95 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Frau Schultheis, haben Sie Erfahrungen mit modularer Verwaltung gemacht? Ja. Ich erlebe es schon, dass etwa den kaufmännischen Teil der Immobilienverwaltung sowie die Einberufung und Durchführung einer Eigentümerversammlung der Verwalter macht. Nicht aber das tagtägliche Kümmern vor Ort, wenn es etwa darum geht, ob der Hausmeister kommt oder nicht, ob Schnee geräumt wird oder nicht. Das kann dann durchaus in der Eigentümergemeinschaft gemanagt werden. Gibt es dann Rahmenverträge? Das kann man so gestalten. Es wird aber seitens der Eigentümer keine monatliche Leistung fällig, sondern die Vergütung richtet sich nach dem tatsächlichen Arbeitseinsatz. Eine Abrechnung der Verwaltertätigkeit ist auch nur nach Stundenaufwand möglich. Und die Softwareprogramme? Viele herkömmliche Programme können modulare Verwaltung. Es kommen jetzt auch einige neue Programme auf den Markt, die von vornherein für modulare Immobilienverwaltung konzipiert worden sind. Wir selbst arbeiten mit einem Programm, das modulare Möglichkeiten der Verwaltung mitgedacht hat. Das Programm heißt Scalara, die 360-Grad-Lösung. Nach der Digitalisierung kommt dann übrigens die Automatisierung der Prozesse. Welcher Prozesse denn? Das Automatisieren der Buchhaltung zum Beispiel steht am Anfang, damit man nur noch die Spezialfälle bearbeitet, aber den Standard eben nicht mehr. Ich vergleiche das manchmal damit, wie das in der Reisebranche passiert ist. Dort war es ja so, dass früher immer alle ins Reisebüro gelaufen sind, um eine Flugreise oder irgendwas zu buchen. Heute macht man das nur noch, wenn man etwas Spezielles braucht, eine Afrikareise zum Beispiel. Die Kunden können also Module buchen. Inwieweit findet sich das modulare Arbeiten auch in den Verwaltungsbetrieben wieder? Wenn ich mal auf meine Tätigkeit schaue: Am Anfang habe ich alles gemacht, die Buchhaltung, mit dem Kunden kommuniziert, Sanierungen. Dann fing es schon an, dass Buchhaltung eine eigene Abteilung bekam. Es kamen Programme dazu, die wurden komplex. Nicht jeder konnte mit ihnen arbeiten. Das war der erste Teil der Verwaltung, der sich abgespalten hat. Dann kam bei größeren Verwaltungsgesellschaften ganz schnell das Thema Technik auf, die wurde immer komplexer, sodass ein Objektbetreuer das nicht mehr alleine beherrschen konnte. Das heißt, auch Mitarbeitende spezialisieren sich? Nur wenige, die bei uns die Ausbildung machen, bleiben am Ende in der WEG-Verwaltung. Vielleicht einer von zehn Azubis. Also haben wir angefangen, die Objektbetreuung zu teilen. Das hat sich sehr stark entwickelt durch das Vorgangsmanagement. Wenn Mitarbeitende, die vielleicht nicht die perfekt ausgebildeten Immobilienkaufleute sind, auf einen Vorgang zugreifen können, dann können sie den auch bearbeiten. Die können dann vielleicht nicht die letzte Frage in der Teilungserklärung beantworten, aber sie können etwa Reparaturen, Heizungsausfall etc. relativ gut bearbeiten, weil sie die technische Unterstützung haben. Die tiefergehende Arbeitsteilung führt zu weniger qualifizierten, aber spezialisierten Arbeitsplätzen, dies macht es für Quereinsteiger einfacher. Doch wird auch unsere Branche in Zukunft viele Aufgaben durch KI-Lösungen wegrationalisieren. Spannend ist z.B., dass unsere Software heute schon mit einem KI-gesteuerten Hilfe- und Wissenscenter arbeitet, das erschreckend gut ist. Wenn ich modular verwalten will, was ist dann wichtig in der Kommunikation? Ich denke, das Wichtigste ist, dass man klare Verträge macht und so den Eigentümerinnen und Eigentümern von Anfang an auch klare Grenzen setzt. Es gibt dann eben nicht mehr den Kümmerer, der alles für die Eigentümer tut. Man braucht eine sehr klare Struktur, die man aufbaut. ASTRID SCHULTHEIS ist Geschäftsführerin der Focus GmbH in Brühl bei Köln MODULARES DENKEN WIRD STÄRKER Es könnte ein bisschen so werden wie bei der Autoproduktion: Spezialisten beackern ihr Gebiet. Das erleichtert Quereinstiege. Digitalisierung hilft. I N T E R V I E W ASTRID SCHULTHEIS Hier geht es direkt zum Podcast
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