PERSONALquarterly 4/2020

48 ESSENTIALS _REZENSIONEN PERSONALquarterly 04/20 Soziale Unterstützung unter Kollegen – Gutes tun und davon profitieren Marijntjen E. L. Zeijen, Paraskeva Petrou, Arnold B. Bakker, Benjamin R. van Gelderen : Dyadic support exchange and work engagement: An episodic test and expansion of self-deter- mination theory. Journal of Occupational and Organizational Psychology. Advance online publication (April 2020) https://doi.org/10.1111/joop.12311. D ie soziale Unterstützung durch Kollegen ist eine enorm wichtige Ressource für Mitarbeiter, die dabei hilft, die Arbeit zu bewältigen und Ziele zu errei- chen, und überdies zum allgemeinen Wohlbefinden beiträgt. Soziale Unterstützung betrifft allerdings immer (min- destens) zwei Personen: Es gibt sowohl jemanden, der die sozi- ale Unterstützung erhält, als auch jemanden, der sie anbietet. Während die bisherige Forschung vor allem untersucht hat, welche (positiven) Auswirkungen sich für diejenige Person ergeben, die soziale Unterstützung durch Kollegen erhält, geht es in einer aktuellen Studie auch um diejenige Person, die ihren Kollegen soziale Unterstützung gibt. Die Autoren der Studie nahmen auf Grundlage der Selbstbestimmungstheorie an, dass das Geben sozialer Unterstützung dazu beiträgt, die psychologischen Grundbedürfnisse nach Kompetenz, sozialer Eingebundenheit und Autonomie derjenigen Person zu erfül- len, die das unterstützende Verhalten zeigt, und dass sich da- durch deren Arbeitsengagement erhöht. An der Studie nahmen insgesamt 194 Polizisten teil, die 97 Kollegenpaare bildeten. Diese wurden an einem Arbeits- tag zu zwei Zeitpunkten in der Mitte und zum Ende ihrer Schicht per App unter anderem zum Ausmaß ihres sozial un- terstützenden Verhaltens gegenüber dem Kollegen, der Erfül- lung ihrer psychologischen Grundbedürfnisse und zu ihrem Arbeitsengagement befragt. Für die Auswertung der Daten wurden die Antworten der Paare zusammengebracht. Die Aus- wertung ergab, dass das Geben sozialer Unterstützung positiv mit dem Arbeitsengagement zusammenhing und dass dieser Zusammenhang über die Erfüllung der Bedürfnisse nach Kom- petenz, sozialer Eingebundenheit und Autonomie vermittelt wurde. Zudem wurden Faktoren aufseiten des Empfängers der Unterstützung untersucht, die beeinflussen könnten, in welchem Ausmaß der Geber der Unterstützung von seinem Verhalten profitiert. So zeigte sich, dass der indirekte Zusam- menhang stärker war, wenn der Empfänger der Unterstützung zum betreffenden Zeitpunkt hohe emotionale Anforderungen erlebte. Dies wurde dadurch erklärt, dass soziale Unterstüt- zung in Situationen hoher emotionaler Anforderungen erstens besonders wirksam ist, und somit das Kompetenzerleben des Gebers verstärken sollte, und zweitens vom Empfänger ganz besonders geschätzt wird, wodurch sich das Erleben von Ver- bundenheit auf Seiten des Gebers erhöhen sollte. Darüber hi- naus zeigte sich auf der Ebene des Gebers ein besonders hoher indirekter Zusammenhang zwischen seinem unterstützenden Verhalten gegenüber dem Kollegen und seinem Arbeitsen- gagement vermittelt über die Erfüllung seiner Bedürfnisse, wenn der Empfänger der Unterstützung im Allgemeinen ein geringes Ausmaß an Leistungszielorientierung aufwies. Die- ser Effekt wurde damit begründet, dass Personen mit einer hohen Leistungszielorientierung weniger offen und dankbar für die soziale Unterstützung von Kollegen sind, weil für sie im Fokus steht, ihre Leistung unter Beweis zu stellen. Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass Polizisten eine sehr spezifische Berufsgruppe sind und die Generalisier- barkeit der Ergebnisse auf andere Berufe – insbesondere im Hinblick auf die Rolle emotionaler Anforderungen und der allgemeinen Zielorientierungen des Empfängers – nur ein- geschränkt möglich ist. Zudem fand die Perspektive des Empfängers der Unterstützung in der Untersuchung keine Be- rücksichtigung. Hier wäre es unter anderem interessant gewe- sen, das Erleben bzw. Verhalten des Empfängers als Reaktion auf das unterstützende Verhalten des Gebers (z. B. Ausdruck von Dankbarkeit) zu erfassen. Nichtsdestotrotz leistet die Stu- die einen wertvollen Beitrag zur Forschung, indem hervor- gehoben wird, dass soziale Unterstützung notwendigerweise auch Auswirkungen auf diejenige Person hat, die sie anbietet. Im Hinblick auf die Praxis zeigen die Ergebnisse, dass es sich für Unternehmen in mehrfacher Hinsicht lohnt, die soziale Unterstützung unter Kollegen zu fördern. Von Maßnahmen zur Erhöhung sozialer Unterstützung (z. B. Trainings) können nicht nur diejenigen profitieren, die mehr soziale Unterstüt- zung erhalten, sondern auch diejenigen, die unterstützendes Verhalten gegenüber ihren Kollegen zeigen. Besprochen von Maie Stein , Lehrstuhl für Arbeits- und Organi- sationspsychologie, Universität Hamburg

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