PERSONALquarterly 3/2020

16 PERSONALquarterly 03/20 SCHWERPUNKT _ENGAGEMENT vollständig um und Zeitdruck verringert das Engagement (Baethge/Vahle-Hinz/Schulte-Braucks/van Dick, 2018). In ei- ner weiteren Studie zeigte sich, dass Zeitdruck nur dann das individuelle Arbeitsengagement fördert, solange der Arbeits- aufwand nicht durch zahlreiche Überstunden und Mehrarbeit kompensiert werden muss (Baethge/Deci/Dettmers/Rigotti, 2019). Zusammen mit den Erkenntnissen zu kurvilinearen Effekten zwischen Zeitdruck und Engagement (Schmitt et al., 2015; Reis et al., 2017) kann geschlussfolgert werden, dass ein mittleres Maß von Zeitdruck über einen bestimmten Zeitraum förderlich sein kann. Sollte Zeitdruck allerdings kontinuierlich bestehen, sodass Mitarbeiter das Gefühl bekommen, sich in einem Hamsterrad zu bewegen, wird das Engagement bedeut- sam absinken. Organisatorische Veränderungen in Form von Fusionen, Re- strukturierungen, einer Neugestaltung von Arbeitsaufgaben oder der Einführung von Technologien stellen eine weitere wichtige Randbedingung für die Effekte von Zeitdruck dar. In einer quasi-experimentellen Längsschnittuntersuchung konn- te gezeigt werden, dass Zeitdruck nur so lange einen positiven kausalen Effekt auf das Arbeitsengagement hat, solange die Betroffenen (noch) nicht mit der Veränderung konfrontiert sind. Sobald die Veränderung aber den eigenen Arbeitsplatz betrifft, verschwindet der positive kausale Effekt (Kern/Zapf, 2019). Der Grund dafür ist, dass organisatorische Verände- rungen sehr belastende und einschneidende Ereignisse dar- stellen und sämtliche Ressourcen eines Mitarbeiters binden, da Mitarbeiter dazu angehalten sind, sich möglichst schnell an die neue Arbeitsumgebung anzupassen oder sich mit neuen Aufgaben rasch vertraut zu machen. Diese Ressourcen stehen dann nicht mehr für die Bewältigung von zusätzlich aufkom- mendem Zeitdruck zur Verfügung. Wenn Mitarbeiter während einer Veränderung folglich Zeitdruck erleben, wirkt sich das ungünstig auf ihr Engagement aus, insbesondere wenn sie sich durch die Veränderung besonders bedroht und verunsichert fühlen. Im Kontext organisatorischer Veränderung sollten Mitarbeiter daher möglichst von dringlichen Arbeitsaufgaben entlastet werden. Zu guter Letzt ist auch das Thema Führung entscheidend dafür, inwieweit Zeitdruck mit erhöhtem Arbeitsengagement einhergeht. Breevaart und Bakker (2018) fanden heraus, dass Zeitdruck das Engagement fördert, wenn Mitarbeiter ihre Führungskraft als individuell unterstützend und motivierend, vorbildlich und charismatisch sowie begeisternd einschätzen (transformationale Führung). Im umgekehrten Fall war das Engagement unter hohem Zeitdruck signifikant geringer. Bewertung der Situation • Herausforderung • Bedrohung/Behinderung Legitimität • unzumutbare Aufgaben • unnötige Aufgaben Ressourcen • Handlungsspielraum • soziale Unterstützung Bewertung der Bewälti- gungsfähigkeiten • z. B. Selbstwirksamkeit Zeitdruck Arbeitsengagement Negative Gesundheitsfolgen Quelle: Eigene Darstellung Abb. 1: Ein Rahmenmodell für die Effekte von Zeitdruck Individuelle Bewertung Randbedingungen Qualität von Zeitdruck • Dauer und Ausmaß • Präsenz von Verände- rungen Führung • individuelle Förderung • Motivation • Vorbildfunktion • Vision

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