Immobilienwirtschaft 1/2024

98 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Verwaltung & Vermarktung Immobilienwertermittlung eine schnelle Bewertung von Immobilien mit „wenigen Klicks“ im Internet versprechen oder bei denen umfangreiche Angaben zur Immobilie abgefragt werden und daraus vermeintlich „sehr genau“ ein Marktwert ermittelt wird, als fragwürdig und gehören eher in die Kategorie „billig gemachte Werbung“. Andernorts sind sie jedoch durchaus seriös. Woran erkennt man den Unterschied? Können Fragen wie: • Wird definiert, um welche Art des angegebenen Wertes es sich handelt, wofür er verwendbar oder nicht verwendbar ist? • Gibt es Angaben über die hinter dem Wert liegenden Daten? • Gibt es Aussagen zur Genauigkeit des ausgegebenen Wertes? mit Ja beantwortet werden und sind die Angaben hinreichend, um die Art und die Qualität des ausgegebenen Wertes zu beurteilen, dann handelt es sich um eine seriöse Auskunft. DIE SACHE MIT DEM IMMOBILIENWERT Wenn vom „Immobilienwert“ die Rede ist, ist damit regelmäßig nicht der Wert der Immobilie für eine Privatperson gemeint und auch nicht der Preis. Vielmehr handelt es sich um einen fiktiven 1 DATENGRUNDLAGE Für ein zuverlässiges KI-Modell ist das Vorhandensein qualitativ und quantitativ geeigneter Trainingsdaten unabdingbar Wert, der dem zu erwartenden Preis möglichst nahe kommt. Dieser „Erwartungswert“ ergibt sich aus bestimmten Wertermittlungsverfahren oder aus einer Vielzahl von theoretisch möglichen Preisen für diese Immobilie, ist hier also ein statistischer Schätzwert. Das klingt plausibel; erinnert es doch daran, dass der tägliche Einkauf von einem ständigen Preisvergleich begleitet ist. Immobilien weichen jedoch von Butter, Laptops oder Autos ab: Sie sind Unikate, und der Kauf einer Immobilie ist eine Investition mit langer, oft lebenslanger Laufzeit. Das macht die Wertermittlung komplex und zu einer verantwortungsvollen Aufgabe. Die alleinige Unterscheidung zwischen Wert und Preis greift bei der Betrachtung der Gesamtproblematik jedoch noch zu kurz. Es kommt auch darauf an, welchem Zweck der zu ermittelnde Wert dient. Hierzu gibt es in Deutschland eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen. So gibt es Begriffe wie „Marktwert“, „Verkehrswert“, „Steuerwert“, „Beleihungswert“, „Brandversicherungswert“ und viele andere. Der in vielen Fällen gemeinte, aber nicht immer ermittelte Wert ist der so genannte „Verkehrswert“. Er hat seine normative Definition in § 194 Baugesetzbuch (BauGB) und entspricht einem fiktiven Wert, der sich auf einen bestimmten Zeitpunkt bezieht und den so genannten gewöhnlichen Geschäftsverkehr voraussetzt. Es handelt sich also um den wahrscheinlichsten Preis, den ein Grundstück zu einem bestimmten Stichtag unter „normalen Umständen“ erzielen würde. Eine weitere wesentliche Norm für die Ermittlung von Grundstückswerten ist das Bewertungsgesetz (BewG). Es regelt die Grundsätze der Wertermittlung von Grundstücken für Zwecke der Besteuerung; der Wert ist der so genannte „Steuer- oder Besteuerungswert“. Besonders bedeutsam ist auch das Pfandbriefgesetz (PfandBG) und auf dessen Grundlage die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWerV). Die auf dieser Grundlage ermittelten Werte werden als „Beleihungswerte“ bezeichnet. Sie sind Grundlage für die Ermittlung von Werten zur Besicherung von Beleihungsobjekten. Damit wird deutlich, dass die Ermittlung von Grundstückswerten ein weites Feld ist mit vielen Unebenheiten. Wichtig ist, welchem Zweck der ermittelte Wert dienen soll und welche Grundlagen der Wertermittlung zugrunde liegen. Es geht um die Transparenz der Wertermittlung. DEEP FAKES Im Zusammenhang mit dem Begriff der KI steht die aktuelle Diskussion zu „Deep Fakes“. Mit diesem Begriff werden Inhalte bezeichnet, die real erscheinen, aber mit der Realität nichts zu tun haben. So wie der Papst KI-generiert in einer Designer-Daunenjacke im Internet erscheint, können auch KI-generierte Immobilienwerte nichts mit realen Preisen zu tun haben, sondern nur den Eindruck erwecken, sie hätten dies. Die Gefahren solcher „Fakes“ liegen auf der Hand: Sie führen zu Unsicherheiten, falschen und gefährlichen Entscheidungen und untergraben das Vertrauen; es fehlt die Transparenz über die Entstehung dieser Nachrichten und Bilder. In Deutschland hat die Einhaltung normierter Wertermittlungsstandards eine lange 1

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