Immobilienwirtschaft 1/2024

56 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Schwerpunkt MIPIM 2024 folgenden Umbau, an die endgültigen Eigentümer.“ Außerdem habe der Unternehmenszusammenschluss für den CO2-armen Hanfbeton die europäische Atex-Zertifizierung erhalten. „Den konnten wir zwar im Dorf dann nicht einsetzen, weil er bei mehr als zwei Etagen nicht stabil genug ist. Aber wir bauen damit nun anderswo einstöckige Bürogebäude“, erklärt Porcedo. Viele dieser Neuerungen seien wegweisend – auch beschleunigte Verwaltungsverfahren für den Bau des Dorfes. „Nicht umsonst hat Premierminister Gabriel Attal in seiner Antrittsrede Ende Januar gesagt, man werde die Methoden von Olympia in 20 Testregionen verwenden, um schnell neue Wohnungen zu errichten“, sagt Porcedo. OLYMPISCHES DORF FÜR MIPIM-AWARD NOMINIERT Dass das Olympische Dorf einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird, glaubt auch der Deutsche Jan Horst, Partner des Architekturbüros chaixetmorel, das in Paris und Berlin ansässig ist. Dort ist es unter anderem mit der Konzipierung des Herzstücks im Gründerzentrum Urban Tech Republic am Flughafen Tegel betraut. Chaixetmorel ist eines von 40 Architekturbüros, die das Athleten-Dorf geplant haben, und koordinierend tätig für Gebäude auf 55.000 Quadratmetern Fläche, die Vinci gehören. In die Bauten kommen nach den Spielen vor allem Büroräume, auch für Mitarbeiter von Frankreichs Innenministerium. „Zusammen mit dem sogenannten Quartier Lumières Pleyel, wo nicht weit entfernt 480 neue Wohnungen, Hotels etc. entstehen, strahlt das Olympische Dorf auf das Département ab und wertet es auf“, sagt Horst. „Außerdem wird das Projekt langfristige bautechnische Auswirkungen haben: Bisher gab es in Frankreich keine Holzbauindustrie wie in Deutschland und Österreich. Durch das Dorf und das nicht weit entfernt liegende Schwimmbad Centre Aquatique Olympique, welches man ebenfalls unter Verwendung von viel Holz für die Spiele errichtet, ist eine solche Industrie entstanden – Frankreich hat zu Deutschland aufgeholt.“ Zur Aufwertung des Départements trügen auch vier neue Metro-Anbindungen bei, die für Olympia und danach geplant sind. „Das Projekt ist ein spannendes Abenteuer, welches die Einstellung von Bauherren beeinflussen und eine gewisse Erwartungshaltung für künftige Vorhaben setzen wird. Auch international könnte es als Beispiel für nachhaltiges Bauen vorangehen“, begeistert sich Horst. Dafür spricht auch, dass das Olympische Dorf für den prestigeträchtigen Mipim-Award in der Kategorie „Best Urban Regeneration Project“ nominiert ist. Doch solche Effekte werden sich wohl kaum in Frankreichs makroökonomischen Zahlen widerspiegeln, meint Sylvain Bersinger, Chefökonom der Pariser Beratungsfirma Asterès. Er hat sich alle SomDie französischen Immobiliengesellschaften Nexity, Eiffage Immobilier und CDC Habitat, zusammen mit zwei Investoren, der Versicherungsgesellschaft Groupama und dem Stromriesen EDF, sind für etwa 58.000 Quadratmeter im Ort Saint-Ouen zuständig. Darauf hat man 19 Gebäude errichtet, in denen sich nach den Olympischen Spielen sowohl Büroräume als auch 527 Wohnungen befinden werden. Diese vermarkten die Immobiliengesellschaften erst nach den Spielen. „Wir glauben, dass Saint-Ouen eine vielversprechende Zukunft bevorsteht – dazu wird auch das Olympische Dorf beitragen“, sagt Jean-Luc Porcedo, Generaldirektor des Bereichs Gebietsumwandlung und Vorsitzender der Abteilung Städte und Projekte beim Unternehmen Nexity, welches seit 2004 auch in andere Bauvorhaben in dem Vorort investiert. „Diese Vorstadt hat eine industrielle Vergangenheit und Gebiete, die man neu bebauen kann. Außerdem gibt es den politischen Willen, den Ort aufzuwerten.“ DURCH DAS PROJEKT KONNTE MAN NEUE BAUMETHODEN AUSPROBIEREN „Wir konnten durch dieses symbolträchtige Projekt auch neue Methoden ausprobieren“, fügt Porcedo hinzu. „Wir haben Holzbalken auf Betonböden errichtet, was in Südländern gang und gäbe ist, aber nicht in Frankreich. Außerdem brauchten wir eine neuartige Bauerlaubnis, mit einer neuen Version der hier vorgeschriebenen zehnjährigen Gewährleistung. Normalerweise beginnt diese, wenn man die Schlüssel übergibt. In diesem Fall gibt es aber zwei Schlüsselübergaben: einmal an das Olympische Komitee und nach den Spielen, und einem darauf1 KONVERSION Einst standen an diesem Standort Lagerhallen und Büros. Jetzt entsteht hier das Olympische Dorf 1

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