PERSONAL quarterly 1/2020

PERSONALquarterly 01/20 44 STATE OF THE ART _FEHLERMANAGEMENT nichtfinanziellen Messgrößen für den Erfolg mit r = 0,53 etwas größer ausfällt als bei finanziellen Erfolgsgrößen (r = 0,42). Welche Maßnahmen durch die Organisation sind in diesem Zusammenhang nachweisbar effektiv? Sollten Organisationen versuchen, eine Null-Fehler-Kultur zu etablieren, sollten Fehler als unvermeidliches Übel angesehen werden oder sollte sogar zum Fehlermachen aufgefordert werden? Forschung in diesem Bereich zeigt zwei Bereiche auf, in denen Organisationen durch den richtigen Umgang mit Fehlern bessere Ergebnisse erzielen können: Trainings zum Fehlermanagement (error management trainings) und eine positive Fehlerkultur (error culture). Trainings zum Fehlermanagement sind wirksam Bei Trainings zum Fehlermanagement werden Fehler als natür- liches Nebenprodukt des Lernens verstanden, die sogar einen Informationswert haben können, z. B. in welchen Bereichen noch Wissenslücken bestehen und die eigenen Fertigkeiten noch ausgebaut werden müssen. Trainings zum Fehlermanage- ment zeichnen sich entsprechend dadurch aus, dass nur weni- ge Vorgaben zum richtigen Vorgehen gemacht werden und die Lernenden sich aktiv in einer Umgebung ausprobieren, in der Fehler wahrscheinlich sind. Fehler werden entsprechend als Feedback verstanden, die dem Lernenden aufzeigen, welche Bereiche noch nicht richtig verstanden wurden. In einer Metaanalyse haben Keith und Frese (2008) Studien zusammengefasst, in denen Trainings zum Fehlermanagement mit alternativen Trainingsformen verglichen wurden. Wich- tigste Ergebnisgröße waren dabei die Trainingsergebnisse, gemessen über das Ausmaß des im Training Gelernten. Ins- gesamt können sie eine Überlegenheit des Fehlertrainings feststellen, denn obwohl die Leistung während des Fehlertrai- nings bei Trainings zum Fehlermanagement eher schlechter ist, steigt die Leistung nach dem Training stärker an als bei Vergleichstrainings. Insgesamt zeigt sich über alle Studien hinweg ein Effekt von d = 0,44, also eine mittlere Effektstär- ke (siehe Abb. 2). Interessant ist zudem, dass Trainings zum Fehlermanagement einen noch stärkeren Effekt gegenüber Vergleichstrainings haben, wenn nach dem Training neue Aufgaben bewältigt werden müssen, die sich maßgeblich von den Trainingsaufgaben unterscheiden (analogical vs. adaptive transfer). Weiterer wichtiger Faktor ist die Art des Feedbacks, denn gerade wenn klares Feedback gegeben wird, haben Trai- nings zum Fehlermanagement einen besonders positiven Einfluss. Die höhere Wirksamkeit der Trainings zum Fehler- management scheint dabei sowohl durch den Fokus auf das Ausprobieren während des Trainings zu stammen wie auch auf die positive Konnotation von Fehlern an sich, z. B. durch State- ments wie „The more errors you make, the more you learn!“ Fehlerkultur und offene Kommunikation von Fehlern Über Trainings hinaus kann der richtige Umgang mit Fehlern in der Organisation durch eine positive Fehlerkultur etabliert werden, die sich durch eine offene Kommunikation von Fehlern, den Austausch von Fehlerwissen, schnelle Analyse und Hilfe bei sowie einen effektiven Umgang mit Fehlern auszeichnet. In verschiedenen Studien hat sich eine positive Fehlerkultur als nützlich erwiesen, bis hin zu Hinweisen auf einen positiven Zusammenhang zwischen Fehlerkultur und Unternehmens- leistung (Van Dyck/Frese/Baer/Sonnentag, 2005). Genauer untersucht sind in diesem Zusammenhang systematische Re- views oder sog. „Debriefings“. Diese zunächst vor allem im militärischen Kontext eingesetzte Technik führt Gruppen nach einem Ereignis oder einem Projekt systematisch durch einen Reflexionsprozess. Die wesentlichen vier Merkmale des Pro- zesses sind (1) das aktive Engagement der Teilnehmer, (2) die Betonung der Entwicklungsperspektive im Gegensatz zu einer Bewertungslogik, (3) die Bezugnahme auf ein spezifisches Er- eignis oder Projekt und (4) die Nutzung mehrerer Informati- onsquellen. Scott I. Tannenbaum und Christopher P. Cerasoli (2013; S. 237-238) untersuchen in ihrer Metaanalyse, in wel- chem Umfang und durch welche Faktoren solche Debriefings zur Verbesserung der Performance führen. Übergreifend zeigt sich ein mittlerer bis großer positiver Effekt (d = 0,67). Dieser Effekt ist größer, wenn es sich um strukturierte und mode- rierte Verfahren handelt. Die Autoren schließen daraus, dass Abb. 2: Effekte von Trainings zum Fehlermanagement k N d Gesamteffekt der Trainings zum Fehlermanagement 24 2183 0,44 Art des Transfers: Ähnliche Aufgabe (analogical transfer) 13 1647 0,20 Andere Aufgabe (adaptive transfer) 11 536 0,80 Feedback zur Aufgabe: Unklar 7 1005 0,19 Klar 17 1178 0,56 Training der Vergleichsgruppe: Kein Fokus auf Ausprobieren 16 1257 0,58 Mit Fokus auf Ausprobieren 13 1158 0,19 Quelle: vgl. Keith/Frese, 2008

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