PERSONALquarterly 4/2020

29 04/20 PERSONALquarterly 3 Welche neuen Rollen können im Kontext von CE identifiziert werden? 3 Wie unterscheiden sich diese neuen Rollen von den beiden vielfach untersuchten Rollen des Corporate Entrepreneurs und des Intrapreneurs? 3 Durch welche Merkmale zeichnen sich die Individuen in den jeweiligen Rollen aus und lassen diese Merkmale Rückschlüs- se auf die Anforderungen zu, die an sie gestellt werden? Beschreibung des Forschungsdesigns Für die Beantwortung der Fragen wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren (Juni 2015 bis Juni 2020) insgesamt 56 Interviews mit Mitarbeiter*innen und Leiter*innen von verschiedenen CE-Formen geführt. Dabei wurden drei Gruppen von CE-Formen untersucht, welche diese neu entstandene Vielfalt widerspiegeln: (I) eingebettete Unternehmerteams, die unabhängig von Pro- grammen entweder Top-down oder Bottom-up initiiert wurden; (II) Top-down initiierte Programme, die darauf ausgerichtet sind, Mitarbeiter*innen mit relevanten Innovationsideen zu identifizieren und zu unterstützen; und (III) Bottom-up ent- standene eingebettete Unternehmerteams, die aus solchen Pro- grammen heraus entstanden sind. Die Interviews wurden zum einen mit Leiter*innen von eingebetteten Unternehmerteams sowie Leiter*innen von CE-Programmen und zum anderen mit Mitarbeiter*innen geführt, die an der Umsetzung der Idee ge- arbeitet haben. Unter den 56 interviewten Personen befinden sich 12 Frauen und 44 Männer. Für die Datenerhebung wurde ein exploratives Forschungs- design gewählt, da die Auswirkung des Entstehens neuer CE- Formen, bspw. Intrapreneurship-Programme oder interne Inkubatoren, auf die bestehenden und möglicherweise neu ent- standenen Rollen kaum Beachtung erfahren hat. Neben den durchgeführten Interviews wurden Veröffentlichungen (Blog- Artikel, Homepages) und Social-Media-Profile (Linkedin, Xing) der interviewten Personen mitanalysiert. Alle Interviews wurden aufgenommen (4.299 Min.) und transkribiert. Die Inhalte der In- terviews lassen sich in folgende drei Themenblöcke einteilen: 3 Persönlicher Hintergrund: Ausbildung, Karriereweg, Motiva- tion, relevante Fähigkeiten, demografische Daten 3 Arbeits- und Herangehensweisen: Zusammenarbeit im Team und mit anderen Unternehmensbereichen, Umgang mit Span- nungen und Konflikten, methodisches Vorgehen, Führung 3 Projekthistorie: Entstehungsgeschichte und Hintergrund­ informationen, Projektverlauf und Meilensteine, Einschät- zung von erfolgskritischen Faktoren und dem Projekterfolg. Ergebnisse der Studie: Vielfältige unternehmerische Aktivitäten führen zu neuen Rollen Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass neue Formen von CE auch neue Rollen hervorbringen, die bisher in der Pra- xis und Forschung nur wenig Beachtung gefunden haben. Die Intensivierung von unternehmerischen Aktivitäten führt dazu, dass sich mehr Mitarbeiter*innen mit innovativen Themen auseinandersetzen. Durch die Professionalisierung und For- malisierung in Form von CE-Programmen müssen die teilneh- menden Personen nicht zwangsläufig ein unternehmerisches Profil mitbringen, um sich innerhalb etablierter Unternehmen mit der Entwicklung diskontinuierlicher Innovationsideen be- schäftigen zu können. Nachfolgend werden die vier identifizierten Rollen beschrie- ben und die damit verbundenen Tätigkeiten und Aufgaben aufgezeigt. Den Rollen werden Merkmale zugewiesen, die es ermöglichen, sie voneinander abzugrenzen. Bei den beiden Rollen des Intrapreneurs und des Corporate Entrepreneurs ist festzuhalten, dass sich diese nicht grundlegend von den Erkenntnissen bisheriger Forschung unterscheiden. Im Zuge dieser Studie ist jedoch ein genaueres Verständnis über deren Rolle und die Abgrenzung zu den neuen Rollen entstanden. Intrapreneur: Die Rolle Intrapreneur beschreibt eine Person, welche sich selbstbestimmt und zusätzlich zu ihrem normalen „Job“ der Umsetzung einer Innovationsidee verschrieben hat. Als Ideengeber ist die Person von der Relevanz der Idee für das Un- ternehmen überzeugt und verfolgt deren Umsetzung ohne einen formellen Auftrag des Managements. Das Ziel eines Intrapre- neurs ist es, das Unternehmen durch sein Handeln von der Rele- vanz der Idee zu überzeugen und diese erfolgreich umzusetzen. Aufgrund des fehlenden Auftrags ist der Intrapreneur oft damit beschäftigt, notwendige Freiräume und Zugang zu Res- sourcen zu schaffen und parallel dazu die Idee an sich weiter- zuentwickeln. Dafür betreibt ein Intrapreneur viel Aufwand und sucht immer wieder den persönlichen Kontakt zu anderen Mitarbeiter*innen und Stakeholdern, um diese von der Idee zu überzeugen und sich so ein Netzwerk an Unterstützern aufzu- bauen. Zudem ist es dem Intrapreneur möglich, unterschied- liche Quellen zu identifizieren, aus denen er Freiräume und Ressourcen schöpfen kann. Dabei nutzen Intrapreneure etwa bestehende Ressourcen, Tätigkeiten und Events so, dass sie für ihre Idee den größten Mehrwert generieren können. Ein Intrapreneur brennt typischerweise sehr stark für die jeweilige Idee und ist motiviert, diese trotz der damit verbun- denen zusätzlichen Aufwände zu verwirklichen. In einigen Fäl- len war zu beobachten, dass die Idee, bspw. wegen fehlendem strategischem Bezug oder zu geringem Marktpotenzial, von Seiten des Managements als nicht umsetzungswürdig betrach- tet wurde. Bei manchen Intrapreneuren ist die Überzeugung jedoch so groß, dass sie sich entschieden haben, das Unter- nehmen zu verlassen und die Idee eigenständig umzusetzen. Gleichzeitig wurde immer wieder betont, dass die Personen eine Umsetzung mit dem Unternehmen bevorzugt hätten. Corporate Entrepreneur: Diese Rolle beschreibt angestellte Un- ternehmer, die den formellen Auftrag haben, durch die Umset- zung einer Innovationsidee ein neues Geschäft aufzubauen.

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