PERSONALquarterly 4/2020

32 PERSONALquarterly 04/20 SCHWERPUNKT _CORPORATE ENTREPRENEURSHIP tion zur Aufgabe haben, sind diese beiden Aufgabenbereiche bei CE-Programmen auf zwei Rollen aufgeteilt: Der Corporate Business Angel ist für das Management zur Kernorganisation hin verantwortlich, während sich der Innovation Opportunist vorrangig um die Entwicklung der Innovationsidee kümmert. Aus den in dieser Studie identifizierten Rollenprofilen lässt sich für die Praxis eine Übersicht an relevanten Fähigkeiten ableiten. Die Auswahl in Abbildung 3 stellt eine Kombination aus den in der Literatur beschriebenen Fähigkeiten und von den Autoren der Studie als relevant erachteten Fähigkeiten dar. In der Abbildung sind diese ausgewählten Fähigkeiten den vier identifizierten Rollen zugeordnet. Die unterschiedlichen Anforderungen gilt es bei der Beset- zung der jeweiligen Rollen zu beachten, insbesondere beimCor- porate Entrepreneur und Corporate Business Angel, da diese in den meisten Fällen speziell rekrutiert werden. Beim Corporate Business Angel zählen u. a. ein gutes Stakeholder Management, politisches Geschick und Netzwerken zu den förderlichen Fä- higkeiten. Diese werden benötigt, um das CE-Programm und damit einhergehende andere Denk- und Handlungsweisen (bspw. andere Methoden, neue Bewertungskriterien usw.) in der Kernorganisation zu verankern. Für die Umsetzung und spätere Integration von diskontinuierlichen Innovationen ist es notwendig, die Mitarbeiter*innen und das Management des Unternehmens auf dieser Lernreise zu unterstützen und bestehende Denkmuster und Regelwerke aufzubrechen. Dies ist gleichzeitig mit verschiedenen Rückschlägen verbunden, weshalb Resilienz und Umgang mit Fehlschlägen für den Cor- porate Business Angel relevant sind. Die Rolle zeichnet sich in dieser Studie durch eine weitere Besonderheit aus. Mit 33 % weiblicher Besetzung weist diese Rolle einen deutlich höheren Frauenanteil auf als die restlichen drei Rollen. Somit scheint aus HR-Sicht diese Rolle eine spannende Karriereoption für weibliche Nachwuchstalente darzustellen. Als Corporate Entrepreneur verantwortet die Person den Aufbau und die Leitung des eingebetteten Unternehmerteams, das mit der Umsetzung der Innovationsidee beauftragt ist. Zur erfolgreichen Erfüllung dieser Aufgabe bedarf es auf der einen Seite eines guten Stakeholder Managements und politischen Geschicks für die Integration (Nutzung verschiedener Ressour- cen) und gleichzeitige Abgrenzung (Schaffung von ausreichend Freiraum) von der Kernorganisation. Auf der anderen Seite sind Führungsqualitäten und die Fähigkeit, Menschen für eine bestimmte Sache zu begeistern, erforderlich, um die Idee mög- lichst effektiv umzusetzen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein großer Teil der Corporate Entrepreneure einen Be- ratungs- und/oder Managementhintergrund mitbringen. Mit einem Beratungshintergrund gehen analytische Fähigkeiten einher, die es der Person erlauben, verschiedene Informationen systematisch und schnell auszuwerten und als Grundlage für eine schnelle und fundierte Entscheidungsfindung (und ggfs. zur Rechtfertigung gegenüber dem Management) zu verwen- den. Personen mit Managementerfahrung wissen bereits, wie sie Mitarbeiter*innen führen und politisch angepasst in einem Unternehmen agieren müssen. Entsprechend ist es nicht ver- wunderlich, dass die Besetzung der Rolle des Corporate Entre- preneurs oftmals mit einem umfangreichen Auswahlprozess einhergeht und eher hochkarätige Profile gesucht werden. Personen in der Rolle des Innovation Opportunists wer- den, bis auf wenige Ausnahmen, nicht speziell für ihre Rolle rekrutiert. Sie sind von sich aus gewillt, an den jeweiligen Programmen teilzunehmen, da sie durch die Art der Tätig- keiten innerhalb der Programme motiviert werden. Dabei ist zu beobachten, dass es sich bei Innovation Opportunists meist um Mitarbeiter*innen handelt, die von ihrer jeweiligen Füh- rungskraft nur sehr ungern freigestellt werden. Da sie meist zu den Leistungsträgern ihrer Teams gehören, kann dies nicht nur die Verlangsamung laufender Projekte zur Folge haben, sondern sich auch negativ auf die Jahresziele der Teams und Bonuszahlungen auswirken. Für eine breite Akzeptanz von CE-Programmen scheint es daher notwendig, die bisherige In- centivierung in der Kernorganisation flexibler zu gestalten. Aus HR-Sicht gilt es weiter zu beachten, dass sowohl beim Innovation Opportunist als auch beim Intrapreneur, sofern diese erfolgreich sind, ein Rollenwechsel stattfindet. Dabei sollte nicht als selbstverständlich angenommen werden, dass die Ideengeber auch die Rolle des Corporate Entrepreneurs übernehmen. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben gilt es sorgfältig zu prüfen, ob die Person, die für die Validierung der Innovationsidee geeignet ist, auch die Fähigkeiten und Eigenschaften für die Rolle des Corporate Entrepreneurs mit- bringt. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte geprüft werden, ob diese Fähigkeiten entweder durch geeignete Weiterbildung und Support vermittelt werden können oder eine andere Person für die Leitung des eingebetteten Unternehmerteams gesucht werden muss. Entsprechend ist es wichtig, diese ver- schiedenen potenziellen Ausgänge von Beginn an transparent zu machen und die Erwartungen der Programmteilnehmer frühzeitig zu managen. Ein weiterer relevanter Aspekt ist der Umgang mit Mit­ arbeiter*innen, deren Idee nicht fortgeführt wird. In einem Großteil der Unternehmen wird dieses „Scheitern“ noch nicht als Teil des Innovationsprozesses verstanden. Um langfristig Personen zur Teilnahme an solchen Aktivitäten zu motivieren, ist es wichtig, das Verständnis in der Kernorganisation zu we- cken, dass die Nichtfortführung von Ideen ein gleichrelevanter Teil des Innovationsprozesses ist und Mitarbeiter*innen aus diesen Projekten nicht gebrandmarkt werden. Gleichzeitig können CE-Programme auch dazu genutzt werden, unterneh- merische Talente innerhalb der Organisation zu identifizieren und diese entweder durch gezielte Weiterbildungen zu ent- wickeln und/oder als eine Art Pool zu nutzen, um „Sonder-

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==