PERSONALquarterly 3/2020
38 PERSONALquarterly 03/20 NEUE FORSCHUNG _PERFORMANCE MANAGEMENT Sabotage unter den zu Beurteilenden erhöhen (z. B. Berger et al., 2013), in der betrieblichen Praxis wurden diese adversen Effekte bislang allerdings noch nicht untersucht. An diesem Forschungsdefizit knüpft unsere Befragungsstudie zu den po- tenziell adversen Effekten von Forced-Distribution-Systemen auf die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter an. Die Befragungsstudie Unsere Befragung richtete sich an Mitarbeiter eines interna- tional tätigen Technologiekonzerns am Standort Deutschland, von dem aus der Presse bekannt war, dass er zum Zeitpunkt der Befragung (Herbst 2014) Forced-Distribution-Systeme ein- setzte. Wir haben die Internet-Plattform Xing genutzt, um Be- schäftigte des betreffenden Unternehmens zu identifizieren, und diese sodann eingeladen, an unserer Befragung teilzu- nehmen. Zum Zeitpunkt der Befragung waren 918 Beschäf- tigte des betreffenden Unternehmens bei Xing aktiv, was etwa 10 % der Beschäftigten des Unternehmens entsprach. Von den angeschriebenen 918 Xing-Nutzern nahmen 135 an der Befra- gung teil, das heißt, die Teilnahmequote lag bei knapp 15 % und damit im Bereich vergleichbarer Studien (vgl. Van Mol, 2017). Unter den Befragten waren 59 Frauen und 75 Männer. Ein Teilnehmer machte keine Angabe zum Geschlecht. Alter und Betriebszugehörigkeit der Befragten wurden mit kategorialen Variablen abgefragt: Die meisten Teilnehmer kreuzten für ihr Alter die Spanne „35-39 Jahre“ und für ihre Betriebszugehörig- keit die Spanne „3-5 Jahre“ an. 40 % nannten als höchsten be- ruflichen Abschluss ein abgeschlossenes Hochschulstudium, 38,5 % eine abgeschlossene Berufsausbildung. Um zu ermitteln, ob die Befragten einem Forced-Distribu- tion-System unterliegen oder nicht, haben wir sie gefragt, ob ihre Leistung nach einem Forced-Distribution-System beurteilt wird. Da wir nicht davon ausgehen konnten, dass der Begriff „Forced-Distribution-System“ allen Befragten geläufig ist (et- wa, weil der betrachtete Konzern diesen Begriff bewusst ver- meidet und intern stattdessen eine alternative Bezeichnung nutzt), wurden Forced-Distribution-Systeme im Kontext der Frage wie folgt beschrieben: Forced-Distribution-Systeme „zwingen” Vorgesetzte bei der Leistungsbeurteilung, eine vorgegebene Häufigkeitsverteilung bei der Beurteilung einzuhalten. Dem Vorgesetzten ist es da- mit nicht möglich, allen Mitarbeitern eine gute Beurteilung zu geben. Beispiel: Ein Vorgesetzter muss zehn Mitarbeiter beurteilen und hat die Vorgabe, drei Mitarbeitern eine gute, vier Mitarbeitern eine mittelmäßige und drei Mitarbeitern eine schlechte Beurteilung zu geben. 39 der befragten Mitarbeiter (29 %,) gaben an, dass ihre Leis tungsbewertung einem Forced-Distribution-System unterliegt. Das heißt, im betrachteten Konzern kommen zwar – wie aus der Presse bekannt – Forced-Distribution-Systeme zum Ein- satz, allerdings unterliegt offenbar (und wie erwartet) nicht jeder Beschäftigte des Unternehmens einem Forced-Distribu tion-System, sodass wir die Antworten von Befragten, die einem Forced-Distribution-System unterliegen, mit den Ant- worten von Befragten, die keinem Forced-Distribution-System unterliegen, miteinander vergleichen können. Um zu vermei- den, dass die Frage nach dem Vorliegen eines Forced-Distri- bution-Systems das weitere Antwortverhalten der Befragten beeinflusst, haben wir die Frage, ob der Befragte einem Forced- Distribution-System unterliegt, erst am Ende der Befragung gestellt. Bevor wir die Teilnehmer nach dem Vorliegen eines Forced- Distribution-Systems fragten, haben wir sie mit den folgenden Fragen konfrontiert: 1. Wie beurteilen Sie das Arbeitsklima in IhremUnternehmen? 2. Wie beurteilen Sie insgesamt die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen? 3. Wie beurteilen Sie die Hilfsbereitschaft Ihrer Kollegen? 4. Wie beurteilen Sie den Informationsaustausch zwischen Ih- ren Kollegen? 5. Wie gut werden neue Kollegen ins Team integriert? 6. Wie beurteilen Sie das Verhältnis zu Ihrem direkten Vorge- setzten? Erhoben wurden die Antworten jeweils mithilfe von 7er-Likert- Skalen, wobei der Wert „1“ für „sehr schlecht“ und der Wert „7“ für „sehr gut“ stand. Die Fragen knüpfen an den in der Literatur diskutierten möglichen negativen Effekten von Forced-Distri- bution-Systemen an: dass nämlich beim Einsatz von Forced- Distribution-Systemen das Arbeitsklima, die Zusammenarbeit, die Hilfsbereitschaft und der Informationsaustausch leiden, ABSTRACT Forschungsfrage: Wir untersuchen, welchen Einfluss sogenannte Forced-Distribution- Systeme auf die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter haben. Methodik: Feldstudie Praktische Implikationen: Unternehmen sollten beim Einsatz von Forced-Distribution- Systemen berücksichtigen, dass diese sich nachteilig auf die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter auswirken können.
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