In meinem schönsten Kulturerlebnis schreiben wir das Jahr 1986. Damals wurde Carl Orffs „Carmina Burana“ aufgeführt. Eigentlich nichts Besonderes, oder? Für mich schon. Denn zum einen war der Spielort Cottbus – zur Wiedereröffnung des einzigen bespielten Jugendstiltheaters Deutschlands. Auch zählte der Komponist wahrlich nicht zu den Klassikern in DDR-Spielstätten. Handelte es sich doch vielmehr um einen zeitgenössischen Künstler, der bis 1992 in München lebte. Zum anderen durfte als Mitglied des Kinderchors Cottbus sogar ich mitsingen. Zehn Lenze zählte ich gerade – und dieses Erlebnis prägte mich. Als Erstes mussten wir für diese Aufführung Latein lernen. Dafür bekamen wir extra einen Lehrer. Allein das war schon ungewöhnlich – büffelten wir ansonsten doch alle brav Russisch. Hinzu kam noch der selbst auf Deutsch nicht ganz verständliche Text. Bei der Premiere, natürlich mit Oma und Eltern im Publikum, hat sie mich gepackt – die Ode an das Schicksal. Gemeinsam den Saal mit Musik füllen. Direkt hinter mir schlägt die Pauke. Von vorn blendet gleißendes Licht. Wir singen uns die Seele aus dem Leib. Noch heute verspüre ich Gänsehaut. In dieser echten Gemeinschaft ein magischer Moment. Vielleicht hat sich auch schon damals mein persönliches Fatum gemeldet und mir den Weg aufgezeigt ...?! Später im Abitur habe ich mich für Architektur interessiert. So viele Male habe ich das Staatstheater gemalt. Sogar in seinem Eiscafe habe ich gearbeitet. Ich erlebte hautnah, wie glücklich Kultur allabendlich macht. Solche Spielstätten sind von unschätzbarem Wert für unsere Städte. Die richtigen Immobilien mit der richtigen Nutzung machen Menschen glücklich. Auch wirtschaftlich sind sie spannend. Das habe ich dann nach der Wende beim Monopolyspielen gelernt. Ich war unschlagbar. Aus diesem Erleben weiß ich bis heute, dass ich vieles schaffen kann, wenn ich es will. Mehrfach war mir die völlige Abstinenz jeglichen musikalischen Talents bescheinigt worden. Trotzdem trat ich mit dem Chor auf. Seitdem halte ich es mit der Hummel, die nicht weiß, dass sie nicht fliegen kann, und mit Pipi Langstrumpf: „Das habe ich noch nie vorher versucht, deshalb bin ich mir völlig sicher, dass ich es schaffe.“ Hätte ich gewusst, welch großartige Reise noch vor mir liegt … ich hätte damals die Ode an das Schicksal noch lauter gesungen. SABINE GEORGI ist Geschäftsführerin des Urban Land Institute (ULI) Deutschland/Österreich/ Schweiz ODE AN DAS SCHICKSAL „Das habe ich noch nie vorher versucht, deshalb bin ich mir völlig sicher, dass ich es schaffe.“ Ein Auftritt im KINDERCHOR prägt Sabine Georgi nachhaltig. 130 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Culture Club Mein schönstes Kulturerlebnis
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==