PERSONALquarterly 4/2019

04/19 PERSONALquarterly 55 Gleichzeitig wird Kritik geäußert, ob nicht innovativere Füh- rungsstile effektiver sind. Und in der Tat zeigen Bruce J. Avolio und Kollegen (2009) in einem Überblicksartikel über neue Forschungsansätze eine ganze Reihe neuer Führungsstile auf, wie dienende oder authentische Führung. Hat die transforma- tionale Führung ausgedient? Vor demHintergrund dieser Entwicklungenwollenwir die Ef- fektivität transformationaler Führung und etwaiger Weiterent- wicklungen näher betrachten. Dabei gehen wir insbesondere den folgenden Fragen nach: Wie effektiv ist transformationale Führung und welche Dimensionen transformationaler Füh- rung haben die größte Auswirkung? Weisen neue Führungs- stile eine größere Effektivität auf? Hier gehen wir insbesondere auf ethische, authentische und dienende Führung ein, wobei wir uns auf eine aktuelle Metaanalyse von Julia E. Hoch und Kollegen (2018) und die Kritik am Ansatz transformationaler Führung von van Knippenberg und Sitkin (2013) beziehen. Dabei konzentrieren wir uns auf die durchschnittlichen Effekte und gehen nicht auf Moderatoren ein, die imRahmen situativer Führungstheorien große Bedeutung haben. Was ist transformationale Führung und wie lässt sie sich messen? Die Messung des Führungsstils erfolgt in der Regel durch die Einschätzung der direkten Mitarbeiter, wobei sich internati- onal und in Deutschland der Multifactor Leadership Questi- onnaire (MLQ) als Messinstrument durchgesetzt hat (Felfe, 2006), der neben transformationaler auch transaktionale und Laissez-faire-Führung abdeckt. Für die transformationale Füh- rung werden vier Kerndimensionen unterschieden: 1. ideali- sierter Einfluss, 2. inspirierende Motivation, 3. intellektuelle Anregung und 4. individuelle Berücksichtigung. Empirisch ist die Faktorstruktur allerdings nicht ganz eindeutig und hat sich im Zeitverlauf weiterentwickelt. In der deutschen Fassung des MLQ (Felfe, 2006) finden sich fünf transformationale Dimensi- onen und ergänzend eine Dimension für charismatische Füh- rung (siehe Abb. 2). Effektivität transformationaler Führung In seinem Grundlagenwerk zur transformationalen Führung argumentierte Bernhard M. Bass (1985), dass transformatio- nale Führung effektiver sei als die weit verbreitete transak- tionale Führung. Empirisch wurde diese Annahme durch die Metaanalyse von Timothy A. Judge und Ronald F. Piccolo (2004, S. 759) bestätigt, wonach transformationale Führung mit einer Korrelation von r = 0,44 einen leicht höheren Zusammenhang mit Erfolgsgrößen aufweist als transaktionale Führung in Form von ziel- und leistungsabhängigen Belohnungen (contingent rewards), die eine Korrelation von 0,39 aufweist. Allerdings ist der Unterschied zwischen den beiden Führungsansätzen nicht sonderlich groß und zudem ist eine Kombination der beiden Ansätze möglich. In einer aktuellen Metaanalyse von Hoch und Kollegen (2018) zeigt sich ein positiver Einfluss transfor- mationaler Führung, wobei die Effektstärke unter anderem von der Messgröße abhängt, mit der Führungserfolg gemessen wird: Transformationale Führung wirkt mittelstark auf die Ar- beitsleistung (r = 0,27), beeinflusst die allgemeine Arbeitszu- friedenheit stärker (r = 0,42) und übt den größten Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Führungskraft (r = 0,80) und auf die wahrgenommene Effektivität der Führungskraft aus (r = 0,79). Dimensionen transformationaler Führung und deren Effektivität Eine nähere Betrachtung der einzelnen Dimensionen transfor- mationaler Führung unternehmen Uldarico R. Dumdum und Kollegen (2013). Die wesentlichen Ergebnisse sind in Abbil- dung 3 dargestellt. Es zeigt sich, dass alle fünf untersuchten Dimensionen hohe Korrelationen mit der Effektivität der Füh- rung aufweisen, die korrigierte Korrelation liegt durchgängig über 0,5, wobei die Effektstärken in einem vergleichsweise engen Band liegen (zwischen 0,52 und 0,66). Es lässt sich somit eine leicht höhere Bedeutung von zugeschriebenem Charisma (r = 0,66) und idealisierter Einflussnahme (r = 0,66) nachwei- sen, letztlich sind aber alle fünf Dimensionen sehr bedeutsam für den Erfolg der Führungskraft. Quelle: Eigene Auswahl aus Felfe (2006), S. 65. Dimension Beispiel-Item Fremdbeurteilung (Die Führungskraft, die ich einschätze ...) Charisma vermag mich durch ihre Persönlichkeit zu beeindrucken und zu faszinieren Idealisierte Einflussnah- me – zugeschrieben macht mich stolz darauf, mit ihr zu tun zu haben Idealisierte Einflussnah- me – Verhalten spricht mit anderen über ihre wichtigsten Überzeugungen und Werte Inspirierende Motivation spricht mit Begeisterung über das, was erreicht werden soll Intellektuelle Stimulation schlägt neue Wege vor, wie Aufgaben bear- beitet werden können Individuelle Berücksichtigung erkennt meine individuellen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Ziele Abb. 2: Dimensionen transformationaler Führung

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