Immobilienwirtschaft 1/2024

80 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Regionreport Berlin Immobilienmarkt auf die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Sie dürfen laut der neuen, im September 2023 unterzeichneten Kooperationsvereinbarung mit dem Land Berlin im freifinanzierten Neubau eine Miete von durchschnittlich 15 Euro pro Quadratmeter verlangen, während mindestens 50 Prozent der Wohnfläche öffentlich gefördert sein muss. Zu den großen Projekten der landeseigenen Gesellschaften zählt das Quartier der Vielfalt in Altglienicke, wo die Degewo gut 500 Wohneinheiten errichtet. Auch der Bund ist aktiv: In der Cité Foch im Bezirk Reinickendorf baut die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) 600 Wohnungen vorrangig für Bundesbedienstete. Doch diese und andere Projekte reichen nicht, um den Bedarf zu decken. Carsten Jung, der Vorstandsvorsitzende der Berliner Volksbank, sieht es deshalb mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen „zunehmend kritisch, dass wir im Wohnungsbau nicht vorankommen“. Tatsächlich stehen Unternehmen, die expandieren oder sich in Berlin ansiedeln wollen, vor der immer drängenderen Frage, wo denn ihre Mitarbeitenden wohnen sollen. „Die erste Frage unserer Büromieter ist, wo man Wohnungen findet“, bestätigt 1 BEHRENSUFER Nicht alle Projekte sind auf Eis gelegt: 235.000 Quadratmeter Fläche für gewerbliche Nutzungen sind im Projekt BehrensUfer geplant 2 BOHNS- DORFER WEG Im Quartier der Vielfalt in Altglienicke errichtet die Degewo gut 500 Wohnungen Stefan Klingsöhr, geschäftsführender Gesellschafter der Klingsöhr Unternehmensgruppe. BÜROFLÄCHENUMSATZ MINUS 30 PROZENT Dabei ist die Nachfrage nach Büroflächen ohnehin schon massiv zurückgegangen. Auf nur noch etwa 530.000 Quadratmeter beziffern die großen Maklerhäuser den Flächenumsatz im Jahr 2023, was einem Einbruch um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Wie brutal der Markt umgeschlagen hat, zeigt ein Blick zurück: Vor einem Jahr hatte Anja Schuhmann, die Leiterin der Berliner Niederlassung von JLL, im Interview mit der „Immobilienwirtschaft“ die Erwartung geäußert, dass 2023 ungefähr das Ergebnis von 2022 (765.000 Quadratmeter) erreicht werde. Auch der Anstieg der Mieten scheint an sein Ende gekommen zu sein. Zwar berichten die Maklerhäuser im Bereich der Spitzenmiete teilweise noch von einem leichten Anstieg; die Durchschnittsmiete ist aber laut BNP Paribas Real Estate im vergangenen Jahr um zwei Prozent gesunken. Nicht weniger einschneidend ist der Rückgang auf dem Investmentmarkt. Ein Transaktionsvolumen von ungefähr drei Milliarden Euro für gewerbliche Immobilien bedeutet einen Rückgang um fast zwei Drittel im Jahresvergleich. Wie überall in Deutschland sind zudem auf breiter Front die Preise gesunken und die Renditen entsprechend gestiegen. Besonders deutlich ist die Veränderung im Bürosegment, wo mittlerweile laut Colliers wieder eine Spitzen-Ankaufsrendite von fast fünf Prozent möglich ist. MUTIGE INVESTOREN SEHEN CHANCEN Die Gemengelage aus zurückgegangenen Preisen für Immobilien und Grundstücke, gestiegenen Renditen und tendenziell sinkenden Zinsen sorgt dafür, dass sich bei manchen Marktteilnehmern ein vorsichtiger Optimismus durchsetzt. Das Jahr 2024 sei das „Jahr der Chancen“, sagt Ingo Weiß, Managing Partner der Driven Investment GmbH, wobei er mit einer weiteren „Bereinigung“ auf dem Projektentwicklermarkt rechnet. Ulf Buhlemann, Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin, sieht das ähnlich. „Insbesondere im Bereich insolventer Projektentwickler sehen wir erste Verkäufe von ,distressed assets‘, was im Verlauf der nächsten Mo30 Die Nachfrage nach Büroflächen ist im Jahr 2023 um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. 1

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==