PERSONALquarterly 3/2020

47 03/20 PERSONALquarterly I n vielen Situationen in Organisationen herrschen erhöhte Informationsasymmetrien und Unsicherheiten zwischen Sendern und Empfängern von Nachrichten. Beispiele dieser Situationen sind Personalauswahlverfahren oder – wie in der folgenden Studie von Clarke et al. – bei Gesprächen zwischen Unternehmern (Entrepreneure) und Wagniskapital­ gebern. Industriestandard sind dabei fünf- bis zehnminütige „Pitchs“ der Entrepreneure mit verschiedenen Folien, die ei­ nen Überblick über den Geschäftsplan bieten und Informati­ onsasymmetrien reduzieren sollen. Dabei enthalten Pitchs oft standardisierte Elemente wie Marktgröße, Marktwachstum oder Produktaspekte. Wie (Stil) diese Punkte adressiert wer­ den, obliegt jedoch meist dem Einfluss der Entrepreneure. Kom­ munikationsstrategien wie Framing nutzen Entrepreneure, bspw. um neue Technologien vorzustellen und eine kognitive Verankerung bei den Investoren herzustellen. Die Autoren fo­ kussieren sich in der Studie dabei auf nichtverbale Signale und Körpersprache als beobachtbare Merkmale im Diskurs mit Wagniskapitalgebern. Dabei nutzen die Autoren eine induktive Theoriebildung von tatsächlichen 17 Pitchs und leiten Körper­ sprache (Haltung, Gesten, Gesichtsausdrücke) und figurative Sprache als Hauptelemente in Pitchs ab. Die Analyse der Pitchs enthüllt eine hohe Varianz an Präsentationsstilen, wodurch dem Gedanken entgegengetreten werden kann, wonach Pitchs einem generell standardisierten Muster mit wenig individueller Einflussnahme der Entrepreneure folgen. Figurative Sprache inkludiert Techniken wie Analogien und Metaphern sowie sym­ bolische Anekdoten der Entrepreneure. Figurative Sprache ist daher der prozentuale Anteil im Vergleich zu nichtfigurativer Sprache (z. B. technisches Vokabular oder Geschäftsidiome). Die Autoren hypothesieren, dass Entrepreneure mit einer ho­ hen figurativen Sprache mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Wagniskapital erhalten. Die Autoren hypothesieren zudem, dass Entrepreneure mit einem hohen Niveau an Gesten (Körper­ sprache) mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Wagniskapital erhalten werden. Schließlich hypothesieren die Autoren, dass es eine signifikante Interaktion zwischen Gesten und figura­ Ist Körpersprache ein sinnvolles Überzeugungs- instrument? Clarke, J. S., Cornelissen, J. P., & Healey, M. P. (2019): Actions Speak Louder than Words: How Figurative Language and Gesturing in Entrepreneurial Pitches Influences Investment Judgments. Academy of Management Journal, 62(2), 335–360. https://doi.org/10.5465/amj.2016.1008 tiver Sprache gibt. Die Autoren nutzen einen experimentellen Ansatz, um die Anzahl an Gesten und figurativen Elementen zu manipulieren (2 x 2 Ansatz). Die Autoren nutzen dafür eine Stichprobe mit 124 tatsächlichen Investoren und eine Stich­ probe mit 180 Business-School-Studenten aus Großbritannien. Die Präsentationsvideos wurden mit dem gleichen Inhalt mit professionellen Schauspielern in den entsprechenden vier Versionen gedreht. Die Autoren finden wenig Evidenz hin­ sichtlich figurativer Sprache allein, aber Evidenz hinsichtlich Körpersprache. Gesten scheinen die mentale Vorstellungskraft der Investoren zu aktivieren und damit die Wahrscheinlich­ keit der Investition. Fragen bleiben, ob die Ergebnisse auch in anderen Kontexten anwendbar sind oder ob Rollenwartungen des Schauspielers (es wurde nur ein männlicher Schauspieler genutzt) einen Einfluss auf die Erwartungshaltung des Publi­ kums hat. Besprochen von Johannes Brunzel , Lehrstuhl für Organisation und Führung, Technische Universität Braunschweig

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