Immobilienwirtschaft 1/2024

120 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Nachhaltigkeit & Technologie Energetische Sanierung können schnell Kosten von mehr als einer Million Euro anfallen. Das drückt die Preise der unsanierten und steigert im Gegenzug die für sanierte Bestandsimmobilien. Auch Immobilienspezialist Jones Lang LaSalle (JLL) befürchtet durch teure Energie und hohe Verbräuche eine Spaltung des Wohnungsmarkts. Immobilien mit schlechter Energiebilanz werden schon jetzt zu höheren Preisabschlägen angeboten als energetisch effiziente Gebäude. In den letzten Jahren spielten die Heiz- und Nebenkosten bei der Wohnungswahl eine weniger wichtige Rolle, so JLL. Aufgrund der hohen Strom- und Gaspreise, die zu teuren Nebenkostenabrechnungen für viele Mieterinnen und Mieter führen könnten, hat sich dies jedoch geändert. Mieter reagieren nun sensibler auf den Energieverbrauch. „Die Folge ist, dass insbesondere in Märkten mit einem Überangebot Wohngebäude mit schlechterer Energieeffizienz deutlich stärker abgestraft werden“, sagt JLL-Experte Sebastian Grimm. Eine weitere JLL-Analyse mit rund 5.000 Angeboten für Mehrfamilienhäuser ergab, dass im Vergleich zu 2022 Eigentümer von ineffizienten Immobilien Preisabschläge von fast 30 Prozent zu befürchten haben. ESG MACHT ALLES HÄRTER Die Preisdifferenzierung nach Energieklasse könnte nach JLLEinschätzung ein langfristiger Trend werden. Dies liegt zum einen an der besonderen Relevanz des Gebäudesektors für Klimaziele und zum anderen an den erwarteten hohen Baukosten in der mittelfristigen Zukunft. Auch die Auswirkungen von Environmental, Social, Governance (ESG) auf die Finanzierbarkeit von Wohnungsbeständen spielt eine Rolle. Zwar gibt es Meinungen von Experten, dass dies kaum spürbare Auswirkungen haben wird. Bulwiengesa hat auch hier genauer nachgeschaut. Höhere Betriebskosten werden sich demnach negativ auf die Finanzierungen auswirken (siehe auch Interview „Für Sanierung sind Zuschüsse besser als Darlehen“). Die Prüfung des energetischen Zustandes schlägt sich auch im Beleihungswert nieder und ist bereits Teil der Kreditentscheidung – so wie zukünftig die Einhaltung der ESG-Kriterien. Als besonders wichtig wird auch hier die Energieeffizienz eines Gebäudes angesehen. Ineffiziente Gebäude der Kategorie F bis H könnten vom Finanzierungsprozess ausgeschlossen werden. Bulwiengesa sieht bereits eine Abhängigkeit von ESG-Kriterien, insbesondere in Bezug auf die Energieeffizienz von Gebäuden. DIGITALISIERUNGSOPTIONEN ESG-Kriterien könnten also zukünftig einen erheblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Fremdkapital haben. Einige Finanzinstitute planen, die strategische Ausrichtung der Eigentümer und die energetische Sanierung von Objekten kritisch zu überprüfen und diese Erkenntnisse in ihr Rating sowie ihre Kreditentscheidungen einzubeziehen. Es gäbe also viel zu tun, sollen energieineffiziente Gebäude nicht als Schrottimmobilien enden. JLL hat genau dazu die Branche befragt. Die Ergebnisse sind eher ernüchternd. Nur 24 Prozent der Unternehmen haben bereits Digitallösungen zur Energieoptimierung oder Belegungsplanung in ihren Büroflächen installiert – wobei dies eine niedrigintensive Maßnahme wäre. Immerhin planen rund 66 Prozent, in den nächsten drei Jahren Digitallösungen einzuführen, um ihre Betriebskosten zu senken, sich vor Energiekrisen zu schützen und ihre ESG-Ziele zu erreichen. Dabei befinden sich die Unternehmen in unterschiedlichen Stadien bei der Nutzung von Datenanalysen. Einige analysieren Daten kontinuierlich oder in Echtzeit, während andere Daten nur zeitweise oder unregelmäßig erfassen. Angesichts der Energiekrise suchen Unternehmen zudem nach schnellen und leicht integrierbaren Lösungen, die ihnen transparente Einsparpotenziale aufzeigen können. Einige Unternehmen erwägen komplexere Lösungen, die Echtzeitdaten nutzen und Prozesse eigenständig optimieren können. Diese Lösungen können auch bestehende digitale Gebäudeinfrastrukturen ergänzen. Deutsche Unternehmen sind in Bezug auf Investitionen in Remote-Working- und ESG-Tools möglicherweise zurückhaltender, da sie zögerlicher sind, Drittanbieter zu beauftragen und Tools auszulagern. Zudem GEBÄUDEENERGIEEFFIZIENZKLASSEN Die Gebäudeenergieeffizienzklassen ergeben sich aus jährlichem Endenergieverbrauch und -bedarf in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche (kWh/(m2a)). Je niedriger der Kennwert, desto besser der energetische Zustand des Gebäudes. • Passivhausstandard (unter 15 (Endenergie kWh/m2a)) eigener Standard des Passivhausinstituts Darmstadt • Nullenergiehaus (0) Bezug auf die jährliche Energiebilanz des Gebäudes • Energie-Plus-Haus (weniger als 0) produziert mehr Energie, als es verbraucht • Energieautarkes Haus (0) komplettes Decken des gesamten Energiebedarfs aus eigener Erzeugung • A+ (unter 30) von KfW als Energiesparhaus 40 (EH40) eingestuft • A (unter 50) entspricht KfW 55 (EH55) • B (unter 75) entspricht KfW 60 (EH60), auch 3-Liter-Haus genannt • C (unter 100) klassisches Niedrigenergiehaus, entspricht in etwa EH70 • D (unter 130) kompakte Neubauten, sanierte Altbauten mit hochwertiger Dämmung und effizienter Heizungsanlage • E (unter 160) Einfamilienhäuser, die Mindestanforderungen der alten EnEV einhalten • F (unter 200) komplett modernisierte Altbauten nach den Anforderungen der alten EnEV • G (unter 250) Altbauten, die nach Vorgaben der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 nur teilweise modernisiert und isoliert wurden • H (250 und mehr) schlechteste Klasse, meist unsanierte Altbauten RELEVANTE MESSEN E-world energy & water Essen (20.-22.2.2024) Light+Building Frankfurt am Main (3.-8.3.2024)

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==