PERSONALquarterly 4/2019

16 PERSONALquarterly 04/19 SCHWERPUNKT _CORPORATE ENTREPRENEURSHIP U nternehmen befinden sich derzeit in einer Pha- se erheblichen technologischen Wandels, der mit Schlagworten wie Automatisierung und Disrup- tion beschrieben wird (Kuratko/Morris, 2018). Diese Veränderungen in Verbindung mit einem Wandel des gesellschaftlichen Wertesystems – bspw. einem zunehmenden Klimabewusstsein – können zu erheblichem Anpassungs- druck für bestehende Unternehmen und Geschäftsmodelle führen. Bspw. befindet sich der Automobilsektor vor Heraus- forderungen, da erprobte Antriebskonzepte klimafreundlichen Lösungen weichen sollen. Diese Änderungen senken Marktein- trittsbarrieren und ermöglichen es Branchenfremden, ein- facher und schneller in bestehende Märkte einzutreten und mit Etablierten um Marktanteile zu konkurrieren (O’Reilly/Binns, 2019). Allerdings eröffnen diese Veränderungen auch neue Markt- und Wachstumschancen. Trends wie Digitalisierung, Industrie 4.0 und künstliche Intelligenz ermöglichen neue Absatzchancen, führen jedoch auch zu beschleunigten Inno- vationszyklen, verkürzten Halbwertzeiten für Produkte und einer verändertenWettbewerbssituation. Diese Entwicklungen stellen Unternehmen vor die Herausforderung, Innovationen und neue Geschäftsmodelle zu forcieren, um aktuelle Trends erfolgreich für sich zu nutzen. Offen ist allerdings die Heran- gehensweise, wie diese Innovationen in der Praxis entwickelt und umgesetzt werden sollen. Ansatzpunkte für Unternehmensinnovationen Basierend auf Erkenntnissen von „TecUP“, dem Transfer- und Existenzgründungscenter der Universität Paderborn, wurden zwei Ansatzpunkte identifiziert, die wesentlich für die erfolgreiche Gestaltung von Unternehmensinnovationen sind. Erstens die Schaffung eines innovationsfreundlichen Arbeitsumfelds und zweitens die Motivation der Belegschaft, Innovationen zu verfolgen. Der erste Ansatzpunkt, die Schaffung eines innovations- freundlichen Arbeitsumfelds, findet insbesondere im Start-up- Sektor erfolgreich Anwendung. Start-ups sind aufgrund flacher Hierarchien und knapper Ressourcen flexibel organisiert und agieren schnell. Etablierten Unternehmen fehlt es hingegen an Strukturen und Prozessen, sodass die Belegschaft unter- Neue Marktchancen durch prozessorientiertes Corporate Entrepreneurship Von Slawa Tomin, Dr. Bernhard Wach und Dr. Lars Achterberg (Universität Paderborn) nehmerisch tätig werden kann (Engelen/Engelen/Bachmann, 2014). Ein geeignetes Mittel, das etablierten Organisationen dazu dient, diese Nachteile auszugleichen und notwendige Strukturen und Prozesse zu implementieren, ist Corporate Entrepreneurship (CE), zu deutsch „Unternehmertum im Un- ternehmen“. CE bezeichnet „... sämtliches unternehmerisches (das heißt proaktives, innovatives und risikoaffines) Verhalten von und in etablierten Unternehmen und Organisationen“ (Ku- ckertz, 2017: 4). Auf organisatorischer Ebene wird dieses Ver- halten durch Prozesse und Strukturen in Form systematischer Innovationsmaßnahmen institutionalisiert. In diesem Kontext werden Innovationsmaßnahmen als jene Maßnahmen begrif- fen, die darauf abzielen, neue Produkte, Dienstleistungen, Pro- zesse und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Studien zeigen, dass etablierte Unternehmen durch CE in Verbindung mit einem strukturierten Innovationsprozess effektiver auf Um- weltveränderungen reagieren können, Wettbewerbsvorteile realisieren und im Ergebnis Unternehmenserfolg und Wachs- tum steigern (Bierwerth/Schwens/Isidor/Kabst, 2015; Dess et al., 2003). Somit ermöglicht CE, das bestehende Geschäft zu revitalisieren und zeitgleich neue Marktchancen durch Inno- vationsmaßnahmen zu realisieren (Zahra, 1991). Sowohl aus organisations- als auch aus mitarbeiterbezo- gener Perspektive sind Innovationsmaßnahmen allerdings nur bedingt mit dem operativen Tagesgeschäft vereinbar. Das operative Tagesgeschäft wird durch den traditionellen Manage- mentansatz von Analyse – Planung – Umsetzung bestimmt. Die- ser Managementansatz ist effektiv in Situationen mit geringer Unsicherheit, stößt jedoch bei dynamischen und komplexen Um- weltbedingungen – dort, wo Innovationsmaßnahmen anknüpfen – an seine Grenzen. Unternehmen stehen somit vor der Heraus- forderung, eine Balance zwischen Innovationsmaßnahmen und operativem Tagesgeschäft zu wählen, ohne die Organisation und die Mitarbeiter zu überfordern. Im Rahmen dieses Steuerungs- prozesses ergeben sich unmittelbar Aufgaben für HR, um CE arbeitsrechtlich und weiterbildungsbezogen zu flankieren. Der zweite Ansatzpunkt hinsichtlich der erfolgreichen Ge- staltung von Innovationen ist die Motivation der Belegschaft, sich abseits einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit Innovationen zu befassen. Innovationen können grundsätz-

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