PERSONAL quarterly 1/2020
48 ESSENTIALS _REZENSIONEN PERSONALquarterly 01/20 E rfolgreiche Führungskräfte sind nicht zwangsläufig „geborene Führer/-innen“. Vielmehr spielen Umwelt- faktoren eine große Rolle bei der frühen Entwicklung des Führungspotenzials und der Erreichung von Führungspositionen. Es setzt sich in der Führungsforschung zunehmend die Sicht durch, dass die Entwicklung von Füh- rungspotenzial als andauernder Prozess betrachtet werden sollte, der sich über die gesamte Lebensspanne von der Geburt an, über die Kindheit, über die Jugend bis hin zum Erwachse- nenalter erstreckt. Eine internationale Forschergruppe um den Forscher Liu ist nun speziell der Frage nachgegangen, welchen Einfluss der elterliche Erziehungsstil auf frühes Führungspotenzial hat. Im Fokus stand dabei die Auswirkung von „Overparenting“, aus- geübt von sog. „Helikoptereltern“. Die Autoren untersuchten 1.255 SchülerInnen aus Peking. Das Durchschnittsalter lag bei knapp über 14 Jahren. Neben Selbsteinschätzungen der Schüle- rinnen und Schüler wurden Peer Ratings von Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Einschätzungen der Lehrkräfte und El- tern einbezogen. Die Autoren fanden einen negativen Zusam- menhang zwischen „Overparenting“ und der Einschätzung des Führungspotenzials sowie der Übernahme von tatsächlichen Führungsaufgaben in der Schule (z. B. Schülersprecher/-in). Als erklärender Mechanismus zeigte sich, dass „Overparenting“ den allgemeinen Selbstwert der Schülerinnen und Schüler schmälert, was sich wiederum negativ auf deren Selbstwirk- samkeit bezüglich Führungsaufgaben auswirkt (z. B. „Wenn ich jemanden sehe, der ein Führer ist, denke ich, dass ich so gut sein könnte wie dieser Führer.“). Tendenziell war dieser Wirk- zusammenhang für Mädchen stärker als für Jungen, obwohl Jungen von einem höheres Maß an „Overparenting“ berich- teten. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den deutschen Sprachraum bleibt zu diskutieren. Aus Organisationssicht ver- deutlichen die Ergebnisse jedoch, dass der Grundstein für Füh- rungspotenzial schon in der Kindheit und Jugend gelegt wird. Besprochen von Dr. Annika L. Meinecke , Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Hamburg Helikoptereltern und Führungspotenzial Z. Liu (Bejing University & Claremont McKenna College), R. E. Riggio (Claremont McKenna College), D. V. Day (Claremont McKenna College), C. Zheng (East China Normal University), S. Dai (Washington State University) & Y. Bian (Bejing Normal University): Leader development begins at home: Overpa- renting harms adolescent leader emergence. Journal of Applied Psychology, Vol. 104, pp. 1226-1242. D urch den demografischen Wandel werden Beleg- schaften nicht nur älter, sondern auch altersdiverser. Daher müssen Unternehmen Arbeitsumgebungen schaffen, die sowohl die Erwartungen und Be- dürfnisse von jüngeren als auch von älteren Arbeitnehmern adressieren. Noch ist allerdings wenig über systematische Un- terschiede in den Erwartungen und Bedürfnissen jüngerer vs. älterer Mitarbeiter bekannt. Deshalb gehen Kollmann und Kol- legen der Frage nach, welche Faktoren für die Jobzufriedenheit jüngerer vs. älterer Mitarbeiter verantwortlich sind, was sie zufrieden mit ihrem Job macht, und warum. Die Autoren gehen davon aus, dass lebenszyklusabhängige Motive und Ziele das Bedürfnis nach monetärer Entlohnung („Output“) und der Möglichkeit, einen bedeutsamen Beitrag für das Unternehmen zu leisten („Input“), beeinflussen – und damit deren Auswirkungen auf die Jobzufriedenheit. Genauer gesagt hypothetisieren die Autoren, dass die Jobzufriedenheit jüngerer Mitarbeiter primär von deren monetärer Entlohnung abhängt, während die Jobzufriedenheit älterer Mitarbeiter primär davon abhängt, ob diese einen bedeutsamen Beitrag für das Unternehmen leisten können. So argumentieren Koll- mann und Kollegen, dass für jüngere Mitarbeiter Sorgen und Ängste in Bezug auf die Zukunft deutlich präsenter sind als für ältere Mitarbeiter, insbesondere was die zukünftige finan- zielle Situation anbelangt; gleichzeitig haben Geld und Kon- sum zur Demonstration von Macht und Prestige für jüngere Menschen einen größeren Stellenwert, wohingegen Geld für ältere Menschen eher instrumentellen Wert hat. Umgekehrt argumentieren die Autoren, dass der geringere Zeithorizont äl- terer Mitarbeiter deren Bedürfnis steigert, einen bedeutsamen Beitrag zu leisten, z. B. indem die eigenen Erfahrungen best- möglich eingesetzt und Wissen und Fertigkeiten an jüngere Generationen weitergegeben werden; dies sollte auch deshalb als belohnend empfunden werden, weil so das weitverbreitete negative Stereotyp, ältere Mitarbeiter seien weniger kompetent und leistungsfähig, widerlegt wird. Jobzufriedenheit: Jüngere vs. ältere Mitarbeiter Tobias Kollmann (Universität Duisburg-Essen), Christoph Stöckmann (Privatuniversität Schloss Seeburg), Julia M. Kensbock (Maastricht University) & Annika Peschl (Institut für angewandte Arbeitswissenschaft): What satisfies younger versus older employees, and why? An aging perspective on equity theory to explain interactive effects of employee age, monetary rewards, and task contributions on job satisfaction, Human Resource Management, in press.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==