Immobilienwirtschaft 1/2024

64 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Schwerpunkt MIPIM 2024 Verlustrisiken im Immobilienkreditbestand müssten sich gerade alle Kreditgeber intensiv befassen, auch Real Estate Debt Funds, räumt Manuel Köppel, Geschäftsführer von BF.capital. Kreditfonds, ein. Kreditfonds können allerdings flexibler agieren als Banken, weil diese einer besonders strengen Regulierung unterliegen. Jan Ohligs, Finanzierungsexperte der Beratungsgesellschaft EY Real Estate, gibt zu bedenken: „Kreditausläufe von Finanzierungen, die vor fünf Jahren gut gepasst haben, können problematisch geworden sein, erst recht, wenn jetzt deren Prolongation ansteht.“ Restrukturierungsexpertise sei daher wieder äußerst gefragt, die allerdings nach dem langen Investmentboom an den Immobilienmärkten nicht mehr bei allen Geldhäusern inhouse verfügbar sei. Die Lage ist angespannt, zumal eine Prolongationswelle ansteht: In den USA sollen im gewerblichen Immobilienkreditsegment nach Angaben von DRC Savills Investment Management 2024 gewerbliche Immobilienkredite von mehr als 650 Milliarden Dollar fällig werden, in Europa 200 Milliarden Dollar. „Um dieses Volumen zu stemmen, wird die Liquidität von Banken als Kreditgeber nicht ausreichen“, befürchtet Jan Karrer, Leiter der Finanzierungsberatung der Beratungsgesellschaft KPMG. Alternative Kapitalgeber wie Versicherungen und Kreditfonds würden weiter an Gewicht gewinnen. Laut einer Studie der Empira Group, die mehrere Kreditfonds managt, wuchs der Darlehensbestand der Private Real Estate Debt Funds in Deutschland – von 2017 bis 2022 – um 65 Prozent jährlich. ALTERNATIVE KAPITALGEBER IM KOMMEN Trotz dieses rasanten Wachstums entspricht das bislang nicht mal zehn Prozent des Kreditportfolios der Top 12 der gewerblichen Immobilienfinanzierer aus dem Bankensektor (Juni 2023: 300 Milliarden Euro). Ihr Aufstieg vom Nischenplayer zum Wettbewerber dürfte trotzdem kaum zu stoppen sein. Commercial Real Estate, großvolumige gewerbliche Immobilienfinanzierungen über Banken, werde wie in den USA oder Großbritannien zunehmend durch Private Real Estate Debt, also durch Geldgeber außerhalb der Bankensphäre, verdrängt, prognostiziert Lahcen Knapp, Verwaltungsratspräsident der Empira Group. In den Vereinigten Staaten betrage deren Marktanteil bereits 40 Prozent, in Großbritannien 30 Prozent. Wegen verlockender Renditechancen – je nach Risikostrategie zwischen vier und zehn Prozent – ist das Interesse enorm. Die Londoner Tochter von Savills Investment Management hat von institutionellen Investoren wie Pensionskassen und Familiy Offices 5,6 Milliarden Euro eingesammelt, die in 16 Fonds (Investmentfokus Europa und Australien) investiert sind. Demnächst soll die Palette um eine Strategie mit Anlageschwerpunkt USA erweitert werden. „Bislang waren Kreditfonds vor allem gefragt, wenn man bei Projektentwicklungen für den oberen Bereich des Beleihungsauslaufs, also für die Junior- und Mezzanine-Tranchen, einen Finanzierungspartner brauchte“, merkt KPMG-Finanzierungsexperte Karrer an. Nun ist man dabei, diese Rollenverteilung die Nachfrage nach Büroflächen arg gedämpft“, sagt Jörg Quentin, Bereichsleiter Property and Valuation der Deutschen Pfandbriefbank (pbb). In den USA gerieten regionale Geldhäuser sogar bereits unter Druck. „Können Kreditnehmer die Zinsen für ihr Darlehen nicht mehr aufbringen, dann drücken sie der Bank häufig einfach die Schlüssel für das Objekt in die Hand, um sich von ihrem Investment zu verabschieden“, so Quentin. So dramatisch dürfte es hierzulande nicht werden. Dennoch stützen Immobilienbanken meist ihre Kunden, falls diese allzu sehr in die Bredouille geraten. Ein bisschen dürfte bei dieser Einschätzung wohl auch das Prinzip Hoffnung mitschwingen. Eine ganze Reihe von Geldhäusern wie etwa die Aareal Bank und die pbb treten bei der Vergabe neuer Kredite recht kräftig auf die Bremse. Was auch damit zusammenhängt, dass sie die Risikovorsorge, auch wegen wackliger Immobilienkreditengagements in den USA, deutlich aufstocken mussten. „Derzeit nehmen viele Immobilienbanken ihre Kreditportfolien penibel unter die Lupe“, stellt Jan Düdden, geschäftsführender Gesellschafter von Arcida Advisors (siehe Interview), fest. Risikoprüfungen gestalteten sich jedoch schwierig, da es aufgrund der schwachen Transaktionsaktivitäten kaum aussagekräftige Preisdaten gebe. BANKEN: NEUGESCHÄFT IST ZWEITRANGIG Jan Peter Annecke, Bereichsleiter Real Estate Finance der Helaba, gibt zu bedenken: „Banken müssen stets hinterfragen, ob Finanzierungen auf Basis des Cashflows ihre Zins- und Tilgungsleistungen erwirtschaften können.“ Bei den meisten Immobilienfinanzierern hat aktuell statt eines hohen Neugeschäfts das Auffangen von Covenant-Brüchen oberste Priorität. Mit 300 Binnen zwei Jahren zogen die Zinsen für gewerbliche Immobilienkredite um bis zu 300 Basispunkte an, weshalb die Preise für Gewerbeimmobilien im Schnitt um bis zu 30 Prozent einbrachen.

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