PERSONAL quarterly 2/2020
12 PERSONALquarterly 02/20 SCHWERPUNKT _NEW WORK mann und Spreitzer in einem Modell zusammengeführt und eine praktische New-Work-Theorie entworfen werden. Dazu werden drei Thesen aufgestellt und anhand empirischer Stu- dien belegt. These 1: New-Work-Maßnahmen wirken nicht direkt, sondern vermittelt über das psychologische Empowerment Wie oben erläutert, werden New-Work-Maßnahmen im Sinne von Spreitzer als strukturelle Empowerment-Maßnahmen ver- standen. Die Kognitionspsychologie oder auch das Job Cha- racteristics Model von Hackman und Oldham (1975) und seine Weiterentwicklung von Humphrey et al. (2007) zeigen, dass Menschen Arbeitsstrukturen individuell interpretieren. Bevor Strukturen Wirkungen entfalten können, müssen sie von den Menschenwahrgenommen und interpretiert werden. Durch die Wahrnehmung und Interpretation produzieren sie relevante psychologische Zustände, die sich dann auf Verhaltens- (z. B. Leistung), Einstellungs- (z. B. Arbeitszufriedenheit), Rollen- (z. B. Rollenkonflikte) und Gesundheitsvariablen (z. B. Burn- out) auswirken. New-Work-Maßnahmen besitzen demnach das Potenzial für erwünschte Wirkungen. Diese Wirkungen wer- den aber über eine Erhöhung des psychologischen Empower- ments erreicht (siehe Pfad 1 und 2). Seibert et al. (2011) können in ihrer Metaanalyse zeigen, dass demokratisch orientierte Antezedenzien das psychologische Empowerment-Erleben stimulieren können. Der höchste Zu- sammenhang besteht mit Arbeitsgestaltungscharakteristiken wie hoher Autonomie und Rückmeldungen durch die Tätig- keit. Weitere positive Zusammenhänge bestehen mit sozio- politischer Unterstützung durch das Unternehmen (z. B. ein positives Organisationsklima) sowie bestimmtenManagement- praktiken wie Dezentralisierung, Partizipation und transpa- renter Informationsteilung. Weiterhin existiert auch ein Zusammenhang mit positiven Führungsformen. Diese Quelle von psychologischem Empowerment konnte in der Forschung über drei Wege ausdifferenziert werden (vgl. für eine Übersicht Schermuly, 2019). Führungskräfte können erstens mit ihrem eigenen Empowerment-Erleben durch eine soziale Ansteckung ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stimulieren. Zweitens kann das psychologische Empowerment der Mitarbeiter mit Führungsstilen (z. B. empowermentorientierte oder transfor- mationale Führung) sowie drittens mit Arbeitsgestaltungs- maßnahmen (bspw. Zuweisung von bedeutsamen Aufgaben) gesteigert werden. Die Konsequenzen von psychologischem Empowerment (Pfad 2) wurden ebenfalls von Seibert et al. (2011) in ihrer Meta analyse zusammengefasst. Psychologisches Empowerment ist mittelstark mit Arbeitszufriedenheit, organisationaler Bin- dung, bürgerlichem Engagement in der Organisation, Leistung, Innovation, Fluktuationsabsichten und psychischer Gesund- heit assoziiert. Das heißt konkret: Menschen, die mehr psy- chologisches Empowerment erleben, sind arbeitszufriedener und stärker an ihr Unternehmen gebunden. Sie engagieren sich mehr für ihre Organisation, leisten mehr, sind innovativer Quelle: Eigene Darstellung Abb. 1: Theoretisches Prozessmodell zur Wirkung von New Work Persönlichkeitsfaktoren New-Work-Maßnahmen z.B. flache Hierarchien, gewählte oder geteilte Führung, offene Büro- strukturen, Scrum, Holokratie psychologisches Empowerment Kompetenz, Bedeutsamkeit, Selbstbestimmung, Einfluss Wirkungen (Leistungs-)Verhalten, positive Einstellungen, Rollenklarheit, Gesundheit Kontextfaktoren 3a 3b 1 2
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