PERSONALquarterly 4/2019

50 PERSONALquarterly 04/19 NEUE FORSCHUNG _MITARBEITERZUFRIEDENHEIT zu erhöhen, Ressourcen optimal einzusetzen und Kosten zu reduzieren (Snape/Redman, 2010). Hypothese 1d: Die Qualität des Personalmanagements wirkt direkt positiv auf die Profitabilität von Dienstleistungsunternehmen, zu- sätzlich zu ihren positiven Wirkungen über Dienstleistungsqualität, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auf Profitabilität. Zusätzliche Effekte der Kunden-Mitarbeiter-Interaktion Der Einfluss der Mitarbeiter auf die Kunden erfolgt der Service Profit Chain zufolge indirekt über die Dienstleistungsqualität. Mitarbeiterproduktivität und Mitarbeiterbindung beeinflussen die Dienstleistungsqualität und dadurch die Kundenzufrieden- heit und Kundenbindung. Die Dienstleistungsforschung zeigt allerdings, dass die Reaktion der Kunden nicht nur von der Dienstleistungsqualität abhängt, sondern auch von der di- rekten Interaktion zwischen Mitarbeitern und Kunden wäh- rend der Dienstleistung. Zwei Mechanismen spielen dabei vermutlich eine Rolle. Zumeinen zeigt die Forschung, dass sog. „Contagion-Effekte“ zu einem emotionalen Ansteckungsprozess führen: Die Zufrie- denheit eines Mitarbeiters kann ansteckend auf den Kunden wirken, weil der Kunde die Emotionen des Mitarbeiters unbe- wusst nachahmt oder weil der Kunde die vom Mitarbeiter zum Ausdruck gebrachte Zufriedenheit als soziales Signal interpre- tiert und durch positive Emotionen darauf reagiert (Barger/ Grandey, 2006). Hypothese 2a: Die Mitarbeiterzufriedenheit wirkt direkt positiv auf die Kundenzufriedenheit, zusätzlich zu ihrer positiven Wirkung über Mitar- beiterproduktivität, Mitarbeiterbindung und Dienstleistungsqualität. Zum anderen bewerten Kunden nicht nur das Ergebnis der Kunden-Mitarbeiter-Interaktion – die Dienstleistungsqualität. Sie bewerten auch, ob der Mitarbeiter engagiert, kundenorien- tiert und kompetent gehandelt hat. Der Einsatz des Mitarbei- ters wird vom Kunden möglicherweise als Investition in die Kunden-Mitarbeiter-Beziehung interpretiert, die der Kunde mit einer stärkeren Kundenbindung erwidert (Yim et al., 2008). Hypothese 2b: Die Mitarbeiterproduktivität wirkt direkt positiv auf die Kundenbindung zusätzlich zu ihrer positiven Wirkung über Dienstleistungsqualität und Kundenzufriedenheit. Zusätzliche Effekte der Dienstleistungsqualität Analog zu den zusätzlichen Effekten der Personalmanagement- qualität ist zu erwarten, dass auch die Dienstleistungsqualität nicht nur durch ihren Effekt auf die Kundenzufriedenheit den Unternehmenserfolg beeinflusst. Vielmehr gibt es der Dienst- leistungsforschung zufolge zusätzlich eine positive und eine negative Wirkung der Dienstleistungsqualität. Erstens impli- ziert eine hohe Dienstleistungsqualität auch, dass es für den Kunden schwieriger wird, eine ähnliche Dienstleistung in glei- cher Qualität von einem anderen Anbieter zu erhalten, sodass die Qualität – über die Kundenzufriedenheit hinaus – die Kun- denbindung erhöht (Scheer et al., 2015). Darüber hinaus kann die Dienstleistungsqualität auch ne- gative Effekte auf die Profitabilität eines Dienstleistungsunter- nehmens haben, nämlich dann, wenn sie sich nicht in höherer Kundenzufriedenheit bzw. Kundenbindung niederschlägt. Die Steigerung der Dienstleistungsqualität erfordert Investitionen in Mitarbeiter und andere Ressourcen, die die Profitabilität schmälern, wenn die höhere Qualität keine positiven Auswir- kungen auf Umsatz und Effizienz des Dienstleistungsunter- nehmen hat (Mittal et al., 2005). Ergebnisse der metaanalytischen Strukturgleichungs­ modelle Um die fragmentierte Forschung zur Service Profit Chain zu- sammenzufassen und das theoretische Modell zu testen, ha- ben wir eine Metaanalyse durchgeführt. Dazu haben wir 518 empirische Studien (mit insgesamt 576 Datensätzen) identi- fiziert, die zwischen 1994 und 2015 erschienen sind und die sich entweder explizit auf die Service Profit Chain bezogen haben oder im Dienstleistungssektor durchgeführt wurden und mindestens zwei verschiedene Konstrukte aus der Ser- vice Profit Chain untersucht haben. Die Qualität des Perso- nalmanagements haben wir im Sinne der Service Profit Chain über die Anzahl oder die von den Mitarbeitern attestierte Güte der verschiedenen Personalmanagementpraktiken erfasst. Als relevante Personalmanagementpraktiken betrachtet die Ser- vice Profit Chain insbesondere die Gestaltung der Stellen (ins- besondere der Tätigkeitsspielräume), Personalauswahl und -entwicklung, Anreizsysteme und Personalführung. Aus den Studien haben wir die relevanten Korrelationskoeffizienten erfasst und für jedes Variablenpaar in der Service Profit Chain den mittleren (um Stichproben- und Messfehler bereinigten) Korrelationskoeffizienten berechnet. Auf Basis dieser metaanalytisch ermittelten mittleren Kor- relationskoeffizienten haben wir im nächsten Schritt Struk- turgleichungsmodelle berechnet. Zunächst haben wir die ursprüngliche Service Profit Chain als Basismodell geschätzt. Anschließend haben wir die zusätzlichen Wirkungsmechanis- men der Personalmanagementpraktiken, der Kunden-Mitar- beiter-Interaktion und der Dienstleistungsqualität als weitere Pfade in das Strukturgleichungsmodell eingefügt. Das Basismodell zeigt, dass alle Pfade der Service Profit Chain signifikant sind (vgl. Abb. 1; fett dargestellte Pfade zeigen die ursprüngliche Service Profit Chain an, die Farbe der Pfade zeigt, von welchem Konstrukt die Wirkungen jeweils ausgehen). Al- lerdings zeigen die Standardgütekriterien, dass die Modellgüte eher gering ist. Das deutet darauf hin, dass es zusätzliche Wir- kungsmechanismen gibt. Um die zusätzlichen Effekte der Qua- lität des Personalmanagements abzubilden, haben wir, unseren Hypothesen folgend, Pfade zwischen der Personalmanagement-

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