PERSONALquarterly 4/2019

17 04/19 PERSONALquarterly Agile Managementansätze und Ambidextrie Neben dem Rückgriff auf agile Managementansätze unter­ streicht CE die Durchführung von Innovationsprojekten, ohne das Tagesgeschäft zu vernachlässigen. In der Literatur wird dieses Phänomen unter dem Stichwort Ambidextrie behan- delt (Birkinshaw/Gibson, 2004). Die Ambidextrie greift auf die Metapher der Beidhändigkeit zurück. Somit sollten Inno- vationsprojekte (linke Hand) und Tagesgeschäft (rechte Hand) mit der gleichen Geschicklichkeit ausgeführt werden können und optimal austariert sein (Birkinshaw/Gibson, 2004). Die- ser Anspruch führt in der Praxis zu Herausforderungen für die Unternehmensführung und HR, denn hierzu bedarf es der dynamischen Anpassung finanzieller sowie personeller Ressourcen. Somit sind das Bekenntnis der Geschäftsführung sowie entsprechende Richtlinien notwendig, um potenzielle Ressourcenengpässe zu vermeiden und die benötigte Balance zwischen Tagesgeschäft und Innovationsprojekten kontinuier- lich aufrechtzuerhalten. Ein aktuelles Beispiel für eine CE-bezogene Institutionalisie- rung von unternehmerischen Prozessen und Strukturen ist die Bank ING. Die ING wird mit einer zunehmenden Konkurrenz­ situation neuer Start-ups konfrontiert. Diese Start-ups bedienen Kundenanforderungen mit einer erhöhten Geschwindigkeit, agieren äußerst effizient und nehmen etablierten Banken si- gnifikante Marktanteile ab. Die ING versucht dieser Umbruch- situation zu begegnen, indem Mitarbeiter unternehmerischer handeln (Willenbrock, 2018). Ziel ist es, aufgrund von Kunden- feedback zügige Anpassungen in der Produktentwicklung vor- zunehmen sowie den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, in kleinen Projektteams unternehmerisch orientierte Rollen einzunehmen. Diese Maßnahmen sollen Arbeitsgeschwin- digkeit, Kommunikationswege und Entscheidungsfindungen vereinfachen und somit das Unternehmenswachstum fördern. Doch nicht nur der Finanzsektor steht unter großem Hand- lungsdruck. Etablierte Branchen mit großem Marktvolumen, wie bspw. der Automobilsektor und der Versicherungssektor, stehen im direktenWettbewerb mit Start-ups. Start-ups können durch den Rückgriff auf digitale Technologien neue und kos­ tengünstige Angebote offerieren und somit fast jede Branche tief greifend verändern. lich zwei Quellen entstammen. Entweder das Wissen und die Kompetenzen werden extern durch Akquisitionen erworben oder die Innovation entspringt der Initiative Unternehmens- angehöriger. Als relevante Infrastrukturfunktion kommt HR insbesondere im Hinblick auf die eigenständige Innovations- entwicklung und -umsetzung eine zentrale Rolle zu. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, Neuerungen und Anpassungen der Unternehmenskultur, arbeitsvertraglicher Regelungen so- wie Karrierepfade durch HR zu etablieren, um die Innovations- affinität der Belegschaft zu steigern. Bezugnehmend auf den Ansatzpunkt wird in der Folge ein auf aktuellen Erkenntnissen basierender idealtypischer Pro- zess zur Förderung von Innovationen in großen und mittel- großen Unternehmen vorgestellt. Das Konzept des CE sowie relevante Prozessschritte bieten einen praxisnahen Orientie- rungsrahmen, um sowohl die Innovationsfreundlichkeit des Arbeitsumfelds zu steigern als auch Mitarbeiter für die Initi- ierung von Innovationsmaßnahmen zu ermutigen. Aufgrund der Vielzahl der personalpolitischen und arbeitsrechtlichen Anknüpfungspunkte enthält dieser Artikel konkrete Hand- lungsempfehlungen für HR. Ziel und Umsetzung von Corporate Entrepreneurship Ziel von CE ist der Aufbau neuer Organisationseinheiten inner- halb und außerhalb bestehender Unternehmen durch Mitarbei- ter, die in diesen Organisationseinheiten unternehmerisches Denken und Handeln in die Praxis umsetzen (Sharma/Chris- man, 1999). Mithilfe von CE überwinden Unternehmen organi- satorische Trägheit und bürokratische Tendenzen. Die intendierte zügige und autonome Umsetzung der Inno- vationsmaßnahmen erfordert allerdings neuartige Manage- mentansätze, die bislang nur begrenzt Anwendung finden. In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Erweiterung klassischer Projektmanagementansätze um sog. agile Manage- mentansätze wie Design Thinking (konsequente Orientierung amKundennutzen), Lean Startup (iteratives Lernen durch Kun- dentests mit Minimal Viable Products), und Scrum (Zusam- menarbeit in neuen Arbeitsrollen und zeitlich ambitionierten Arbeitszyklen) intensiv in der Literatur und Praxis diskutiert (Kuratko/Morris, 2018; Petry, 2018). ABSTRACT Forschungsfrage: Wie können Innovationsmaßnahmen in Unternehmen durch Unterstüt­ zung von HR gefördert werden? Methodik: Auf Basis eines konzeptionellen Vorgehens wird ein idealtypischer Innovations­ prozess eingeführt, der auf Erfahrungen der angewandten Innovationsforschung fußt. Praktische Implikationen: Der Innovationsprozess zur agilen Entwicklung von neuen Geschäftsmöglichkeiten in Unternehmen durch Corporate Entrepreneurship (CE) wird umfassend beschrieben. In diesem Zusammenhang wird gezeigt, welche Chancen CE für HR bietet und wie CE den Innovationsprozess anhand praktischer Handlungsempfehlungen proaktiv gestalten kann.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==