PERSONALquarterly 3/2020

52 SERVICE _FORSCHERPORTRÄT PERSONALquarterly 03/20 Emotionale Entscheidungen studieren Petra Moog untersucht Erfolgsfaktoren und Konflikte in KMU und Familienbetrieben. Doch auch Start-ups hat die Professorin der Universität Siegen im Forscherinnenblick. Ruth Lemmer, Freie Wirtschaftsjournalistin in Duisburg E motionalität ist ein Thema, das bei Petra Moog im Lau- fe der Jahre stark gewachsen ist. Das liegt an ihrem Lehrstuhl. Denn die 53-Jährige besetzt innerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Uni- versität Siegen das Fach Entrepreneurship and Family Busi- ness. „In vielen Interviews haben wir herausgefunden, dass unternehmerisch-rationales Wirtschaften in mittelständischen Familienfirmen die eine Seite ist“, berichtet Forscherin Moog. „Die andere, die emotionale Seite aber zeigt sich sehr schnell, wenn es zum Beispiel um die Unternehmensnachfolge geht.“ Die Gemengelage umfasst die eigenen Qualitätsstandards, den guten Namen der Familie, den es in der nicht anonymen Si- tuation der Unternehmer am Stammsitz zu festigen und zu erhalten gilt, die hohe Identifikation der Mitarbeitenden, die produktiv auf das Unternehmen wirkt, und den Nutzen, den die Familie aus diesem Mix über Generationen generiert. Wenn es dann konkret wird mit den Auswahlkriterien für die Nachfolge in der Chefetage, sickern die Emotionen ein in den Entscheidungsprozess. Das konnten Professorin Moog und ihr Forscherteam über zwölf Jahre in mehreren Studien belegen. Bei unterschiedlichen Familienzweigen kann Vetternwirt- schaft den eigenen nahen Verwandten kurzfristig Vorteile bringen, aber den anderen Familienstämmen oder dem Famili- enunternehmen mittel- und langfristig schaden. Oder die männ- liche Nachfolge wird ganz einfach deswegen bevorzugt, weil sie Tradition hat, ohne rational-ökonomischen Grund. Häufig gibt es bei der Unternehmensnachfolge gar kein formal festge- legtes Auswahlverfahren mit sachlichen Kriterien, wie sie völlig normal bei der Einstellung familienfremder Manager angelegt werden. Das kann fatale Folgen haben. Denn gelingt der Über- gang von einer Generation zur anderen nicht, können Familien- unternehmen stagnieren, aus dem Markt aussteigen, verkauft werden. Es kann das vollständige Aus bedeuten. In über 150 In- terviews mit rund 700 Mitgliedern aus Familien sowie in Case Studies und einer aktuellen qualitativen Value-Studie stieß die Siegener Forscherin immer wieder auf zwei Faktoren, die bei Erbsachen und familieninternen Nachfolgen geklärt werden müssen: Kommunikation der Werte und Transparenz. Petra Moog kombiniert längst ökonomische und psychologische Mo- delle, um den Ursachen hierfür auf den Grund zu gehen. Dabei startete die Hochschullehrerin ihre Karriere mit reinen Zahlenwerken. Geboren in Neumünster wuchs Petra Moog in Köln auf, wo sie bis 2001 blieb: als Gymnasiastin, als Auszubil- dende zur Bankkauffrau, Studentin der Volkswirtschaftslehre, Referentin für Volkswirtschaft bei der Stadtsparkasse und als Doktorandin. Doch was so kontinuierlich-gerade klingt, dreht bei näherem Hinsehen ein paar universitäre Schleifen. Direkt nach dem Diplom wechselte Moog für einige Zeit an die Mailän- der Partneruniversität der Kölner, die Università Commerciale Luigi Bocconi. Dort ergänzte sie das deutsche Diplom mit dem Master in International Management (CEMS/MIM). Zurück in ihrer rheinischen Heimat setzte die Volkswirtin wiederum auf Veränderung und ging als DFG-geförderte Doktorandin an den Lehrstuhl für Personalökonomie. Ein halbes Jahr forschte Moog mit einem NRW-Stipendium im Entrepreneurship Center des MIT – Massachusetts Institute of Technology. Es folgte ein Jahr im Bonner Institut für Mittelstandsforschung. 2004 promovierte die Jungwissenschaftlerin schließlich über „Humankapital des Gründers und Erfolg der Unternehmensgründung“. Da war ihre Doktor-Mutter Uschi Backes-Gellner bereits an die Universität Zürich gewechselt und Petra Moog folgte der Professorin als Post-Doc an den Lehrstuhl für empirische Methodik der Arbeits- beziehungen und der Personalökonomik, wo sie bis 2007 blieb. Gut gepflegte Datenbank erlaubt Ad-hoc-Projekt zu Covid-19 Dann nahm Professorin Moog den Ruf der Universität Siegen auf den frisch gegründeten wirtschaftswissenschaftlichen Stif- tungslehrstuhl Unternehmensnachfolge an. Die elf Finanziers trugen die Kosten bis 2012, dann übernahm die Universität Siegen und damit das Land NRW die Lehrstuhlfinanzierung. Bis heute liegt ein Schwerpunkt in Forschung und Lehre bei der Nachfolge in Familienunternehmen und weiteren Themen des Mittelstands, etwa dem unternehmerischen Verhalten oder potenziellen Erfolgsfaktoren. In einemAd-hoc-Projekt während der Corona-Krise befragen Lehrstuhlmitarbeiter Familienunternehmerinnen und -unter- nehmer sowie kleine und mittlere Firmen deutschlandweit in vertieften Interviews danach, wann sie die Covid-19-Krise bemerkt haben, wie ihr Umgang damit aussieht und welche

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