PERSONALquarterly 3/2020
PERSONALquarterly 03/20 20 SCHWERPUNKT _ENGAGEMENT E ngagement hat über die letzten Jahre kontinuierlich in der Praxis an Stellenwert gewonnen und gilt als eine der zentralen Messgrößen für den Erfolg eines Unter nehmens als Arbeitgeber. Das zunehmende Interesse ist zumindest teilweise auf die zahlreichen Studien zurück zuführen, in welchen immer wieder der positive Zusammen hang zwischen Engagement, organisationalem Commitment, Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitsleistung herausgestellt wurde (Christian et al., 2011; Harter et al., 2003), alles Fak toren, die als wichtige Messgrößen im HR gelten. Hunderte von Unternehmen nutzen einen Engagementindex daher als einen ihrer Schlüsselindices zur Erfolgsmessung des Personal managements, an welche z. B. auch die Boni mancher Vorstän de geknüpft sind. Mit welchen Instrumenten lässt sich Engagement in der Praxis messen? In diesem Beitrag möchten wir näher auf die Messung von En gagement in der Praxis eingehen. Wir stellen die Frage, wie gut die gängigsten Instrumente dazu geeignet sind, Engagement zu messen und relevante Implikationen für die Praxis zu lie fern. Da sich neben verschiedenen wissenschaftlichen Skalen auch andere Arten der Engagementmessung etabliert haben, stellen wir im Anschluss auch Handlungsempfehlungen für den Umgang mit diesen auf. Im Folgenden legen wir in einem ersten Schritt den Fokus auf die Q 12 –Skala von Gallup, dem in der Praxis sicherlich meistverwendeten Instrument zur Mes sung von Engagement, und auf die Utrecht Work Engagement Scale (UWES), welche in der Wissenschaft sehr verbreitet ist. Eine gelungene Gegenüberstellung von Gallups Q 12 und der UWES findet sich bei Schaufeli und Bakker (2010), auf die wir uns im Folgenden stützen. Wir stellen beide Instrumente kurz vor, zusammen mit den jeweiligen Stärken und Schwächen. Abschließend geben wir Handlungsempfehlungen für die Per sonalpraxis. Messung von Engagement mit der Q 12 -Skala von Gallup Diese Skala wurde über viele Jahre hinweg entwickelt und ist in der Praxis sehr verbreitet. Auf der Gallup-Homepage heißt es dazu bspw.: „Gallup‘s Q 12 survey is the most effective meas Engagement messen in der Praxis – Gängige Instrumente und Handlungsempfehlungen Von Max Mühlenbock und Prof. Dr. Torsten Biemann (Universität Mannheim) ure of employee engagement and its impact on the outcomes that matter most to your business“ (Gallup, 2020). Das Q 12 im Namen bezieht sich auf die zwölf Fragen, aus denen sich die Skala zusammensetzt. Im Kontrast zu der im Anschluss vor gestellten Skala von Utrecht wird in dieser Skala nicht direkt nach dem Engagement des Mitarbeiters gefragt. Stattdessen werden verschiedene Treiber von Arbeitszufriedenheit und Motivation gemessen, z. B. die wahrgenommene Rollenklarheit oder der Grad an Unterstützung durch den Vorgesetzten. Das ist bemerkenswert, da Engagement eigentlich als Einstellung eines Mitarbeiters verstanden wird und nicht als die Summe möglicher begünstigender Faktoren für Engagement. Schaufeli und Bakker (2010) veranlasst dies zu einer in wissenschaft lichen Arbeiten höchst ungewöhnlichen Formulierung: „It is somewhat awkward that in Gallup’s definition job satisfaction is considered a hallmark of engagement […], whereas the Q 12 measures the antecedents of job satisfaction“ (S. 16). Gallups Q 12 misst also Vorbedingungen für eine hohe Ar beitszufriedenheit, aber nicht direkt Arbeitszufriedenheit oder Engagement. Ebenfalls problematisch ist die extrem hohe Kor relation zwischen Arbeitszufriedenheit und der Q 12 -Skala, die in der Studie von Harter et al. (2002) bei r = 0,77 bzw. bereinigt bei r = 0,91 liegt. Entsprechend stellt sich die Frage, zu wel chem Grad die Q 12 tatsächlich auch Engagement messen. Aufgrund der mangelnden Trennschärfe zu Arbeitszufrie denheit scheint Gallups Q 12 kein geeignetes Maß zur Erfassung von Engagement zu sein. Die Skala kann aber trotzdem einen praktischen Nutzen haben, da sie statt dem Konstrukt selbst verschiedene vom Unternehmen beeinflussbare Stellschrau ben misst, über welche schlussendlich Engagement und Pro duktivität beeinflusst werden könnten. Hier gibt es durchaus viele Beispiele, angefangen bei der viel beachteten Studie von Harter et al. (2002), in der fast 8.000 Geschäftsbereiche aus 36 Unternehmen untersucht wurden und sich ein positiver Zusammenhang zwischen Q 12 und relevanten Ergebnisgrößen wie z. B. Kundenzufriedenheit und Produktivität ergab. Die se Ergebnisse sind wichtig, denn für Unternehmen könnte es letztlich egal sein, wie sich das Gemessene wissenschaftlich verorten lässt, solange es eine Vorhersagekraft für wichtige Ergebnisgrößen aufweist. Zwei Kritikpunkte bleiben aber auch
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