PERSONALquarterly 4/2019
28 PERSONALquarterly 04/19 SCHWERPUNKT _CORPORATE ENTREPRENEURSHIP E in Blick in ältere Personal(-psychologie)-Lehrbücher vermittelt den Eindruck, dass Arbeit vornehmlich der Erzielung von Erwerbseinkommen diene sowie eine Anstellung bestenfalls unbefristet sei und somit eine langfristige Planung des Arbeits- und häufig auch Lebensorts er- mögliche. Aktuelle Umfragen zeigen jedoch, dass Arbeitnehmer heutzutage weitaus mehr Anforderungen an Arbeitsplätze stel- len. Neben harten Faktoren, wie Gehalt oder Arbeitsplatzsicher- heit, tragen nunmehr auch weiche Aspekte zur Zufriedenheit mit der Berufsausübung bei. Einer Allensbach-Umfrage von 2017 zufolge (Allensbacher Archiv, 2017) gewinnen insbesondere so- ziale Faktoren an Bedeutung. So wünschen sich 74 % der 1.053 deutschsprachigen Befragten im Alter von 30 bis 59 Jahren eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist für 56 % (+8 % seit 2015) von Belang. Zudem gewinnt ein gutes Betriebsklima immer mehr an Bedeutung. Während im Jahr 2015 noch 84 % der Befragten nette Kollegen und Mitarbeiter als besonders wichtig für die Zufriedenheit mit dem Beruf erachteten, waren es 2017 bereits 89 %. Arbeitnehmer wünschen sich mehr denn je viel Kontakt zu anderen Menschen (58 %, +8 % seit 2015) und die Erbringung der Arbeitsleistung in Teamarbeit ist für 42 % (+9 % seit 2015) der Befragten besonders von Bedeutung. Zugleich steigt der Wunsch nach Sinnerleben im Beruf (43 %, +8 % seit 2015), und mehr als die Hälfte der Befragten möchte sich im Job weiterentwickeln können (59 %, + 3 % seit 2015). Doch nicht nur die Bedürfnisse der „mittleren Generation“ der Arbeitnehmer wandeln sich. Zugleich ändern gesellschaftliche, politische und technologische Entwicklungen die Anforderungen an Berufstätige. Dabei verändern Internationalisierung, Digita- lisierung und immer kürzere Produktlebenszyklen nicht nur die Waren- bzw. Dienstleistungs- sowie Arbeitsmärkte, sondern schaffen ganz neue Geschäftsmodelle (Kraus/Palmer/Kailer/ Kallinger/Spitzer, 2019) und Arbeitsformen. Unternehmen – und damit deren Beschäftigte – sind mehr denn je herausgefordert, agil und proaktiv auf externe Veränderungen zu reagieren. Un- ternehmerisches Denken und Handeln ist folglich nicht mehr länger Aufgabe auf C-Level, sondern wird zur Aufgabe für (na- hezu) jeden Mitarbeiter. Corporate Entrepreneurship zeigt sich hierbei sowohl in wirtschaftlicher Performance im Hinblick auf Zwischen Kicker und Micromanagement – Wie HR Intrapreneurship fördern kann Von Dr. Carolin Palmer (Justus-Liebig-Universität Gießen) und Dr. Olaf Ringelband (md Gesellschaft für Management-Diagnostik) Wachstumsziele als auch in organisatorischen Weiterentwick- lungen. Entsprechend setzen viele Unternehmen bereits auf moderne, flexible Arbeitsformen, häufig als „NewWork“ bezeich- net. Ein großer Treiber dieser Entwicklung ist das Aufkommen „agiler“ Arbeitsformen. Ursprünglich als neue Form der Zusam- menarbeit im IT-Bereich (Scrum) entstanden, finden heute agile Formen des Arbeitens Anwendung in vielen Unternehmensbe- reichen, auch jenseits klassischer Entwicklungsaufgaben. Agiles Arbeiten ist bestimmt durch ein hohes Maß an Autonomie der Mitarbeiter in kleinen Arbeitsgruppen, selbstdefinierten und kleinteiligen Zielen sowie einem hohen Maß an Zusammenarbeit und Kommunikation untereinander. Zwar kommt autonomes, selbstorganisiertes Arbeiten in spezialisierten Teams dem stei- genden Wunsch nach Teamarbeit, Kontakt zu Kollegen und per- sönlicher Weiterentwicklung entgegen, doch ist die Einführung einer Start-up-Kultur gerade in großen und traditionell eher kon- servativen Unternehmen noch ein weiter und oftmals holpriger Weg. HR kann hier als wertvoller (und wertschöpfender) Partner unterstützen und somit den Change auf allen Ebenen begleiten. Denn so verheißend Corporate Entrepreneurship klingt, so viele Herausforderungen sind bei der Aktivierung des unternehme- rischen Potenzials der Mitarbeiter zu meistern. Ein Blick in die Entrepreneurship-Forschung „Unternehmer schaffen Arbeitsplätze. Sie treiben und formen Innovationen und beschleunigen strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft. Indem sie neuen Wettbewerb einführen, tra- gen sie indirekt zur Produktivität bei. Unternehmertum ist somit ein Katalysator für Wirtschaftswachstum und nationale Wettbewerbsfähigkeit“ (Kelly/Bosma/Amorós, 2011, p. 5; ei- gene Übersetzung). Dieser Definition folgend beschäftigt sich die Entrepreneurship-Forschung einerseits mit Geschäftsmo- dellen sowie Gründungs-, Wettbewerbs- und Wachstumsstra- tegien und untersucht andererseits psychologische Treiber von Unternehmern. Auf der Suche nach einem prototypischen Persönlichkeitsprofil erfolgreicher Unternehmer wurden be- reits wesentliche Eigenschaften identifiziert. So zeichnen sich Unternehmer durch hohe Ausprägungen im Leistungsmotiv, in der Kontrollüberzeugung (Ausmaß, in dem eine Person uberzeugt ist, Ereignisse kontrollieren zu konnen und diese
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