PERSONALquarterly 4/2020

19 04/20 PERSONALquarterly Er verwies auf die Kernkompetenz des Unternehmens in der Großserienfertigung und auf die Dividendenerwartungen der Anteilseigner. In einem persönlichen Gespräch mir gegenüber nannte er zudem explizit seine kurze Vertragslaufzeit, die eine Langfristorientierung sowie eine erhöhte Innovationsbereit- schaft für ihn dann persönlich uninteressant mache, wenn sie zulasten der kurzfristigen Profitabilität des Unternehmens ginge. In anderen Unternehmen berichteten die Experten von sog. „Blaming-Kulturen“, in denen es bei fehlgeschlagenen Innovationsvorhaben primär um das Finden von Schuldigen gehe, nicht um organisationales Lernen oder um die Anerken- nung von Unternehmergeist bei den Mitarbeitern. Instrument 4: Setzen finanzieller Anreize Das klassische Instrument zur Förderung von Intrapreneur- ship und gleichzeitig auch die engste Definition von Mitunter- nehmertum ist die Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital des betreffenden Unternehmens. Die erhoffte Anreizwirkung besteht darin, dass eine gesellschaftsrechtliche Mitunterneh- merschaft auch ein stärker unternehmerisches Verhalten am Arbeitsplatz bewirkt. (Armbruster/Kieser, 2003). Kapitalbetei- ligungen machen aus reinen Lohn- bzw. Gehaltsempfängern Miteigentümer. Sie sind sowohl für das Mutterunternehmen als auch für Tochterunternehmen möglich. Im Fall von Aus- gründungen neu entwickelter Geschäftsideen können die Ideengeber bzw. Intrapreneure Anteilseigner der neu gegrün- deten Tochtergesellschaften werden. In allen von uns befragten börsennotierten Unternehmen gibt es solche Mitarbeiterbe- teiligungsprogramme, allerdings nur als Beteiligung an der Muttergesellschaft und pro Person in begrenztem Umfang. In Kapitalgesellschaften können den Mitarbeitern auch Akti- enoptionen angeboten werden. Sie gewähren den Begünstigten das Recht, Aktien des Unternehmens zu einem festgelegten Preis zu kaufen. Aktienoptionen setzen noch stärkere Anreize zuwertsteigerndemVerhalten als direkte Kapitalbeteiligungen, bieten sich jedoch nur bei Personen an, die auch wirklich Ein- fluss auf den Aktienkurs ihres Unternehmens haben. Zudem erzeugen sie ein anderes Risikoprofil für die Begünstigten, weil der Minimalwert einer Option immer null ist, es, also anders als bei Aktien, keine Wertverluste geben kann. In den von uns befragten Unternehmen werden Aktienoptionen nur in bör- sennotierten Unternehmen und auch dort nur für Mitglieder des Vorstands sowie der ersten Managementebene eingesetzt. Wenn Beteiligungen der Mitarbeiter am Eigenkapital des Unternehmens wegen der hohen Kosten oder wegen der Ver- wässerung der Altaktionäre unerwünscht sind, was bei den Familienunternehmen in unserer Stichprobe durchweg der Fall ist, dann können finanzielle Anreize zu unternehmerischem Verhalten über Bonuszahlungen und Prämien gesetzt werden. Sie werden in allen von uns befragten Unternehmen genutzt, allerdings in erster Linie für das Management. Mitarbeiter lungsmaßnahmen zu wenig Eigeninitiative zeigten. Ein Un- ternehmen in der Stichprobe hatte tatsächlich den Kreis der Teilnehmer für Schulungsmaßnahmen zu Intrapreneurship auf Nicht-Führungskräfte erweitert, was allerdings zu ver- gleichsweise hohen Kosten und einem insgesamt sehr langen Zeitraum für die Durchführung der Schulungsmaßnahmen geführt hatte. Instrument 3: Transformationale Mitarbeiterführung Wenn Mitunternehmertum als Verhalten einzelner Mitarbeiter vorhanden ist, dann besteht die Aufgabe von Führungskräften darin, es zu fördern oder es zumindest nicht zu behindern. In der personalwirtschaftlichen Forschung besteht weitge- hend Einigkeit, dass der sog. „transformationale Führungs- stil“ dazu am besten geeignet ist. Er gewährt Mitarbeitern Entscheidungsautonomie, stimuliert ihre Kreativität, betont die Visionen des Unternehmens mehr als konkrete Ziele und fördert die Eigeninitiative der Organisationsmitglieder. Mana- ger mit transformationalem Führungsstil agieren als Vorbilder, nicht als Kontrolleure (vgl. Bass, 1999). Die von mir befragten Führungskräfte kannten den Begriff der transformationalen Führung überwiegend nicht. Sie be- schrieben jedoch innovationsorientierte und dem Intrapreneur- ship förderliche Führungsstile, die sich inhaltlich weitgehend mit dem transformationalen Führungsstil decken. Sie waren auch davon überzeugt, dass sie selbst im Tagesgeschäft einen solchen Führungsstil anwenden. Die befragten Experten aus der Führungskräfteentwicklung kannten den Begriff der trans- formationalen Führung alle, waren jedoch deutlich skeptischer, dass sie von den Führungskräften ihres Unternehmens auch tatsächlich gelebt bzw. umgesetzt wird. Bei allen befragten Experten bestand Konsens, dass unternehmerisches Verhalten nicht vorgeschrieben oder angeordnet, sondern nur gefördert werden kann. Ebenso bestand Konsens, dass der Führungsstil der obers­ ten Managementebene von entscheidender Bedeutung für das Verhalten der Mitarbeiter ist. Es muss eine klar erkennbare Un- terstützung des Intrapreneurship durch das Top-Management geben und sich nicht nur auf Lippenbekenntnisse beschrän- ken. Aussichtsreiche neue Geschäftsideen müssen von der Unternehmensleitung mit den benötigten Ressourcen ausge- stattet und gegen interne Widerstände verteidigt werden. Mit- arbeiter, die sich unternehmerisch verhalten, müssen sichtbar unterstützt werden. Im Fall eines Fehlschlags darf das Top-Ma- nagement die betroffenen Mitarbeiter nicht bestrafen oder de- mütigen. Unterstützung für Intrapreneurship durch die oberste Managementebene ist nach der Ansicht der von mir befragten Führungskräfte und -entwickler jedoch nur in zwei Drittel der Unternehmen der Stichprobe gegeben. In einem Fall hatte sich der Vorstandsvorsitzende mehrfach bei Führungskräftetreffen gegen eine zu starke Innovationsorientierung ausgesprochen.

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