PERSONALquarterly 3/2020
10 PERSONALquarterly 03/20 SCHWERPUNKT _ENGAGEMENT einer Studie mit Längsschnittdesign gefunden werden. Petrou et al. (2018) untersuchten 368 niederländische Polizeibeam- te über drei Zeitpunkte hinweg und fanden heraus, dass die Veränderung im Streben nach Ressourcen vom zweiten zum dritten Messzeitpunkt in einer signifikant positiven Beziehung zur Veränderung im Mitarbeiterengagement vom zweiten zum dritten Messpunkt stand ( γ = 0.17). Der Forschungsstand zum Streben nach Herausforderungen und Reduzieren von Arbeitsanforderungen ist weniger ein- deutig. Diese zwei Job-Crafting-Aktivitäten haben in manchen Stichproben einen signifikanten Effekt auf Mitarbeiterengage- ment, in anderen nicht. Bezüglich des Strebens nach Heraus- forderung wäre ein positiver Effekt auf Mitarbeiterengagement zu erwarten, denn ein hohes Niveau an intrinsischer Motiva- tion und Freude an der Arbeit ist eher wahrscheinlich, wenn Mitarbeitende in herausfordernde Aktivitäten eingebunden sind. Ergebnisse empirischer Studien sind allerdings bisher gemischt. Baik et al. (2018) fanden einen signifikant positiven Effekt vom Streben nach Herausforderung auf Mitarbeiteren- gagement ( β = 0.46). Petrou et al. (2017) konnte diesen positiven Effekt in der griechischen Stichprobe bestätigen ( β = 0.18), in der niederländischen Stichprobe allerdings nicht. Auch Petrou et al. (2018) fanden keinen signifikanten Effekt vom Streben nach Ressourcen auf Mitarbeiterengagement. Bezüglich des Reduzierens von Arbeitsanforderungen ist sich die Forschung bisher noch nicht einig, ob ein positiver oder negativer Effekt auf Mitarbeiterengagement zu erwarten ist. Zum einen hilft das Reduzieren der Anforderung mit einer Überforderung um- zugehen, zum anderen kann es jedoch als Arbeitsvermeidung interpretiert werden, wodurch Arbeitsmotivation und Leistung negativ beeinflusst werden können. Auch die Empirie kann bisher noch keine eindeutige Aussage liefern. Während Pe- trou et al. (2018) von einem signifikant negativen Effekt vom Reduzieren der Anforderungen auf Mitarbeiterengagement ( β = -0.14) berichten, fanden Petrou et al. (2017) und Baik et al. (2018) keinen signifikanten Effekt. Transformationale Führung Eine weitere Möglichkeit, Mitarbeiterengagement in Zeiten von organisationalem Wandel zu beeinflussen, ist transformatio- nale Führung – ein am Mitarbeiter orientierter Führungsstil, der zum Ziel hat, die Werte, Bedürfnisse und Prioritäten der Mitarbeitenden in Einklang mit den übergeordneten Unterneh- menszielen zu bringen (Judge/Piccolo, 2004). Transformatio- nale Führungskräfte stärken die intrinsische Motivation ihrer Mitarbeitenden in Zeiten organisationalen Wandels, indem sie als Rollenvorbilder vorweggehen und den Veränderungen aufgeschlossen gegenüberstehen. Sie sind charismatisch und entwerfen eine positive Vision des Wandels, die die Mitar- beitenden inspiriert und Bereitschaft erzeugt, den Wandel mitzutragen. Darüber hinaus stellen transformationale Füh- rungskräfte Mitarbeitende vor intellektuelle Herausforde- rungen, indem sie bspw. ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen, innovative und kreative Wege zu gehen, um mit möglichen Problemen im Wandel umzugehen. Dabei unterstützen trans- formationale Führungskräfte ihre Mitarbeitenden individuell und befähigen sie, Veränderungen im Arbeitskontext für ihre Entwicklung positiv zu nutzen. In der Tat wird die positive Wirkung von transformationaler Führung in Zeiten organisationalen Wandels von der For- schung unterstützt. Die Ergebnisse von Faupel und Süß (2019) zeigen einen signifikant positiven Effekt von transformatio- naler Führung auf Mitarbeiterengagement ( β = 0.34), wäh- rend die Teilnehmenden der Studie organisationalen Wandel durchlebt haben. Abbildung 1 fasst die Ergebnisse zur Rolle von Mitarbeiterengagement in Zeiten organisationalen Wan- dels zusammen. Implikationen für die Praxis Wie die positive Wirkung vom Engagement der Mitarbeiten- den auf ihr Verhalten und ihre Einstellung in Bezug auf orga- nisationalen Wandel zeigt, gehört Mitarbeiterengagement zu den Erfolgsfaktoren von Wandel. Eine gezielte Förderung von Mitarbeiterengagement ist daher sinnvoll, um die Chancen für einen erfolgreichen Wandel zu erhöhen. Möchte man nun Mitarbeiterengagement in Unternehmen fördern, gilt es, die Job-Crafting-Aktivitäten der Mitarbeiten- den, insbesondere das Streben nach Ressourcen, anzuregen und Führungskräfte in transformationalem Führungsverhal- ten zu schulen. Job-Crafting-Verhalten fördern Job Crafting kann konkret durch die folgenden drei Handlungs- felder in der Praxis gefördert werden: 1. Arbeitsumfeld bewusst gestalten Das Streben nach Ressourcen entsteht, wenn Mitarbeiten- de sich in einem aktiven Arbeitsumfeld befinden. Aktiv be- deutet, dass Mitarbeitende sowohl Gründe (z. B. ein hohes Arbeitspensum) als auch Autonomie erleben, mit diesen Ar- beitsanforderungen umzugehen (Petrou/Demerouti/Peeters/ Schaufeli/Hetland, 2012). Denn wenn Mitarbeitende einen angemessenen Handlungsspielraum erleben, können hohe Ar- beitsanforderungen Mitarbeitende beflügeln, anstatt sie zu läh- men. Arbeitsanforderungen, z. B. durch neuenWandel, werden dann eher als Herausforderung denn als Hemmnis betrachtet. Um diese Herausforderungen zu meistern, sind Mitarbeitende motiviert, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich weiterzuent- wickeln, das heißt Ressourcen aufzubauen. Ist es nicht möglich, den Handlungsspielraum der Mitarbei- tenden gleichzeitig mit den Anforderungen bzw. dem Wandel zu erweitern, finden Job-Crafting-Aktivitäten trotzdem statt.
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