PERSONAL quarterly 2/2020

28 PERSONALquarterly 02/20 SCHWERPUNKT _NEW WORK ABSTRACT Forschungsfrage: Wie können wir die Arbeitsumgebung so gestalten, dass sinnstiftende und inspirierende Arbeit gefördert wird? Methodik: Wir leiten aus der Literatur Raumcharakteristika ab, die Kreativität fördern und legen anhand der Selbstbestimmungstheorie dar, warum eine Raumgestaltung partizipa- tiv erfolgen sollte. In einer Fallstudie beschreiben wir die Gestaltung des „DenkRaums“ Braunschweig. Praktische Implikationen: Organisationen, die ein kreatives und motivierendes Ar- beitsumfeld schaffen möchten, sollten kreative Räume nicht am Reißbrett, sondern mit den Mitarbeitenden planen. Diverse Plätze zum Arbeiten: Menschen haben nicht nur unterschiedliche, interindividuelle Präferenzen bzgl. ihres idealen Arbeitsplatzes, diese Präferenzen wechseln auch intra- individuell, je nach Tagesform (und -zeit). Diverse Raumzonen tragen dem Rechnung. Zudem können verschiedene Arbeits- zonen ganz bestimmte Arbeitsmodi fördern (Wohlers/Hertel, 2017). Wenn z. B. ein Brainstorming ansteht, sollte dies nicht im Sitzen, in einem „normalen“ Konferenzraum stattfinden, sondern im Stehen, wobei die (Steh-)Tische „nur“ als Unterlage für die benötigten Materialien (Post-its, Stifte, Uhr) dienen. Bei der Ausgestaltung der Räume sollte darauf geachtet werden, dass sich eine klar erkennbare Differenzierung zwischen den Zonen und ein schwellenloser Übergang die Waage halten. Flexible und anpassbare Räume: Um Arbeitsräume opti- mal zu nutzen, bietet sich ein flexibles Raumkonzept an. Ein solches beinhaltet bewegliche, adaptierbare und tragbare Ele- mente, bspw. Stehtische auf Rollen. Je nach Raumgröße können auch architektonische Möbel eingesetzt werden, die zusätzlich eine raumbildende Funktion einnehmen. Sind auch diese be- weglich, können nutzungsoffene Flächen flexibel in Bereiche gegliedert werden und so Einfluss auf die Raumwahrnehmung nehmen. Um den Nutzenden einerseits das Gefühl zu geben, dass sie selbst Einfluss auf ihre Umgebung haben, sie ande- rerseits aber auch nicht überfordert werden, gilt es auch hier, ein angemessenes Maß zwischen gegebenen Strukturen und Möglichkeiten der Veränderung zu finden. Informeller Raum: Für kreatives Arbeiten und zur Lösung komplexer Fragestellungen ist es wichtig, auch einmal „das Ge- hirn auszuschalten“, um anschließend wieder konzentrierter an die Arbeit gehen zu können (Endrejat/Kauffeld, 2016). Die Raumgestaltung sollte fördern, dass Mitarbeitende zufällig zu- sammenkommen und durch Gespräche neue Ideen entwickeln, die nicht geplant waren. Möglichkeiten dazu geben informelle Räume wie bspw. eine Küche oder „Spielzonen“. Diese sollten möglichst leicht zugänglich und offen gestaltet werden, um einen ungezwungenen Ein- und Austritt zu ermöglichen. Eine entspannte Atmosphäre trägt auch dazu bei, Hemmschwellen und Hierarchien abzubauen. Auch wenn die Hinweise aus der Literatur vielversprechende Ansatzpunkte bieten, um sich dem Thema Raumgestaltung zu nähern, so ist doch wichtig, die Mitarbeitenden bei der kon- kreten Ausgestaltung und Umsetzung der Gestaltungsempfeh- lungen einzubinden und die Bedürfnisse derjenigen, die den Raum nutzen sollen, zu beachten. Daher sollten die Mitarbei- tenden bereits zu einem frühen Zeitpunkt in den Planungs- prozess involviert werden, um Räume nicht nur „für“, sondern auch „mit“ denjenigen, die sie später nutzen, zu gestalten. Partizipative Raumgestaltung Bezüglich einer Raumgestaltung, die Kreativität und NewWork fördern soll, herrscht Äquifinalität. Äquifinalität bedeutet hier, dass ein Ziel auf unterschiedliche Arten erreicht werden kann („viele Wege führen nach Rom“). Aus dieser Perspektive ist nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg dorthin relevant, da- mit die Mitarbeitenden den neu entwickelten Raum als „ihren Raum“ begreifen. Warum dies wichtig ist, lässt sich durch die Selbstbestimmungstheorie (SBT) erklären (Ryan/Deci, 2017). Die SBT nimmt an, dass es drei psychologische Grundbe- dürfnisse gibt, die erfüllt sein müssen, damit Mitarbeitende motiviert und engagiert arbeiten (Ryan/Deci, 2017). Diese Grundbedürfnisse sind Autonomie (das heißt, das Selbst als Ursprung und Antrieb des eigenen Handelns zu verstehen), Kompetenz (das heißt das Gefühl, in der Lage zu sein, mit externen Anforderungen effektiv umgehen zu können und Er- gebnisse zu beeinflussen) und soziale Eingebundenheit (das heißt, Verbundenheit mit anderen zu erfahren und ein Zuge- hörigkeitsgefühl zu empfinden). Partizipative Interventionen in Form von Workshops sind besonders geeignet, die Bedürfnisse nach Autonomie, Kom- petenz und sozialer Eingebundenheit zu berücksichtigen (Endrejat/Kauffeld, 2018). Während eines Workshops treffen sich Organisationsmitglieder zu einer Gruppendiskussion, um neue Verhaltens- und Arbeitsweisen zu definieren sowie Maß- nahmen zu planen, diese in den Arbeitsalltag zu integrieren. Dadurch fühlen sich die Mitarbeitenden als diejenigen, die Än- derungen anstoßen (Autonomie), sie sehen, dass Änderungen wirklich passieren (Kompetenz), und sind dabei im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (soziale Eingebundenheit). Das folgende Fallbeispiel zeigt, wie sich solch ein partizipatorischer Planungsprozess für die Raumgestaltung durchführen lässt.

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