PERSONALquarterly 3/2020
21 03/20 PERSONALquarterly bei dieser Beobachtung. Erstens nutzen die meisten Studien ein nichtexperimentelles und querschnittliches Design, in dem Ursache und Wirkung nicht getrennt werden können: Führen hohe Q 12 -Werte zu besseren Unternehmensergebnissen oder führen vielleicht auch gute Unternehmensergebnisse zu ho hen Q 12 -Werten (sprich: zufriedenen Mitarbeitern)? Zweitens, wenn die Q 12 letztlich nur Arbeitszufriedenheit (und kein En gagement) messen, dann könnte z. B. ein „Q1“ für die reine Arbeitszufriedenheit noch effizienter sein, da sich Arbeitszu friedenheit schon recht gut über eine einzige Frage erfassen lässt (Wanous/Reichers/Hudy, 1997), z. B.: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer beruflichen Tätigkeit?“, und die vollen zwölf Fragen bereits sehr viel Platz in einer Mitarbeiterumfrage einnehmen können. Wenn es das Ziel sein soll, klassisches Engagement zu messen, dann bieten sich andere Instrumente an, von denen wir ein sehr wichtiges im folgenden Abschnitt vorstellen. Utrecht Work Engagement Scale (UWES) In wissenschaftlichen Studien zu Engagement wird sehr oft eine Form der Utrecht Work Engagement Scale eingesetzt. Es liegen verschiedene Versionen vor, die sich in der Anzahl der Fragen unterscheiden. Während die Langversion mit 17 Fragen in einer regelmäßig stattfindenden Mitarbeiterbefra gung für Unternehmen zu lang erscheinen mag, liegen mit der 9-Fragen-Version und einer auf drei Fragen gekürzten Version Skalen vor, deren Einsatz auch im organisationalen Kontext leicht umsetzbar wären (siehe Schaufeli/Salanova/González- Romá/Bakker, 2002; Schaufeli/Shimazu/Hakanen/Salanova/ De Witte, 2019). Die UWES versteht Engagement als Konstrukt, das drei Dimensionen umfasst. Erstens enthält Engagement die Dimension „vigor“, was sich mit Energie oder Elan übersetzen lässt. Hohe Werte auf dieser Dimension reflektieren, dass Individuen selbst unter schwie rigen Bedingungen mit viel Energie und Ausdauer an Arbeits aufgaben herangehen. Die zweite Dimension ist „dedication“ und erfasst Enthusiasmus und Stolz bei der Arbeit. Als dritte Dimension wird „absorption“ gemessen, die hoch ausgeprägt ist, wenn ein Individuum häufig voll konzentriert in die Arbeit versunken ist. Die auf drei Fragen gekürzte Version der UWES versucht, jede der drei Unterdimensionen von Engagement mit je einer Frage zu erfassen: 1. „At my work, I feel bursting with energy.“ (vigor) 2. „I am enthusiastic about my job.“ (dedication) 3. „I am immersed in my work.“ (absorption) Die verschiedenen Fragen sind untereinander mittel bis hoch korreliert, sodass sich eine Zusammenfassung der Fragen zu einer Skala begründen lässt, gleichzeitig aber jede dieser Dimensionen einen eigenen Erklärungsbeitrag liefert. Die psychometrische Qualität der UWES wurde hinreichend untersucht und mit vielen Ergebnisgrößen in Verbindung gebracht. Insgesamt scheint diese Skala besser geeignet zu sein als bspw. Gallups Q 12 , um das tatsächliche Engagement zu erfassen. Allerdings lassen sich weitaus schwerer Hand lungsempfehlungen für HR ableiten, wenn das Engagement der Mitarbeiter nicht das gewünschte Level erreicht. Als Konse quenz könnte eine um die Utrecht-Skala aufgebaute Mitarbei terumfrage dann um weitere Fragen erweitert werden, die z. B. Stellschrauben für das Engagement messen. Eine Möglichkeit besteht entsprechend darin, Gallups Q 12 in Verbindung mit der Kurzskala von Utrecht zu verwenden, aber auch Fragen zu möglichen Einflussfaktoren auf das Engagement speziell für das eigene Unternehmen könnten formuliert werden. Im folgenden Abschnitt gehen wir auf typische Herausfor derungen bei der Engagementmessung in der Praxis ein und geben entsprechende Handlungsempfehlungen. Handlungsempfehlungen zur Messung von Engagement Der Vergleich zwischen Q 12 und UWES zeigt deren unter schiedliche Ansatzpunkte. Stark vereinfacht könnte Q 12 zur Messung der Vorbedingungen für Engagement im Unterneh men herangezogen werden, während UWES das tatsächliche Engagement der Mitarbeiter misst, welches aber nicht nur von Unternehmensfaktoren abhängt, sondern auch eine in dividuelle Komponente beinhaltet, die vom Unternehmen kaum beeinflusst werden kann. In der Unternehmenspraxis gibt es mindestens zwei häufige Gründe, weswegen eigene Fragen oder auch ganze Skalen formuliert und über Jahre in Mitarbeiterbefragungen verwendet werden. Erstens sind bei der Erstellung des Fragebogenkatalogs einer Mitarbeiterbefra ABSTRACT Forschungsfrage: Wie lässt sich Engagement optimal unter Berücksichtigung bereits bestehender Fragebögen im Unternehmen messen? Methodik: Literaturüberblick Praktische Implikationen: Unternehmen, die neu mit der Messung anfangen, können sich z. B. an den Skalen von Utrecht und Gallup orientieren, um sowohl das Konstrukt als auch Stellschrauben für dieses zu erheben. Unternehmen mit historisch gewachsenen Fragebögen können ihre bestehenden Skalen schrittweise durch besser geeignete Fragen ersetzen oderergänzen, um die Möglichkeit zum Benchmarking mit vorherigen Mess zeitpunkten zu erhalten.
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