Immobilienwirtschaft 1/2024

69 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Zurück zum alten Arbeitgeber? Lange war das ein No-Go in Deutschland, da es stets auch ein bisschen nach Scheitern klang. Wer einmal gekündigt hatte oder wem gekündigt wurde, galt in den Augen von Personalchefs als verbrannt. Doch mit steigendem Fachkräftemangel gehören diese Zeiten zunehmend der Vergangenheit an. Unternehmen können es sich schlicht nicht mehr leisten, gute Mitarbeitende zu verprellen. In den USA wird das BumerangPhänomen sogar als Karrierestrategie gesehen, um unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln und Fähigkeiten auszubauen. Ein Selbstläufer ist eine Wiedereinstellung jedoch für beide Seiten nicht. Sie muss durchdacht und geplant sein – sonst funktioniert es nicht. Ein gutes Offboarding spielt dabei der Gehälter, Reisetätigkeiten oder Boni aufgrund der sich verdüsternden Wirtschaftslage nicht erfüllt werden konnten. Der Wunsch nach dem Vertrauten gewinnt daher wieder an Gewicht. Dieses Phänomen ist nicht nur in Deutschland so, sondern ein weltweiter Trend und wird als „Great Regret“ (deutsch: die große Reue) bezeichnet. Die Zahlen zeigen das deutlich: Eine kürzlich durchgeführte internationale Umfrage des US-Unternehmens Ultimate Kronos Group (UKG) ergab, dass knapp 20 Prozent der weltweiten Belegschaft in ein Unternehmen zurückgekehrt sind. Unternehmen nutzen diesen Trend bereits für sich. Laut einer LinkedIn-Umfrage gaben 55 Prozent der mehr als 1.000 Befragten an, dass sie einen so genannten Bumerang-Mitarbeiter eingestellt haben und dies wieder tun würden. 26 Prozent sagten, dass sie dies noch nicht getan haben, aber offen dafür seien. Nur fünf Prozent derjenigen, die sagten, sie hätten schon einmal Mitarbeitende wieder eingestellt, würden dies nicht wieder tun, während 13 Prozent angaben, sie hätten noch nie Mitarbeitende wieder eingestellt und würden dies auch nicht tun. BUMERANG: MEIST VORTEILHAFT FÜR ALLE Unternehmen verstehen inzwischen, dass Mitarbeitende aus unterschiedlichen Gründen kündigen. Nicht immer aber sprechen die Gründe gegen eine Rückkehr. Bumerang-Hiring kann für beide Seiten eine echte Chance sein. Vorausgesetzt, dass man im Guten auseinandergegangen ist. Eine der berühmten Ausnahmen bildet hier Steve Jobs: Von Apple im Streit entlassen, kehrte er nach über zehn Jahren ins Unternehmen zurück und brachte Apple als Unternehmen ganz nach oben. Jobs’ Rückkehr zu Apple zeigt, dass Rehiring eine echte Bereicherung sein kann. Auch Catharina Lenz, CHRO der Apleona Group, hat mit Bumerang-Mitarbeitenden gute Erfahrungen gemacht. Um das Thema voranzutreiben, enteine nicht zu unterschätzende Rolle. Eine der unangenehmsten Aufgaben von HR-Verantwortlichen ist es, die Kündigung von guten Mitarbeitenden entgegenzunehmen. Wenn erfahrene Fachkräfte gehen, hinterlässt dies eine Lücke, da viel Wissen verloren geht. Bewegung im Personalbereich gehört zum Joballtag dazu und ist auch nur bis zu einem gewissen Grad durch die Personalverantwortlichen steuerbar. Und so ist auch nicht jede Eigenkündigung per se negativ zu betrachten. Bisweilen tut es einem Team sogar gut, wenn neue Kollegen und Kolleginnen mit frischem Blickwinkel und Know-how ins Unternehmen kommen. ARBEITSWELT IM TIEFGREI- FENDEN UMBRUCH Doch mit der Pandemie kam es deutschlandweit auch in der Immobilienbranche zu Entlassungen, Kurzarbeit, Gehaltskürzungen und Pflicht zum Homeoffice. Nicht nur Covid hat zum Umbruch beigetragen, die Veränderungen hatten schon vorher begonnen: Immobilienunternehmen mussten und müssen digitale Wege finden, um ihre Zukunftsfähigkeit zu erhalten. Diese Transformation verläuft nicht immer schmerzlos. Wenn in dieser Phase dann auch noch die Unternehmenskommunikation schlecht ist, sind Frustration und Angst die Folge. Besonders, wenn die Einschläge immer schneller und häufiger kommen. Durch die Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen wurden insbesondere in den letzten drei Jahren Lebenspläne auf den Prüfstand gestellt, die Work-Life-Balance bekam eine höhere Wertigkeit bei den Menschen. Inzwischen aber will eine wachsende Anzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wieder zu ihren früheren Arbeitgebern zurückkehren. Sie werden auch „Bumerang-Mitarbeitende“ genannt, erklärt Xenia KrauseDünow, Founder und CEO der Personalvermittlung Fits for Future. So manche mussten feststellen, dass Versprechungen seitens der neuen Arbeitgeber hinsichtlich 1 BUMERANGEFFEKT Besonders Young Professionals suchen Herausforderungen auch bei anderen Unternehmen. Das kann für den alten Arbeitgeber in Zukunft von Vorteil sein. SWOT-ANALYSE BUMERANG-HIRING Vorteile: • Unternehmenskultur, Abläufe und Tätigkeiten sind bekannt • Kosteneinsparung beim Recruiting • Schnelleres Onboarding • Mitbringen von neuen Kontakten/Netzwerken • Neue, externe Erfahrungen Chancen: • Geringeres Risiko einer Fehleinstellung, da Fähigkeiten bekannt • Geringeres Fluktuationsrisiko aufgrund klarer Vorstellungen von dem Unternehmen • Hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Person zur vorhandenen Kultur passt Nachteile: • Scheu, den ehemaligen Arbeitgeber zu fragen • Für Unternehmen ggf. höheres Gehalt Risiken: • Bleibt in alten Denkmustern, Innovationen können fehlen • Gründe für ursprüngliche Unzufriedenheit können wieder aufflammen • Nicht zwingend am besten für die neue Position geeignet • Mehr Zeit zum Eingewöhnen, insbesondere wenn sich Management, Richtlinien oder Unternehmenskultur geändert haben • Nostalgie? Der Schein kann trügen

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