PERSONALquarterly 3/2020

30 PERSONALquarterly 03/20 NEUE FORSCHUNG _EIGNUNGSDIAGNOSTIK D as Ziel psychologischer Assessments ist es, zu­ künftiges Verhalten aus den Ergebnissen einer personenbezogenen Diagnostik vorherzusagen. Grundannahme ist also, dass aus Eigenschaften, Fähigkeiten, Motiven und Erfahrungen einer Führungskraft abgeleitet werden kann, wie sie sich zukünftig in bestimm­ ten Managementsituationen verhalten wird. Zu jeder seriösen Diagnostik von Managern gehört deshalb, im Vorfeld das zu­ künftige Arbeitsumfeld eines Kandidaten möglichst genau zu beschreiben (Anforderungsanalyse). Allerdings gilt es im Managementkontext nicht nur die spezifische Umwelt einer konkreten Aufgabe oder eines Unternehmens (Mikrokultur) zu beachten, sondern auch das gesellschaftliche Umfeld (Makro­ kultur): die Werte, Überzeugungen, Erwartungen und Regeln, die unter „Kultur“ gefasst werden können. Kommen alle Be­ teiligten aus dem gleichen kulturellen Kontext, wird dieser Makrokultur üblicherweise nicht viel Beachtung geschenkt und vorausgesetzt, dass alle ein ähnliches Verständnis dessen haben, was bspw. „Führung“ heißt, was „Vertrieb“ ist oder was mit „Disziplin“ gemeint ist. Bei der Personalauswahl im inter­ nationalen Kontext treten allerdings Fragen bzw. Probleme auf, die bei der Auswahl von Managern aus dem eigenen Kultur­ kreis nicht kritisch sind. Das Konzept des dynamischen Interaktionismus (vgl. Abb. 1: z. B. Endler/Parker, 1992) beschreibt, wie sich Persönlichkeit, (Führungs-)Verhalten und Umgebung wechselseitig beeinflus­ sen. Dementsprechend sagt z. B. die Persönlichkeit das zukünf­ tige Verhalten voraus, beide Aspekte sind jedoch wiederum in gewissem Maße abhängig von der jeweiligen Situation bzw. der Umwelt, aus der die Person stammt und der Umwelt, in der sie agiert. Werden nun psychologische Assessments mit Managern aus anderen Kulturen durchgeführt, kommt die Bedeutung der spe­ zifischen Landeskultur stärker zumTragen. Dabei werden nicht nur das Führungsverhalten, sondern auch die Persönlichkeit und, damit verbunden, die psychometrischen Testergebnisse stark durch die Kultur eines Landes beeinflusst. Ein solcher Einfluss wird im Folgenden am Beispiel von Management-As­ sessments in einem großen malaiischen Unternehmen darge­ stellt und diskutiert. Hintergrund des Management-Audits Das Management-Audit mit mehr als 400 Managern an mehreren Standorten in Malaysia war Teil eines größeren Veränderungsprojekts mit dem Ziel, die Sicherheit und An­ lagenverfügbarkeit des malaiischen Konzerns zu steigern. Im Rahmen dieses Projekts wurden die Arbeitsprozesse überarbei­ tet (bzw. häufig zum ersten Mal überhaupt definiert), Anlagen erneuert und den Mitarbeitern mehr Entscheidungsbefugnis gegeben (Empowerment). Im Wissen, dass der Erfolg des Pro­ jekts maßgeblich von der Rolle und dem Verhalten der Füh­ rungskräfte abhängen würde, nahmen diese am Audit teil und wurden basierend auf den Ergebnissen im Nachgang durch in­ dividuelles Coaching dabei unterstützt, ihr Führungsverhalten zu verbessern. Teil des Audits waren psychometrische Tests, simulative und biografische Verfahren: 3 Kognitive Leistungstests (Scales-Test von Cut-e) 3 Persönlichkeitsfragebogen CPI (Megargee, 2009) mit Aus­ wertung nach Big-Five (Soto/John, 2009) 3 Impliziter Motivtest (Wangemann, 2013) Quelle: Endler/Parker, 1992 Abb. 1: Dynamischer Interaktionismus Verhalten z. B. Führungsverhalten, Entscheidungen Persönlichkeit z. B. Dominanz, Empathie, Gewissenhaftigkeit Umwelt z. B. Familie, Firmenkul- tur, Gesellschaft Interkulturelle Management-Audits Wie sich der Einfluss von Kultur und Geschichte eines Landes in Managerprofilen widerspiegelt – Beispiel Malaysia. Von Dr. Olaf Ringelband (Universität Hamburg)

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