PERSONAL quarterly 2/2020
22 PERSONALquarterly 02/20 SCHWERPUNKT _NEW WORK N ew Work – der Begriff ist derzeit in aller Munde, Namensgeber einer Vielzahl von Konferenz-Events und Publikationen und damit ein wichtiges Thema der Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik. Es sei da- ran erinnert, dass in den Ursprüngen der frühen 1980er-Jahre New Work ein sozialphilosophisches Konzept war. Frithjof Bergmann ging von einer Dreiteilung der Lohnarbeit aus: die (verkürzte) Erwerbsarbeit, die Arbeit für die Selbstversorgung und die Arbeit, die der Beschäftigte „wirklich, wirklich will“ (Bergmann, 2019). Die wirklich gewollte Arbeit stand in diesem Konzept vor allem für die zentralen Werte Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft. Der Beitrag von Schermuly (Seite 10-16) gibt dazu eine Einordnung. Sichtet man heute im Zeitalter der digitalen Transformation aktuelle Publikationen, Konferenzen und die Fachpresse, so lässt sich feststellen: New Work ist heute nicht mehr in der Abgrenzung von der eigentlichen (Erwerbs-)Arbeit ein Thema, sondern steht synonym für die Versuche, innerhalb dieser Erwerbsarbeit eine Reihe zukunftsorientierter Veränderungen zu implementieren, deren Realisierung eng mit den Herausforderungen und Mög- lichkeiten der digitalen Transformation zusammenhängen. Diese Veränderungen subsumieren sich unter Stichworten wie Vereinbarkeit, Flexibilisierung, Agilität, Wertebasierung und Sinnstiftung von Arbeit. Die digitale Transformation fungiert dabei als Ermöglicher (z. B. durch digitale Arbeitsprozesse), als Beschleuniger (z. B. durch das Einfordern agiler Arbeitsprin- zipien), aber auch als gesamtgesellschaftlicher Hintergrund der Diskussion um die Zukunft von Arbeit und deren Beitrag zu individueller Lebensgestaltung sowie als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Demografische Entwicklungen sowie die weiter zunehmende internationale Vernetzung bil- den zusätzliche Pfeiler dieser Veränderungen. Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, anhand der Übersicht über 16 Fallstudien die gelebte Praxis von New Work in Deutschland beispielhaft darzustellen und die aus meiner Sicht relevanten Schlussfol- gerungen in Bezug auf Trends und Gestaltungsbereiche darzu- legen. Da New Work das Potenzial hat, die Arbeitswirklichkeit der Mitarbeitenden zu verändern und zu einem erheblichen Teil auch auf deren Wünsche nach veränderten Rahmenbedin- gungen eingeht, ist es ein wesentliches Thema für Personaler. New Work – Praktische Relevanz des Konzepts in Deutschland Von Dr. Josephine Hofmann (Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft und Organisation IAO) Eine Bestandsaufnahme in deutschen Unternehmen Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass man nicht ins Silicon Valley pilgern muss, um New Work in der Praxis zu erleben. In einem vom Bundesministerium für Arbeit und So- ziales (BMAS) geförderten Projektvorhaben (vgl. Hofmann/ Piele/Piele/Springel, 2018) hat das Fraunhofer IAO von Mitte 2017 bis Mitte 2018 die unterschiedlichsten Ansätze von New Work in unserem Land aufgespürt und insbesondere anhand betrieblicher Fallstudien in vielen Branchen und Unterneh- mensgrößen aufbereitet. Die Übersicht über diese Fallstudien erfolgt im nächsten Abschnitt. Kriterien der Auswahl waren: Zugänglichkeit und Auskunftsbereitschaft der Ansprechpart- ner, das Vorliegen substanzieller Erfahrung, unterschiedlichste Unternehmensgrößen und Branchen, die abgedeckt werden sollten. Ziel war es zum einen, einen aktuellen Überblick über erfolgreiche Ansätze der Ausgestaltung von New Work zu geben und die erfolgskritischen Rahmenbedingungen zu er- fassen, die neben betrieblichen Aktionsbereichen auch Aktivi- täten der Sozialpartner und der Gesetzgebung umfassen. Zum anderen lag der Fokus dieser Bestandsaufnahme auf der Frage, in welchem Prozess, mit welcher Beteiligung der Mitarbeiten- den und Führungskräfte und mit welchen unternehmenskul- turellen Veränderungen deren Umsetzung stattgefunden hat. Die hier vorliegende Veröffentlichung beruht maßgeblich auf den Ergebnissen dieser Gesamtstudie (vgl. Hofmann/Piele/ Piele/Springel, 2018). Stoßrichtungen und Verständnis von New Work Dabei unterteilen wir die Ansätze für New Work in vier Felder, die nicht trennscharf sind, aber die unterschiedlichen Stoßrich- tungen und dahinterliegenden Motive für New-Work-Ansätze charakterisieren: 3 „Arbeite, wo und wann du willst“: Umsetzungsformen in Richtung örtlicher und zeitlicher Flexibilisierung von Arbeit 3 „Jenseits der Organigramme & Silos“: Umsetzungsformen in Richtung zunehmend agiler und projektbasierter Organisa- tionsformen 3 „Meine Arbeit stiftet mir und anderen Sinn“: Umsetzungs- formen in Richtung einer zunehmenden praktischen Rele- vanz der Wertebasierung von und Sinnstiftung durch Arbeit
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==