Immobilienwirtschaft 1/2024

70 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Schwerpunkt MIPIM 2024 wickelte das Unternehmen Anfang 2003 ein innovatives HR-Tool: das Rückfahrticket. Die Aktion stieß auf sehr große Resonanz. „Inzwischen haben wir es auch in der Schweiz und anderen Ländern ausgerollt“, freut sich Lenz über den Erfolg. „Über unser eigenes Brandportal können die Führungskräfte das Ticket einfach herunterladen und personalisieren.“ Die Idee dahinter sei ganz einfach, erklärt die Personalexpertin. „Die Kündigungsgründe haben oft nichts mit der Kultur, dem Team, den Aufgaben oder dem Vorgesetzten zu tun. Manchmal ergibt sich einfach eine Opportunität, die man gerne nutzen möchte. Als Arbeitgeber kann ich enttäuscht oder gar beleidigt sein, oder ich wünsche dem Mitarbeiter alles Gute und eine neue, tolle Herausforderung“, so Lenz weiter. OFFBOARDING: ONE WAY ODER RETURN TICKET? Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden dann aber auch die Erfahrung machen, dass das Gras woanders auch nicht grüner sei, und lernten erst etwas zu schätzen, wenn sie es nicht mehr hätten. In Zeiten von Fachkräftemangel sei das „Return Ticket“ eine schöne Maßnahme im Offboarding, aber auch im Kontext Bindung über den Exit hinaus. Voraussetzung sei allerdings eine Trennung auf Augenhöhe. Und so gibt es auch Einschränkungen. „Das Ticket bekommt nicht jeder Mitarbeiter, der kündigt. Es ist schon davon abhängig, wie der Exitprozess läuft“, betont Lenz. Denn es gebe ja durchaus auch Mitarbeitende, die kündigen und sich dann sofort ohne Übergabe krankmelden. Andere hingegen würden bis zum letzten Tag durcharbeiten, seien motiviert und würden ihre Aufgaben und Themen perfekt übergeben. Lenz sieht in dem Rückfahrticket daher keine Breitenwirkung, sondern eher ein Instrument mit einem sehr individuellen Charakter. Es sei aber nicht abhängig von bestimmten Rollen, denn den Fachkräftemangel habe man im Grunde ja in allen Jobs. Sie hält auch die These, dass Mitarbeitende wegen Vorgesetzten kündigen, für überholt. Das gelte besonders für die Generationen Y und Z, denn diese seien einfach mobiler am Arbeitsmarkt unterwegs und weniger „loyal“ einem einzelnen Unternehmen gegenüber. Sie würden sich noch ausprobieren wollen und gingen dorthin, wo sie das (vermeintlich) beste Angebot bekämen. „Das hat nicht immer was mit der Führungskraft zu tun“, betont Lenz. Man dürfe Kündigungen nicht persönlich nehmen oder gar beleidigt sein, das sei heute einfach nicht mehr zeitgemäß, so ihr Tipp. Insgesamt, so die HR-Expertin weiter, seien die Reaktionen der Mitarbeitenden auf die Aktion ausschließlich positiv. „Für die, die das Ticket erhalten, ist das eine klare Botschaft der Wertschätzung und gibt natürlich auch etwas Sicherheit, sollte es im neuen Job nicht funktionieren.“ Für die scheidenden Fachkräfte vermittle auch das haptische Element Sicherheit, sie halten ja etwas in den Händen und so sei die Hürde für eine Rückkehr geringer, falls es beim neuen Unternehmen doch nicht klappt. Damit eine Rückkehr gelingt, muss aber auch eine Stelle frei sein, betont Lenz. Sollte nicht die gleiche Position frei sein, werde auch etwas Flexibilität erwartet. Daher ihre Empfehlung an andere Unternehmen: das Rückfahrticket einfach mal als Aktion ausprobieren. Allein die positiven Reaktionen der Mitarbeitenden würden sich lohnen. Das Zurück zu Altbewährtem sollte jedoch nicht unreflektiert geschehen. Für Leni Bolt, Work-Life-Expertin, ist es bei einer Rückkehr zum alten Arbeitgeber entscheidend, sich als Rückkehrende gut zu überlegen, worin die Gründe für die Kündigung gelegen hätten. Lag es an der Unternehmenskultur, dem Management oder den Aufgaben? Wichtig sei daher, sich noch einmal vor Augen zu führen, warum man gegangen ist und was sich ändern müsste, damit man zurückkehren könne. „Am wenigsten wahrscheinlich ist eine Rückkehr, wenn die Mitarbeitenden sich ausgebrannt, unterschätzt oder unterbezahlt fühlen“, sagt Jamie Kohn, Senior Research Director im Bereich Human Resources beim Marktforschungsanbieter Gartner. DAMIT AUS DER RÜCKFAHRT KEINE SACKGASSE WIRD Die Vorteile von Bumerang-Hiring aus Unternehmenssicht liegen klar auf der Hand: Es spart Zeit und Geld. Die normalerweise mehrstufigen Recruiting- und Auswahlprozesse sowie das Onboarding fallen deutlich kürzer aus. „Oft wird man für seinen Arbeitgeber wertvoller, wenn man bei einem Konkurrenten gearbeitet und gesehen hat, wie andere Unternehmen vorgehen“, so Julia Pollak, Chefvolkswirtin bei ZipRecruiter. Werden ehemalige Mitarbeitende vom Personalverantwortlichen angesprochen, sind sie in einer besseren Verhandlungsposition als über ein reguläres Bewerbungsverfahren. Die Arbeitgeber kennen zudem bereits die Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden. Umgekehrt wissen auch die Wiedereingestellten, wie sich die Abläufe im Unternehmen gestalten, und sind mit der Firmenkultur vertraut. Durch das erweiterte Netzwerk können Bumerang-Mitarbeitende auch Kolleginnen und Kollegen von dem zwischenzeitlichen Arbeitgeber empfehlen. „Wir bei Cobalt Deutschland haben intern bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht, wenn wir Mitarbeitende für unser „ES IST NORMAL, DASS MITARBEITENDE IM LAUFE IHRER KARRIERE ERFAHRUNGEN AUCH BEI ANDEREN ARBEITGEBERN SAMMELN MÖCHTEN. ES GIBT VIELE GRÜNDE, DIE TÜR FÜR SIE OFFEN ZU HALTEN.“ Mike Schrottke, Head of People bei CBRE in Deutschland

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