PERSONALquarterly 4/2019

38 SCHWERPUNKT _INTERVIEW PERSONALquarterly 04/19 beitende bisher schon in dem Programm vertreten. Vielleicht lässt sich naturgemäß ein kleiner Schwerpunkt in der Ent­ wicklung erkennen, aus diesem Bereich waren schon mehrere Mitarbeitende beim Smart Steel Pioneers Program dabei. Aber auch zwei Mitarbeitende aus HR haben schon an dem Pro­ gramm teilgenommen. PERSONALquarterly: Worauf achten Sie besonders bei der Auswahl der Teilnehmenden? Kerstin Dähne: Die Teilnehmendenauswahl ist natürlich entschei­ dend und gleichzeitig auch eine große Herausforderung für uns. Unsere Mitarbeitenden sind Teil eines Großkonzerns mit langer Tradition und vielen gewachsenen Strukturen, die sich auch über viele Jahre bewährt haben. Unsere Mitarbeitenden haben sich bewusst für unser Unternehmen und unsere Kultur entschieden. Kern des Smart Steel Pioneers Program ist es, sich aus die­ sen Strukturen für eine Zeit lang zu lösen und Dinge neu zu denken, ohne dass ein Kollege dazu direkt sagt: „Das haben wir schon immer so gemacht und deswegen kann eine neue Idee nicht funktionieren.“ Gleichzeitig ist die Kenntnis des Unter­ nehmens aber auch von Vorteil, um überhaupt die Relevanz und den adressierten Pain Point des Projekts einschätzen zu können. Dabei achten wir im Auswahlgespräch besonders auf ein „Unternehmer-Mindset“, schließlich tragen die Teilnehmenden Verantwortung für ihre Idee. Die Pioniere müssen für neue Arbeitsweisen und Methoden brennen, sie müssen Heraus­ forderungen neu denken wollen. Außerdem brauchen die Teil­ nehmenden natürlich auch ein Verständnis für Digitalisierung und müssen die Größe und die Zusammenhänge der Projekt­ idee verstehen. Programmierkenntnisse sind übrigens nicht notwendig. PERSONALquarterly: Bei der Auswahl der Teilnehmenden spielt sicher auch die individuelle Lebenssituation eine Rolle? Kerstin Dähne: Die meisten unserer Teilnehmenden sind in ihren Dreißigern. In dieser Zeit ist die Familienplanung oder ein Hauskauf natürlich für viele im Hintergrund präsent. Unse­ re Teilnehmenden haben diese Thematik aber bisher immer für sich und ihre Angehörigen individuell gelöst, sodass sich daraus bisher keine Herausforderungen aus unserer HR-Pers­ pektive ergeben haben. Die meisten Pioniere hatten die Frage der Vereinbarkeit des Pioneer-Programms und der individu­ ellen Lebenssituation schon vorher für sich beantwortet. Zur Erleichterung der Rahmenbedingungen, bspw. gerade bei klei­ neren Kindern, unterstützt Thyssenkrupp Steel Europe jeden einzelnen Pioneer, u. a. auch mit einem Reisebudget und einem Ausgleich des Verpflegungsmehraufwands. Wir haben auch eine Kooperation mit einemAnbieter für möblierte Apartments geschlossen und übernehmen Mietkosten. PERSONALquarterly: Können sich die Teilnehmenden selbst bewerben oder müssen sie von ihrer Führungskraft nominiert werden? Kerstin Dähne: Es ist beides möglich. Wir haben auf verschie­ denen Wegen intern das Smart Steel Pioneers Program bewor­ ben, waren auf verschiedenen internen Messen vertreten und haben auch Führungsgremien genutzt, um unser Programm bekannt zu machen. Interessierte Mitarbeitende können sich initiativ bewerben, dabei müssen sie aber selbst mit ihrem Vorgesetzten klären, ob sie für sechs Monate freigestellt wer­ den. Gleichzeitig können Führungskräfte eigene Mitarbeiten­ de für das Programm vorschlagen, da ist dann die Frage der Freistellung meist schon geklärt. Für die Vorgesetzten ist es natürlich auch interessant, Mitarbeitende in das Programm zu entsenden, schließlich kommen die Mitarbeitenden danach mit neuen Erfahrungen und Methoden zurück. Einen Mitar­ beitenden für ein halbes Jahr am Stück von seinem regulären Job freizustellen, ist natürlich nicht immer einfach. Die Lücke muss das restliche Team abfangen können. Bisher haben wir aber immer eine gute individuelle Lösung gefunden. PERSONALquarterly: Wie schaffen Sie es, eine Führungskraft zu überzeugen, einen Mitarbeitenden freizustellen? Kerstin Dähne: Für Führungskräfte ist das Programm eine tolle Möglichkeit, die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden in ganz vielfältiger Hinsicht weiterzuentwickeln. Wenn ein Mitarbei­ tender aus Berlin zurückkommt, habe ich jemanden, von dem ich weiß, dass er sechs Monate eigenverantwortlich ein Projekt vorantreiben kann, und der seine Skills immens erweitert hat. Die Mitarbeitenden sind durch die Erfahrungen in Berlin in der Regel selbstständiger, haben einen sehr viel breiteren Blick, auch durch die Zusammenarbeit mit dem internen Kunden, der das Projekt hinterher weitertreiben soll. Kundenorientierung, Social Skills und natürlich digitale Kompetenz und innovative Arbeitsmethodiken sind die wichtigsten Dinge, die unsere Pi­ oneers in Berlin lernen können. Die Zusammenarbeit im Team mit den anderen Pioneers stärkt darüber hinaus auch die Fä­ higkeit zum Teamwork. PERSONALquarterly: Wie sind die Erfahrungen der Teilnehmenden? Kerstin Dähne: Wir führen mit jedem Rückkehrer ein Gespräch und die Teilnehmenden äußern sich immer sehr positiv. Sie scheinen sehr zufrieden mit der eigenen Entwicklung zu sein, was wir auch aus der HR-Perspektive bestätigen können, bspw. was die Weiterentwicklung der Arbeitsweisen und Methoden bei den einzelnen Teilnehmenden betrifft. Wir erleben außer­ dem eine sehr intensive Alumni-Zusammenarbeit und ein gut gelebtes Netzwerk unter den ehemaligen und aktiven Pionie­ ren. Einigen Teilnehmenden fiel es ziemlich schwer, ihre Idee am Ende der Zeit abzugeben, aber das ist möglicherweise ja auch etwas Gutes.

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