PERSONALquarterly 4/2019
29 04/19 PERSONALquarterly (Selbstwirksamkeitserwartung), sind je nach gewählter Unter- nehmensstrategie entweder Erfolg versprechend oder sollten wiederum nicht oder nur gering ausgeprägt sein. So kann bei jungen Firmen (≤ 12 Jahre) bspw. bei hoher Innovationsfähig- keit des Unternehmens (Strategievariable) eine fehlende Pro- aktivität (ebenfalls Strategievariable) durch einen dominanten CEO (Personenmerkmal) kompensiert werden. Innovative äl- tere Unternehmen hingegen sind unter anderem auch dann erfolgreich, wenn einer geringen Risikoneigung und fehlenden Proaktivität auf Organisationsebene – und damit einer ver- meintlich ungünstigen strategischen Ausrichtung – ein domi- nanter und selbstüberzeugter CEO entgegensteht. Diese Befunde verdeutlichen das Zusammenspiel zwischen Strategie und Person. Unternehmerisches Handeln sollte stets abgestimmt auf aktuelle Bedingungen und in Antizipation künf- tiger Entwicklungen erfolgen. Doch den entscheidenden Faktor dafür, ob eine Strategie auch wirklich gelebt, umgesetzt und frühzeitig an Änderungen angepasst wird, bilden die Beschäf- tigten. Gelingt es dem Topmanagement nicht, das Unternehmen in seiner Kultur und seinen Prozessen auf die Unternehmens- strategie einzustellen, selbst Veränderungen zu unterstützen und die Strategie nachvollziehbar und motivierend zu vermit- teln, ist eine auf Innovation und Wachstum gerichtete Strate- gie von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Hier zeigt sich die Relevanz eines leistungsstarken und serviceorientierten HR-Bereichs. Obwohl sich die Entrepreneurship-Forschung vor- nehmlich mit Start-ups sowie kleinen und mittleren Unterneh- men (KMU) befasst, ist das Wissen über psychologische Treiber und förderliche Bedingungen für unternehmerisches Handeln auch auf größere und traditionelle Unternehmen übertragbar. Modernes HR kann den Wandel traditioneller und damit meist großer, stark hierarchisch aufgebauter, häufig träger und damit nicht auf aktuelle Entwicklungen abgestimmte Unternehmen zu agilen Firmen mit unternehmerisch denkenden und han- delnden Mitarbeitern unterstützen. Vom Arbeitnehmer zum Corporate Entrepreneur Unternehmerische Intention wird durch drei Faktoren bestimmt (vgl. Abb. 1). Erstens entscheidet die Bewertung unternehme- rischenDenkens undHandelns des Umfelds („Subjective Norms“) als Konsequenz ihres eigenen Verhaltens erlebt) und Selbst- wirksamkeit (Überzeugung einer Person, auch schwierige Situ- ationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können) aus. Zudem haben Unternehmer eine höhere Risikoneigung als Angestellte, welche jedoch durch ein hohes Verantwortungsgefühl der eigenen Firma und den Ange- stellten gegenüber begrenzt wird. Neuere Befunde zeigen den Einfluss von individuellen Kontextvariablen auf unternehme- rischen Erfolg auf. So scheint eine frühzeitige Identifizierung mit Unternehmertum (z. B. über das Elternhaus oder durch Rollenmodelle in Schule und Ausbildung) ebenso förderlich wie vorherige Arbeitserfahrungen, eine gute Vernetzung und eine innovationsfreundliche Kultur und Infrastruktur. Kern unternehmerischen Handelns ist die aktive Suche und Verwertung neuer Geschäftsmöglichkeiten („Opportunities“). Durch innovative Produkte, neuartige produktbegleitende Dienst- leistungen, neu gestaltete (interne wie externe) Prozesse oder Organisationsformen oder neu erschlossene Kundensegmente können sich Unternehmen gegenüber Mitbewerbern durchset- zen, wachsen und langfristig rentabel agieren. Die Entrepre- neurship-Forschung identifiziert in diesem Zusammenhang drei strategische Ziele: das Eingehen von Risiken, Innovationsfähig- keit und Proaktivität. Dieser Dreiklang – in der Forschung als unternehmerische Ausrichtung („Entrepreneurial Orientation“) bezeichnet – verschafft Organisationen die nötige Flexibilität, um sich schnell an kurzfristig veränderte Bedingungen anzupas- sen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Selbstverständlich ist jede strategische Entscheidung zum Scheitern verurteilt, wenn die Belegschaft oder gar das Top- management sie nicht mitträgt. Moderne Forschung zum Un- ternehmertum bezieht daher synchron strategische Faktoren auf oberster Organisationsebene sowie Personenmerkmale der Entscheider mit ein. Je nach strategischer Entscheidung imHin- blick auf die künftige Risikobereitschaft, Innovationspotenzial und proaktiven, das heißt vorausgeplanten und zielgerichteten Operations (Proaktivität), ist ein anderes Persönlichkeitsprofil der Unternehmensleitung Erfolg versprechend (Palmer/Nie- mand/Stöckmann/Kraus/Kailer, 2019). Psychologische Merk- male von CEOs, wie etwa deren Durchsetzungsfähigkeit und Überzeugung, auf künftige Situationen reagieren zu können ABSTRACT Forschungsfrage: Dieser Beitrag diskutiert, wie HR beim Wandel zu einer von unternehme- rischem Denken und Handeln geprägten Kultur wertschöpfend unterstützen kann und somit als interner Partner Change auf allen Ebenen begleitet. Methodik: Befunde aus der Entrepreneurship-Forschung werden auf Intrapreneurship über- tragen und die Balanced Scorecard der Eignungsdiagnostik vorgestellt. Praktische Implikationen: Relevante psychologische Merkmale für Intrapreneurship werden vorgestellt, Aspekte der Personalauswahl, -entwicklung und Führung diskutiert und Corporate Entrepreneurship kritisch reflektiert.
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