PERSONALquarterly 3/2020

8 PERSONALquarterly 03/20 SCHWERPUNKT _ENGAGEMENT I n Zeiten der Digitalisierung, der Globalisierung und des demografischen Wandels stehen Unternehmen vor der Herausforderung, sich fortwährend neuen Entwick- lungen anpassen zu müssen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist stetiger organisationaler Wandel für Unternehmen daher unerlässlich. Die Bilanz ist jedoch ernüchternd: Etwa 70 Prozent aller Change-Initiativen scheitern (Hughes, 2011). Da- her ist es von großer Relevanz, Erfolgsfaktoren von Wandel in Unternehmen zu identifizieren. Die wissenschaftliche Manage- mentforschung zeigt, dass es häufig die Mitarbeitenden eines Unternehmens sind, die den Unterschied machen können (vgl. z. B. Oreg/Berson, 2011). Die Mitarbeitenden sind diejenigen, die Veränderungen in ihren Arbeitsroutinen und damit den organisationalen Wandel umsetzen oder scheitern lassen kön- nen. Werden geplante Change-Initiativen auf der Ebene der Mitarbeitenden nicht umgesetzt, so kann auch der Wandel auf Unternehmensebene nicht erfolgreich sein. Aus diesem Grund werden Mitarbeitermotivation und -verhalten als wesentliche Erfolgsfaktoren für organisationalen Wandel angesehen (Kim/ Hornung/Rousseau, 2011). Deshalb ist das Engagement der Mitarbeitenden in den letzten Jahren stärker in den Fokus empirischer Forschung gerückt. Erste Studien zeigen, dass Mitarbeiterengagement einen positiven Effekt auf das Verhalten der Mitarbeitenden in Bezug auf organisationalen Wandel hat. Faupel und Süß (2019) fanden in einer Stichprobe von 328 Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Unternehmen und Industrien einen signifikant positiven Effekt von Mitarbeiterengagement auf das Championing-Verhalten der Mitarbeitenden ( β = 0.20). Championing-Verhalten ist durch eine große Begeisterung für den stattfindenden organisationalen Wandel gekennzeichnet, wodurch Mitarbeitende sich stärker als formell von ihnen er- wartet für die Veränderung einsetzen. Die Studie von Baik, Song und Hong (2018) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. In einer Stichprobe von 473 koreanischen Mitarbeitenden aus der Automobilindustrie hatte Mitarbeiterengagement einen signi- fikant positiven Effekt auf adaptives ( β = 0.45) und proaktives ( β = 0.36) Change-Verhalten der Mitarbeitenden. Interessant ist außerdem, dass Mitarbeiterengagement die Einschätzung der Mitarbeitenden, wie ein stattfindender Wandel zu bewerten ist, Mitarbeiterengagement in Zeiten organisatio­ nalen Wandels – ein Schlüssel zum Erfolg? Von Sophia Zimmermann und Prof. Dr. Florian Kunze (Universität Konstanz) positiv beeinflusst. Schließlich zeigten Kaltiainen, Lipponen, Fugate und Vakola (2019) in einer Längsschnittstudie von 623 finnischen Angestellten aus dem Sozial- und Gesundheitsbe- reich, dass Mitarbeiterengagement Challenge Appraisals, das heißt die Einschätzung, dass Wandel eine positive Herausfor- derung ist, stärkt und Threat Appraisals, das heißt die Ein- schätzung, dass Wandel eine Bedrohung darstellt, mindert. Die vorliegenden Studien zeigen deutlich, dass Mitarbei- terengagement eine entscheidende Rolle für Wandelbereit- schaft und Umsetzung vonMitarbeitenden spielt. Eine wichtige praktische Frage ist deshalb, wie Mitarbeiterengagement ge- zielt gefördert werden kann. Hier setzt der vorliegende Artikel mit dem Ziel an, den aktuellen Forschungsstand zu den Trei- bern von Mitarbeiterengagement in Zeiten organisationalen Wandels darzustellen. Hierfür wird zunächst die empirische Studienlage zusammengefasst und daraus werden konkrete Implikationen für die Praxis abgeleitet. Treiber von Mitarbeiterengagement in Zeiten organisatio- nalen Wandels In der empirischen Managementforschung konnten bisher zwei wichtige Einflussfaktoren auf Engagement in organisa- tionalen Wandelprozessen identifiziert werden: sogenanntes „Job-Crafting-Verhalten“ und „Transformationales Führungs- verhalten“. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Studien zu diesen beiden möglichen Interventionsmöglichkeiten zur Steigerung des Engagements im organisationalen Wandel ge- nauer skizziert. Job Crafting Job Crafting (Wrzesniewski/Dutton, 2001) ist ein Ansatz aus dem Bereich der positiven organisationalen Psychologie und der Work-Design-Forschung. Es beschreibt einen Prozess, durch den Mitarbeitende proaktiv oder gedanklich Verände- rungen an ihrem Arbeitskontext vornehmen und ihn derart gestalten, dass er besser mit ihren persönlichen Fähigkeiten, Bedürfnissen und Präferenzen übereinstimmt. Mitarbeitende nehmen also durch Reflexions- und Regulationsanstrengungen eine Neubewertung ihrer aktuellen Arbeitssituation vor, die im besten Fall zu einer höheren Wahrnehmung der Sinnhaftigkeit

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