PERSONALquarterly 4/2019
46 PERSONALquarterly 04/19 NEUE FORSCHUNG _GESUNDHEITSMANAGEMENT nischen Hilfsmittel ausreichend geschult wird, da es sonst zu Überforderung kommen kann. Von technischer Überforderung berichteten teilweise ältere Interviewteilnehmer. Daher sollten technische Hilfsmittel zielgruppengerecht gestaltet werden. Weiterhin können verhaltenspräventive Maßnahmen helfen, die Auswirkungen von Stress zu reduzieren. Hierbei können Resilienz-, Stressmanagement und Stressimpfungstrainings helfen, Pflegende mit den nötigen Ressourcen auszustatten. Stressimpfungstrainings haben das Ziel, Teilnehmer auf stres- sige Situationen vorzubereiten. Zu diesem Zweck werden mögliche Strategien zur Stressreduktion mit den Teilnehmern entwickelt, die bei tatsächlich auftretendem Stress angewandt werden können. Teilweise können auch bereits durch einfache Maßnahmen Erfolge erzielt werden. Die Pausenräume können bspw. als Ort für die Regeneration dienen. Vereinzelt gaben Befragte in den Interviews an, diese nicht zu nutzen, da sie sich in diesen nicht wohlfühlten. Eine Gestaltung der Pausenräu- me unter Berücksichtigung der Wünsche des Personals kann daher bereits ein kleiner Schritt zur Unterstützung bei der Erholung sein. Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch hin- sichtlich des Copings können einen Lerneffekt erzeugen und Pflegenden bei der Stressbewältigung helfen. Vereinzelt gaben Befragte an, dass sie sich mehr Gesprächsmöglichkeiten nach stressigen Situationen wünschen würden. Befragte wünschen sich im Rahmen der Dienstzeit beispielsweise mehr Möglich- keiten zum Austausch mit anderen Beteiligten über das ge- meinsam Erlebte. Der soziale Austausch mit Kollegen war für die meisten Befragten eine der effektivsten Copingstrategien. Da Stressbewältigung sehr unterschiedlich verläuft, sollten die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht als universell wirkungsvoll angesehen werden. Eine möglichst effektive Stressprävention muss verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen mitberücksichtigen und diese den Bedürfnissen der Mitarbeiter anpassen. Eine Gestaltung von Maßnahmen, die sich an den identifizierten Bewältigungstypen orientiert, kann ein erster Schritt sein, unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen. Übertragbarkeit der Ergebnisse Die skizzierte Typologie stammt aus dem Pflegekontext und ist daher nur bedingt auf andere Branchen übertragbar. Das liegt insbesondere an der Vielzahl spezifischer Stressoren, die in Pflegeberufen teils kombiniert auftreten können (vgl. Lim/ Bogossian/Ahern, 2010). Trotzdem finden sich Analogien zu anderen Professionen, insbesondere zu anderen Berufen aus demGesundheitsbereich. Auch Ärzte und Sanitäter tragen eine Verantwortung für die Gesundheit und das Leben von anderen Menschen, was sehr belastend wirken kann. Parallelen finden sich auch zu Berufsgruppen, die ebenfalls einer hohen Ar- beitslast und damit verbundenem Zeitmangel ausgesetzt sind. Hierbei können der empfundene Druck, die fehlenden Rege- nerationsmöglichkeiten und die Enttäuschung über mögliche schlechte Qualität der eigenen Leistung zu Stressreaktionen führen. Dies kann sich noch verschärfen, wenn die Arbeit eine intensive Interaktion mit Menschen beinhaltet, diese aufgrund von Zeitmangel aber nur sehr sparsam ausfällt. Für Betroffene können ein schlechtes Gewissen oder negative Reaktionen der Interaktionspartner (z. B. in Form von Wut, Trauer oder Distan- zierung) die Folgen sein. Dies kann auf Berufe mit starkem Kundenkontakt zutref- fen, da die Erwartungen der Kunden nicht erfüllt werden kön- nen, es kann aber auch bei Führungskräften auftreten, die den Ansprüchen ihrer Mitarbeiter nicht gerecht werden. Be- fragte gaben an, dass sie ihren Beruf hinsichtlich Bezahlung und Anerkennung teilweise nicht als besonders wertgeschätzt empfinden. Auch hier finden sich z. T. Parallelen zu anderen Bereichen, wie z. B. zu Erziehern. Für Personalmanager oder Beschäftigte aus anderen Bereichen kann die Studie daher teilweise auch eine Grundlage bilden, um ihr betriebliches Ge- sundheitsmanagement an den identifizierten Unterschieden bei der Stressbewältigung auszurichten.
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