PERSONAL quarterly 1/2020

27 01/20 PERSONALquarterly lenkonflikte durch den Grad der Zustimmung zu Aussagen wie „Die Anforderungen Ihrer Arbeit beeinträchtigen meine persön- lichen Interessen stärker als zuvor.“ erfasst. Antworten waren auf einer siebenstufigen Skala möglich, deren Extrempunkte mit „Trifft nicht zu“ und „Trifft zu“ beschriftet waren. Ergebnisse und Diskussion Über beide Studien hinweg konnte der Großteil der in Abbil- dung 2 unterstellten Wirkbeziehungen bestätigt werden. Zur Überprüfung wurde auf lineare Strukturgleichungsmodelle im Programm Mplus zurückgegriffen. Abbildung 3 zeigt die aggregierten Ergebnisse. Strukturgleichungsmodelle In einem Strukturgleichungsmodell können alle vermuteten Zusammen- hänge in einem komplexen Ursache-Wirkungsgefüge zusammengefasst und in einem Modell überprüft werden. Vorteile gegenüber traditionellen Auswertungsverfahren (z. B. linearer Regression, Varianzanalyse) liegen z. B. in einer geringeren Anzahl von Annahmen und in der Möglichkeit, Messfehler zu modellieren. Ebenso wird durch die Prüfung auf Mess­ invarianz sichergestellt, dass es keine Unterschiede bei den Messungen zwischen den einzelnen Gruppen gegeben hat. Außerdem bringt ein Strukturgleichungsmodell Vorteile in Bezug auf den Umgang mit feh- lenden Werten mit sich. So bleibt festzuhalten, dass ein Engagement während der Arbeitszeit sowie vom Arbeitnehmer gewählte Termine und gemeinnützige Organisationen zu signifikant positiven Effek- ten auf Planungsautonomie und in der Folge auf Arbeitgeber­ attraktivität führen.Wenn eine Organisation ihrenMitarbeitern tatsächlich ein hohes Maß an Autonomie am Arbeitsplatz zuge- steht, kann z. B. in Rekrutierungsmaterialien kommuniziertes EV mit einer hohen Ausprägung von Autonomie aufseiten der Mitarbeiter dabei unterstützen, Bewerber von einem Einstieg im Unternehmen zu überzeugen. Um Autonomie am Arbeits- platz über Autonomie im EV zu signalisieren, sollte EV dabei während der Arbeitszeit sowie an Terminen und bei gemein- nützigen Organisationen stattfinden, die vom Arbeitnehmer ausgewählt werden können. Die Rollenkonflikte zwischen Arbeits- und Privatleben wer- den am stärksten von der Unterscheidung, ob ein Engagement während der Arbeitszeit oder während der Freizeit stattfindet, signifikant beeinflusst. Dies macht Sinn, da eine Unterschei- dung in Bezug auf EV Zeit einen größeren Einfluss auf zeitba- sierte Rollenkonflikte haben sollte als eine Unterscheidung in Bezug auf EV Termin oder EV Ort. In der Folge ist die Bezie- hung zwischen Rollenkonflikten und Arbeitgeberattraktivität ebenfalls wie erwartet negativ. Anders formuliert bedeutet dies, dass die Arbeitgeberattraktivität höher ausfällt, je nied- riger die Rollenkonflikte ausgeprägt sind. Darüber hinaus findet in der Beziehung von EV Ort auf die Rollenkonflikte zwischen Arbeits- und Privatleben ein inte- ressanter Interaktionseffekt statt (in Abbildung 3 nicht ab- gebildet). Die Beziehung ist unterschiedlich, je nachdem, ob jemand bereits ehrenamtlich engagiert war oder nicht. Bei den Studienteilnehmern, die bereits ehrenamtlich aktiv waren, re- duzierte eine selbst gewählte gemeinnützige Organisation (wie erwartet) die Rollenkonflikte, während die Studienteilnehmer ohne ehrenamtliche Erfahrung eine Rollenkonfliktsteigerung erfuhren. Dies kann durch die Zeit, die Menschen ohne Ehren- amtserfahrung aufbringen müssen, wenn sie sich zum ersten Mal engagieren, erklärt werden. Bspw. muss Zeit für die Infor- mationsbeschaffung und Entscheidungsfindung sowie die Kon- taktaufnahme zu möglichen gemeinnützigen Organisationen aufgewendet werden. Im Gegensatz dazu müssen Mitarbeiter, die sich schon ehrenamtlich engagieren, keine bzw. weniger Zeit investieren, weil sie schon in Kontakt zu einer gemeinnüt- zigen Organisation stehen. Die eingangs dargelegten Ausfüh- rungen zur Rolle Intra-organisationalen EVs können insofern empirisch bestätigt werden. Die Vorauswahl von gemeinnüt- zigen Organisationen durch Arbeitgeber kann demnach nur aus Sicht solcher Bewerber attraktivitätssteigernd wirken, die bislang noch nicht ehrenamtlich engagiert sind. Direkte Effekte auf die Arbeitgeberattraktivität können aus- schließlich für die Variable EV Zeit bestätigt werden. Betrachtet man die direkten und die indirekten Effekte kumuliert, geht der größte gesamte Effekt auf Arbeitgeberattraktivität von der Unterscheidung, ob die Engagements während der Arbeitszeit oder während der Freizeit der Mitarbeiter stattfinden, aus. Bei der Einführung von EV sollten Unternehmen daher Arbeitszeit für die arbeitgeberseitig geförderten ehrenamtlichen Engage- ments vorsehen. Limitationen Aufgrund des Stichprobenzugangs imUniversitätskontext liegt es auf der Hand, dass überdurchschnittlich viele Studierende an der Befragung teilgenommen haben und andere Berufs- gruppen und Altersklassen unterrepräsentiert sind. Bspw. sind die Anteile Studierender und Angestellter in der ersten Studie in etwa gleich groß, während es in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt derzeit rund 44 Millionen Er- werbstätige, aber nur knapp 3 Millionen Studierende gibt. In der zweiten Studie übersteigt der Anteil Studierender sogar denjenigen der Angestellten. In der Folge sind Rückschlüsse auf Auswirkungen von EV bei Personen, die seit vielen Jahren berufstätig sind und die sich beruflich umorientieren möchten, u. U. nur eingeschränkt möglich. Zudem hatten die in den Videos genannten Engagement- Beispiele (Kinderbetreuung, Tierschutz, Sportverein) zwar das Ziel, möglichst allgemein zu sein, um so einen Anknüpfungs- punkt für möglichst viele Studienteilnehmer zu ermöglichen. Jedoch würden für solche Engagements keine besonderen fach- lichen Kompetenzen und Kenntnisse benötigt. In einer Umfra- ge haben 77 % von jungen Arbeitnehmern allerdings kürzlich

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