PERSONAL quarterly 1/2020

40 NEUE FORSCHUNG _EIGNUNGSDIAGNOSTIK PERSONALquarterly 01/20 Erfahrungen vor. Dies könnte Unterschiede in der Beliebtheit er- klären. Weitere Gründe könnten eventuell in Sorgen um den ei- genen Arbeitsplatz („Werde ich durch eine Maschine ersetzt?“), Angst vor Veränderungen der Arbeitstätigkeit und Entmündi- gung durch die Maschine liegen. Bei einer näheren Analyse der Stichprobe der Rekrutierenden zeigte sich, dass Personen, die hauptsächlich mit der Rekrutierung beschäftigt waren (interne Recruiterinnen und Recruiter sowie Personaldienstleistende), im Gegensatz zu den anderen mit der Rekrutierung beschäf- tigten Personen eine signifikant geringere Präferenz für das Instrument der autonomen Lebenslaufanalyse hatten. Limitationen Wie bei jeder Untersuchung sind auch hier methodische Ein- schränkungen zu nennen: Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte auf freiwilliger Basis. Insofern kann für die befragte Stichprobe kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben werden. Dennoch ist eine Stichprobengröße von N=424 eine gute Basis für robuste Befunde. Weiterhin wurden – aus Kapazitätsgrün- den – nur die Beschreibungen der Instrumente vorgelegt, anstatt die Instrumente selbst durchzuführen. Um den Teilnehmenden ein möglichst umfassendes Bild zu vermitteln, wurde die An- wendung der Instrumente detailliert beschrieben. Zudem wurde nicht erhoben, ob die Teilnehmenden schon einmal Kontakt mit einem solchen Auswahlinstrument in der Praxis hatten. Dies sollte in zukünftigen Studien unbedingt berücksichtigt werden. Handlungsempfehlungen für die Praxis Das Potenzial von Interviews nutzen: Aufgrund der hohen Akzep- tanz sollten Interviews ihren festen Platz in der Personalaus- wahl beibehalten – sowohl Bewerbende als auch Auswählende schätzen Interviewverfahren. Damit Interviews ihre potenziell hohe Validität entfalten können, sollten diese einen klaren Be- zug zu den Anforderungen der Position und eine gute Struktur durch Interviewleitfäden und verhaltensverankerte Beurtei- lungsskalen aufweisen. Zudem sollten nur gut geschulte Inter- viewende eingesetzt werden. Testverfahren im Kleid von Arbeitsproben einsetzen: Jedoch werden neben Interviews andere Instrumente, wie bspw. Testverfahren, weiterhin benötigt. Sie weisen nach einschlä- gigen Metaanalysen hohe Validitäten auf und liefern andere Informationen über die Bewerbenden, als Interviews dies tun. Zudem können Online-Tests an einem beliebigen Ort durch- geführt werden. Aufgrund der hohen Akzeptanz von Arbeits- proben ist zu empfehlen, jene Testverfahren einzusetzen, die wie Arbeitsproben aufgebaut sind. So kann mathematische Intelligenz auch gut durch Aufgaben erhoben werden, die nicht nur „nackte Zahlen“ präsentieren, sondern in eine betriebliche Fragestellung eingebettet sind. Transparenz über Wirkungsweise neuer Instrumente schaffen: Wie oben diskutiert, könnten der geringeren Akzeptanz der neuen 1 2 3 4 5 Abb. 4: Präferenzen für Personalauswahlinstrumente bei Bewerbenden und Rekrutierenden Quelle: Eigene Darstellung Papier-Bleistift- Intelligenztest Papier-Bleistift- Persönlichkeitsinventar Persönliches Interview Assessment Center Arbeitsprobe Autonome Lebenslaufanalyse Online-Intelligenztest Online-Persönlichkeits­ inventar Zeitversetzte Video- Interviews Automatische Sprach- und Stimmanalyse Game-Based-Assessment Präferenz (1 = niedrig, 5 = hoch) Bewerbende 3,00 4,17 3,20 3,75 2,67 2,95 3,12 2,54 1,98 2,81 2,86 2,79 2,88 4,65 3,39 3,84 2,71 2,36 3,01 2,70 1,67 2,50 Rekrutierende

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==