Immobilienwirtschaft 1/2024

63 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Schwerpunkt MIPIM 2024 Mieten und niedrigeren Immobilienpreisen sein. „Damit Immobilien attraktiv sind, muss ihr Renditeplus gegenüber Alternativinvestments wie Bundesanleihen oder Pfandbriefen mindestens 100 bis 200 Basispunkte betragen“, weiß Just. Ohne Rückenwind durch die Notenbanken ist das bis Jahresende jedoch kaum zu schaffen. ZINSSENKUNGEN DER EZB ERST IM JULI? „Marktteilnehmer verfolgen aufmerksam, welche Signale die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) senden“, sagt Timo Wagner, Finanzierungsexperte des Maklers JLL. Mit ersten Zinssenkungen der EZB zur Stimulierung der Konjunktur in der Eurozone rechnen Ökonomen frühestens im April. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie erst im Juli erfolgen. Viele Businesspläne sind nur noch Makulatur. Das spüren die Banken: Projektentwickler und Bestandsinvestoren haben zunehmend Probleme, Kredite am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen, und benötigen eine Anschlussfinanzierung (Prolongation). „Kreditinstitute müssen entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen das realisierbar ist“, gibt Wagner zu bedenken. Ein Vorgeschmack, wie herausfordernd das Szenario werden könnte, offenbart ein Blick in die USA. Dort kriselt der Gewerbeimmobilienmarkt. Die Leerstände sind hoch, besonders im Office-Segment. „In Deutschland haben der Trend zum Homeoffice und die Konjunkturflaute ebenfalls DDie Lage an den Immobilieninvestmentmärkten bleibt herausfordernd. „Käufer und Verkäufer werden in den nächsten Monaten versuchen, sich in ihren Preisvorstellungen stärker anzunähern“, hofft Stefan Stute, Mitglied der Geschäftsführung Wüest Partner Deutschland. Denn nur dann besteht die Chance, dass die Transaktionsmärkte wieder Tritt fassen. „Wegen des rasanten Zinsanstiegs sind die Immobilienpreise spürbar gesunken“, sagt Markus Lemli, Geschäftsführer des Immobiliendienstleisters Savills Deutschland. Binnen zwei Jahren zogen die Zinsen für gewerbliche Immobilienkredite um bis zu 300 Basispunkte an, weshalb die Preise für Gewerbeimmobilien im Schnitt um bis zu 20 bis 30 Prozent einbrachen. Trotzdem geht der Immobilienexperte davon aus, dass sie noch etwas weiter nachgeben werden. Darauf deuteten die Kaufpreisgebote von Investoren hin, so Lemli. Denn der Erwerb einer Gewerbeimmobilie lohnt sich nicht, wenn deren Brutto-Anfangsrendite niedriger ist als die für eine Fremdfinanzierung zu zahlenden Zinsen. ZINSEN, PREISE, RENDITEN „Da das zurzeit oft der Fall ist, lassen sich mit Krediten keine positiven Renditeeffekte erzielen“ (negativer Leverage-Effekt), sagt Professor Tobias Just, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der IREBS Immobilienakademie. Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte ein Mix aus weiter steigenden WENN GÄNGIGE GELDQUELLEN VERSIEGEN Die gestiegenen Zinsen setzen immer mehr Immobilienbanken zu: Zahlungsausfälle und Wertberichtigungsbedarf nehmen zu – und sogar Gewinnwarnungen. In dieser angespannten Situation übernehmen verstärkt REAL ESTATE DEBT FUNDS deren dominierende Rolle als Kreditgeber. TEXT Norbert Jumpertz

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