PERSONALquarterly 4/2019

48 PERSONALquarterly 04/19 NEUE FORSCHUNG _MITARBEITERZUFRIEDENHEIT D ie Erkenntnis, dass Mitarbeiter die Schlüsselressour- ce für den Erfolg von Dienstleistungsunternehmen sind, unterstreicht die Bedeutung des Personalma- nagements für die Leistungsfähigkeit des Unterneh- mens und ist mittlerweile weit verbreitet. Wie bzw. warum Personalmanagement den Erfolg von Dienstleistungsunterneh- men fördert, ist allerdings weniger klar. EinModell, das dieWirkungskette vomPersonalmanagement zum Erfolg von Dienstleistungsunternehmen über Mitarbeiter und Kunden abbildet, ist die Service Profit Chain. Heskett et al. (1994) haben diese in den 1990er-Jahren an der Harvard University entwickelt, und sie hat sich seitdem zu einem zent­ ralen Ansatz für das Dienstleistungsmanagement entwickelt. Die Service Profit Chain stellt die Mitarbeiterzufriedenheit in den Mittelpunkt und argumentiert, dass die Qualität des Perso- nalmanagements die Mitarbeiterzufriedenheit fördert. Zufrie- dene Mitarbeiter wiederum sind produktiver und loyaler und leisten daher besseren Service. Die Dienstleistungsqualität führt in der Folge zu höherer Kundenzufriedenheit und Kun- denbindung, die wiederum wesentlich für den Umsatz und die Profitabilität von Dienstleistungsunternehmen sind (Heskett et al., 1994; Heskett et al., 1997). Die Service Profit Chain dient vielen Dienstleistungsunter- nehmen aufgrund ihrer simplen und nachvollziehbaren Lo- gik als wichtiger Leitfaden. Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Konzept, die sich aus personalwirtschaftlicher Sicht vor allem auf zwei Aspekte bezieht. Erstens liegen bislang kaum empirische Belege für die Wirkung der Service Profit Chain vor; die vorliegenden Studien widmen sich stets nur Teilaspekten der Wirkungskette (Hong et al., 2013). Zwei- tens betrachtet die Service Profit Chain Mitarbeiterzufrie- denheit als die zentrale Erklärungsvariable für die Wirkung von Personalmanagementpraktiken und vernachlässigt so möglicherweise weitere wichtige Mechanismen, über die die Qualität des Personalmanagements den Unternehmenserfolg beeinflusst. Unsere Metaanalyse 1 setzt an diesen Kritikpunkten an und fasst alle Studien zu Teilaspekten der Service Profit Chain zu- Erfolgsfaktor Personalmanagement – eine Metaanalyse der Service Profit Chain Von Prof. Dr. Anja Iseke (Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe), Prof. Dr. Jens Hogreve (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), PD Dr. Klaus Derfuß (FernUniversität in Hagen) und Dr. Tönnjes Eller sammen, um die gesamte Wirkungskette abzubilden und zu testen. Dieses Vorgehen erlaubt es uns zudem, alternative Me- chanismen zu identifizieren, die bislang in der Service Profit Chain nicht explizit erfasst sind. Die Wirkungen des Personalmanagements auf die Dienstleistungsqualität Die Service Profit Chain basiert auf der Annahme, dass die Qualität des Personalmanagements primär dadurch die Dienst- leistungsqualität erhöht, dass es positiv auf die Mitarbeiter- zufriedenheit wirkt und so die Mitarbeiterproduktivität und die Mitarbeiterbindung verbessert. Diese Logik beruht auf der Analogie von Mitarbeitern als internen Kunden, deren Erwartungen bestmöglich durch das Personalmanagement zu befriedigen sind. Personalmanagementpraktiken, konkret die Gestaltung der Tätigkeit, Personalauswahl und -entwicklung, Anreizsysteme und Personalführung, werden folglich in der Service Profit Chain unter dem Begriff der internen Dienstleis­ tungen zusammengefasst (Heskett et al., 1994). Ist die Qualität dieser internen Dienstleistungen, also der Personalmanage- mentpraktiken, hoch, sind die Mitarbeiter zufriedener und daher bereit, gute Arbeitsleistungen zu erbringen sowie eine hohe Verbundenheit zumUnternehmen zu zeigen und dadurch die Dienstleistungsqualität zu steigern. Mitarbeiterzufrieden- heit ist demzufolge der Key Performance Indicator für ein er- folgreiches Personalmanagement (Ittner/Larcker, 2003). Der alleinige Fokus auf Mitarbeiterzufriedenheit als Erklä- rungsfaktor würde die Wirkung des Personalmanagements in Dienstleistungsunternehmen allerdings unterschätzen. Wir erweitern die Service Profit Chain daher um drei wei- tere Mechanismen, mittels derer die Qualität des Personal- managements die Dienstleistungsqualität mittelbar – über Mitarbeiterbindung und -produktivität – und unmittelbar po- sitiv beeinflusst. Erstens zeigt die Fluktuationsforschung, dass Personalma- nagement die Mitarbeiterbindung auch über die Wirkung auf die Mitarbeiterzufriedenheit hinaus erhöht (Jiang et al., 2012). Dies kann aus zwei Gründen geschehen. Einerseits steigert ei- ne hohe Qualität des Personalmanagements die Wechselkosten für die Mitarbeiter, da es unwahrscheinlicher für sie wird, ein 1 Die Studie wurde 2017 im Journal of Marketing (Vol. 81, Nr. 3, S. 41-61) unter dem Titel „The service- profit chain: A meta-analytic test of a comprehensive theoretical framework” veröffentlicht.

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