51 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Maßnahmen gut miteinander verknüpfen lassen. Die industrielle Bauweise der Plattenbauten mit kompakten Grundrissen sei gut zu sanieren und könne durch Aufstockungen an architektonischer Qualität gewinnen. Neue Etagen auf dem Dach seien laut Howoge zwar „kein Allheilmittel, um der Wohnungsknappheit zu begegnen, aber eine sinnvolle Möglichkeit, innerhalb bestehender Infrastruktur ohne Versiegelung neuen Wohnraum zu schaffen“. Für die anstehenden Projekte hat das Unternehmen – um die Bauzeit zu reduzieren und Kosten zu senken – ein Serienprodukt mit hohem Vorfertigungsgrad entwickelt, das auch bei anderen Wohnungsunternehmen zum Einsatz kommen könnte. KNOW-HOW AUS SERIELLER SANIERUNG ALS CHANCE Die Deutsche Energieagentur (dena) sieht in der Kombination von serieller Sanierung und neuem Wohnraum auf dem Dach eine große Chance. Uwe Bigalke, Teamleiter Serielles Sanieren bei der dena, ist überzeugt: „Serielles Sanieren lässt sich vielfach mit einer Aufstockung kombinieren. Im Zuge der klimaneutralen Bestandsmodernisierung kann so dringend benötigter Wohnraum zu Kosten geschaffen werden, die weit unter denen eines Neubaus liegen. Die zusätzlichen Mieteinnahmen leisten zudem einen Beitrag zur Refinanzierung der Sanierungsinvestition.“ Schaue man auf die aktuellen Aufstockungsvolumina, würde es 110 bis 150 Jahre dauern, um das Potenzial auszuschöpfen. Die im Rahmen des Baugipfels geplanten Vereinfachungen, wie bundesweit geltende Typengenehmigungen, Genehmigungsfreiheit beim Dachausbau, Wegfall der Stellplatzpflicht sowie die Einführung von Gebäudetyp E, könnten dem seriellen Sanieren sowie der Aufstockung mehr Rückenwind geben. Die dena ist zudem überzeugt, dass sich das Know-how aus der seriellen Sanierung für das Nischensegment Dachaufstockung nutzen lasse. Im Partner-Netzwerk Energiesprong gebe es bereits heute innovative Ideen, mit denen nungen, die durch Aufstockung geschaffen werden könnten. Aktuell gehen wir das allerdings nicht an.“ Bei den Gründen, warum die Wohnraumschaffung auf dem Dach nicht fortgesetzt wird, drückt er sich diplomatisch aus: „Unter dem Eindruck der Multikrise und den damit verbundenen Auswirkungen, wie steigenden Baukosten, Materialverfügbarkeiten, verändertem Zinsniveau und wegbrechenden Förderkulissen, fehlt uns derzeit jegliche Planungssicherheit.“ AUFSTOCKUNG SO TEUER WIE NEUBAU Für die Aufstockung bestens eignen könnten sich auch die Plattenbauten aus der DDR-Zeit. Erste Erfahrungen hat mit zwei Pilotprojekten die Berliner Howoge Wohnungsbaugesellschaft mbH gesammelt. Bis Ende 2022 wurden 50 neue Wohnungen auf Häusern des Typs WBS 70 in den Stadtteilen Buch und Hohenschönhausen geschaffen. Die Erkenntnisse, die die Howoge dabei gewonnen hat, zeigen: Theorie und Praxis unterscheiden sich. Die Aufstockung kostet, anders als erwartet, viel Zeit. Baurechtschaffung sowie Planung und der Bau dauerten in Berlin vier Jahre. Auch die These, dass Aufstockung preiswerter als Neubau sein könnte, bewahrheitete sich nicht. So mussten beispielsweise Drempelgeschosse abgetragen werden oder aufwendige Verstärkungen der Fundamente des Bestandsgebäudes vorgenommen werden. Am Ende kosteten die beiden Projekte, umgerechnet auf den Quadratmeter Wohnraum, etwa so viel Geld wie ein Neubau. Trotz dieser Aspekte will die Howoge weitere Plattenbauten aufstocken. 144 Wohnungen sollen in Lichtenberg geschaffen werden. Weiteres Potenzial hätten die Objekte des Unternehmens – insgesamt stehen 320.000 Quadratmeter Dachfläche auf den Plattenbauten bereit. Genutzt werden könnten diese bei Plattenbauten, so hat das Unternehmen zuletzt erklärt, die zwei neue Stockwerke zulassen und bei denen eine energetische Sanierung ansteht, weil sich diese zwei „FEST STEHT: IN ANGESPANNTEN WOHNUNGSMÄRKTEN SIND AUFSTOCKUNGEN WEITERHIN EINE GUTE OPTION. ALLERDINGS: DIE BEREITS VOR JAHREN BEKANNTEN BAURECHTLICHEN UND SONSTIGEN HEMMNISSE SIND IMMER NOCH NICHT BESEITIGT WORDEN.“ Matthias Günther, Chef des Pestel-Instituts, Hannover 2 1
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