79 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Regionreport Berlin Immobilienmarkt Um die Zeichen der Krise zu erkennen, muss man nur mit offenen Augen durch die Stadt gehen. In der Nähe des Ostbahnhofs trifft man auf die Wohntürme Upside Berlin (ehemals Max und Moritz), die kurz vor ihrer Fertigstellung von einem Baustopp betroffen sind – die Projektgesellschaft des türkischen Entwicklers Mikare ist insolvent. Am Alexanderplatz tut sich bei dem seit Jahren geplanten Hochhaus des Developers Monarch weiterhin nichts. In der City-West erinnern wenige Meter voneinander entfernt zwei gestoppte Projekte – der Umbau des ehemaligen Hotels Ellington und der Neubau P1 anstelle eines früheren Parkhauses – an den Zusammenbruch des Immobilienkonzerns Signa. Und alles überragt die Bauruine des Steglitzer Kreisels, eines einstigen Bürohochhauses, in dem die Adler Group mit ihrer Gesellschaft Consus Real Estate eigentlich Wohnungen schaffen wollte. WOHNUNGSBAU BRICHT EIN Von „zahlreichen Baustopps aufgrund von Insolvenzen oder nicht gesicherten Finanzierungen“ spricht Jirka Stachen, Head of Research Consulting Continental Europe bei CBRE. Besonders dramatisch ist die Situation im Wohnungsbau, wo laut CBRE in den nächsten Jahren ein deutlicher Rückgang der Fertigstellungszahlen zu erwarten ist. Schon 2022 waren in Berlin nur rund 17.300 Wohnungen fertiggestellt worden und damit deutlich weniger als die 20.000 Einheiten, die der Berliner Senat als jährliches Marktes abdeckt, da günstigere Wohnungen in aller Regel nicht in den Immobilienportalen inseriert werden, sondern aufgrund einer Warteliste oder unter der Hand vergeben werden. WOHNUNGSMANGEL BREMST WIRTSCHAFT Noch deutlich höher sind die Mieten im Neubau. Für die 537 Wohnungen im Projekt Smyles beispielsweise – einem Teil des Neubauquartiers Friedenauer Höhe im Stadtteil Schöneberg – ruft die mit der Vermarktung beauftragte Strategis AG eine Kaltmiete zwischen 20 und 30 Euro pro Quadratmeter auf. Obwohl die Wohnungen auf der einen Seite direkt an die Stadtautobahn grenzen, sind laut der im Internet einsehbaren Vermietungsliste bereits Monate vor Fertigstellung diverse Einheiten reserviert. Bei der Erweiterung des Angebots für Haushalte mit weniger prall gefülltem Geldbeutel richten sich die Blicke in erster Linie Stopp von Projektentwicklungen, Einbruch des Transaktionsvolumens, weitere Verschärfung der Wohnungsknappheit: 2023 war wahrlich kein gutes Jahr für den BERLINER IMMOBILIENMARKT. Jetzt aber ergreifen erste Projektentwickler und Investoren die Chancen, die sich aus den veränderten Marktbedingungen ergeben. Neubauziel ausgerufen hat. Die Zahl der im Jahr 2023 fertiggestellten Einheiten schätzt der Berliner Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler auf 16.000, und die Aussichten sind noch düsterer: Von Januar bis November 2023 genehmigten die Behörden die Errichtung von nur noch 14.200 Wohnungen, was einem Rückgang um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Gleichzeitig steigt die Einwohnerzahl der deutschen Hauptstadt weiter, wenn auch nicht mehr so schnell wie 2022. Mitte 2023 lebten 3,77 Millionen Menschen in Berlin und damit 0,4 Prozent mehr als ein halbes Jahr zuvor. Was das bedeutet, erkennt man an den immer zahlreicheren verzweifelten Wohnungsgesuchen, die an Laternenpfählen hängen, und an den weiter steigenden Mieten. Mitte 2023 bezifferte JLL die Medianmiete der am Markt angebotenen Wohnungen auf 17,50 Euro pro Quadratmeter – wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass dieser Wert nur einen Teil des „INSBESONDERE IM BEREICH INSOLVENTER PROJEKTENTWICKLER SEHEN WIR ERSTE VERKÄUFE VON ,DISTRESSED ASSETS‘, WAS IM VERLAUF DER NÄCHSTEN MONATE NOCH ZUNEHMEN WIRD.“ Ulf Buhlemann, Head of Capital Markets Colliers, Berlin U
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