert wurde. „Denkraum Denken“ Workshops: Die Workshops dauerten jeweils circa vier Stunden und fanden in einem Abstand von jeweils circa zwei Monaten statt. Im Durchschnitt nahmen acht Nutzer teil, moderiert wurden die Workshops von jeweils zwei Raumgestaltern. Eine Übersicht zu den Zielen, Inhalten und Ergebnissen der Workshops findet sich in Abbildung 2. Quelle: Eigene Darstellung Workshop 1: Die Grundlagen Workshop 2: Die Konzeptentwicklung Workshop 3: Der Feinschliff Fokus Welche Arbeitsmodi sind den Nutzenden in ihrer Arbeitsumgebung wichtig? Wie lassen sich die gewünschten Arbeitsmodi im Raum implementieren? Wie lassen sich die Lösungen konkret umsetzen und welche Materialien sind hierfür nötig? Vorgehen „Atmosphärenmethode“ „Build your Dream“ „Gestalte deinen Denkraum“ Ergebnisse Diverse Arbeitsweisen wurden definiert und beschreibbar gemacht. Dabei wurde ein besseres Verständnis für die Wünsche der anderen Nutze- rinnen und Nutzer generiert. Anhand eines physischen Modells des Denkraums wird deutlich, wie sich die gewünschten Arbeits- bereiche im Raum manifestieren. Für jede Raumzone sind die notwendigen Mate- rialien und Farbkonzepte definiert. Für weitere Ideen besteht eine digitale Plattform, die den partizipativen Umsetzungsprozess fördert. Abb. 2: Übersicht über die Raumgestaltungworkshops und deren Inhalte
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