PERSONAL quarterly 1/2020
36 NEUE FORSCHUNG _EIGNUNGSDIAGNOSTIK PERSONALquarterly 01/20 bot anzunehmen, bestehen (Konradt/Garbers/Böge/Erdogan/ Bauer, 2017; Konradt/Warszta/Elwart, 2013). Zur Akzeptanz der klassischen eignungsdiagnostischen Instrumente bei Be- werbenden liegen umfangreiche Befunde aus Metaanalysen vor (Anderson/Salgado/Hülsheger, 2010; Hausknecht/Day/ Thomas, 2004). Demnach sind Interviews und Arbeitsproben beliebter als kognitive Leistungstests und Persönlichkeits inventare. Während zur Akzeptanz der klassischen diagnos- tischen Verfahren breite Befunde vorliegen, ist zur Akzeptanz der neuen diagnostischen Verfahren noch relativ wenig be- kannt. Hieraus leitet sich Forschungsfrage 1 ab: Wie akzeptiert sind die neuen Instrumente der Eignungsdiagnostik bei Bewer- benden im Vergleich zu den klassischen Instrumenten? Selbst- und Fremdselektion als Einflussfaktoren auf die Akzeptanz Der typische Anwendungsfall für eignungsdiagnostische Ins trumente ist die Fremdselektion. Bei der Fremdselektion setzt ein Unternehmen ein Instrument ein, um den Berufserfolg von Bewerbenden zu prognostizieren und auf dieser Basis eine Aus- wahlentscheidung zu treffen. Die Ergebnisse des Verfahrens entscheiden also über die berufliche Zukunft der Bewerbenden. Im Falle der Selbstselektion wird ein eignungsdiagnostisches Verfahren noch vor der eigentlichen Bewerbung zur Verfügung gestellt, damit potenzielle Bewerbende sich selbst testen kön- nen, um zu erfahren, ob sie auf eine bestimmte Position passen. Die durch das Instrument erhobenen Daten werden nicht für Auswahlzwecke verwendet. Die Bewerbenden erhalten ein un- verbindliches Feedback auf Basis ihrer Ergebnisse. Eine kürz- lich erschienene Studie von Langer, König und Papathanasiou (2019) zeigt am Beispiel von automatisierten Videointerviews, dass die Akzeptanz von neuen Recruitment-Instrumenten davon beeinflusst werden könnte, ob diese in Selbst- oder Fremdselek- tionssituationen eingesetzt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie sich die Nutzung eines diagnostischen Ins truments zur Selbst- oder Fremdselektion auf dessen Akzeptanz auswirkt. Daher lautet Forschungsfrage 2: Welchen Einfluss ha- ben Selbst- und Fremdselektion auf die Präferenz der Instrumente? Zielgruppenunterschiede in der Akzeptanz eignungs diagnostischer Instrumente Die Akzeptanz eines Auswahlinstruments entsteht in der Regel im Zusammenspiel von Instrument und Bewerbendem. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob soziodemogra- fische Merkmale wie Alter, Geschlecht und die derzeitige Be- schäftigungssituation einen Einfluss auf die Akzeptanz von eignungsdiagnostischen Instrumenten haben. Befunde aus der Metaanalyse von Hausknecht und Kollegen (2004) zeigen keine bis marginale Effekte für Alter und Geschlecht für kon- ventionelle eignungsdiagnostische Instrumente. Unklar ist, ob das Alter die Präferenz für die neuen digitalen Verfahren beeinflusst. Zudem existieren noch keine Erkenntnisse zu Un- terschieden in der Präferenz zwischen Studierenden und Be- rufstätigen. Forschungsfrage 3 lautet daher: Welchen Einfluss haben Zielgruppenmerkmale auf die Präferenz der Instrumente? Akzeptanz von eignungsdiagnostischen Instrumenten auf Recruiterseite Neben der Akzeptanz durch die Bewerbenden ist zudem von In- teresse, wie die Auswählenden (Mitarbeitende der Personalab- teilungen und an der Auswahl beteiligte Führungskräfte) den verschiedenen Auswahlinstrumenten gegenüberstehen. Zur Einsatzhäufigkeit der klassischen Auswahlinstrumente liegen Befunde aus einer Studie von Schuler, Hell, Trapmann, Schaar und Boramir aus dem Jahr 2007 vor. Hier war das Interview die am häufigsten verwendete Auswahlmethode. Ob die neuen digitalen Verfahren der Personalauswahl von den Recruitern akzeptiert werden, ist noch weitgehend unklar. Zudem ist noch nicht untersucht, ob sich Bewerbende und Rekrutierende in ihrer Akzeptanz der Instrumente unterscheiden oder ob ähn- liche Ansichten zu den einzelnen Instrumenten bestehen. For- schungsfrage 4 lautet: Welche Unterschiede bestehen zwischen Rekrutierenden und Bewerbenden? Empirische Studien Zur Klärung der Forschungsfragen wurden zwei empirische Studien durchgeführt. Studie 1: An der durchgeführten Studie beteiligten sich 424 Personen. Von diesen sind 125 Personen männlich (29,5 %), 297 Personen weiblich (70 %) und zwei Teilnehmende gaben an, sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig zu fühlen (0,5 %). Die Teilnehmenden weisen eine Altersspanne von 16 bis 67 Jahren auf. Der Altersdurchschnitt liegt bei 27,3 Jahren mit einer Standardabweichung von 10,3 Jahren. Die Mehrheit mit 55,9 % der Teilnehmenden sind Studierende. 31,8 % gaben an, erwerbstätig zu sein. Auszubildende sind mit 9,0 % und Schüler mit 2,4 % in der Stichprobe vertreten. 0,9 % der Teil- nehmenden gaben an, arbeitssuchend zu sein. Studie 2: In einer weiteren Studie wurden 101 Praktikerinnen und Praktiker der Personalauswahl befragt. Davon waren 54 weiblich und 47 männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 33,93 Jahren mit einer Standardabweichung von 9,62 Jahren. Einge- teilt nach ihren Funktionen waren 29 interne Recruiterinnen und Recruiter, 26 Personaldienstleisterinnen und Personal- dienstleister, 12 sonstige Mitarbeitende des Personalbereichs, 17 Führungskräfte einer Fachabteilung und 12 sonstige in die Personalauswahl involvierte Mitarbeitende. Im Schnitt hatten die Teilnehmenden 11,98 Jahre Berufserfahrung mit einer Standardabweichung von 9,87 Jahren. Die Daten für beide Studien wurden im Rahmen von Online- befragungen von Mai bis Juni 2019 erhoben. Der Link zur Be- fragung wurde über soziale Netzwerke wie Xing oder Facebook
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