113 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 es unergiebig wäre, einen Ist-Zustand des Marktes für einzelne KI-Technologien zu erarbeiten – bei der Dynamik der Entwicklung wäre eine solche Marktübersicht bei Publikation schon wieder überholt. Robert Betz, Partner EMA Head of Digital Real Estate bei KPMG, konkretisiert: „Die Anwendung von Tools der analytischen KI ist bisher am weitesten fortgeschritten. Hier tut sich viel, sowohl technologisch als auch was die Nutzungsoptionen angeht. Insbesondere verbessert sich die Lernfähigkeit der Systeme bei der Analyse großer Datenbestände ständig. Es gibt bereits viele Use Cases, und ihre Zahl steigt kontinuierlich an. Beispielsweise ermöglicht eine intelligente Daten- und Texterkennungstechnologie für ein modernes Prozessmanagement große Schritte hin zu einer umfassenden Prozessautomatisierung.“ KI-IMPLEMENTIERUNG IN BRANCHENSOFTWARE Fragt man bei den Softwareanbietern nach, so wird schnell klar, dass unterschiedliche Aspekte und Komponenten der KI-Technologie bereits verbreitet im Einsatz stehen und als selbstverständliche Komponenten beispielsweise im Rahmen von ERP-Systemen verwendet werden. Wie dies in der Praxis aussieht, erklärt etwa Susanne Vieker, Chief Product Officer und Geschäftsleiterin der Haufe-Lexware Real Estate AG: „Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz. KI-Tools werden aktiv in der Softwareentwicklung genutzt und in unsere ERP-Systeme eingebaut. Als schnelle Informations- und Recherchequelle ist besonders ChatGPT sehr hilfreich.“ Zu nennen sind hier besonders komplexe Themenbereiche wie ESG. Vieker erläutert: „Werden im KI-Tool präzise Anfragen gestellt, scannt die Anwendung relevante Gesetze und Vorgaben und liefert im Handumdrehen Antworten. Auch das Vertragsmanagement ist erwähnenswert. Texte werden hochgeladen und von der Anwendung analysiert. Das Programm liefert eine Rückmeldung, wo Risiken zu erwarten sind, erinnert automatisch an vertragsrelevante Fristen und Termine. Außerdem kann KI das Nutzerverhalten bei Buchungen oder bei der Archivierung von Dokumenten lernen und selbstständig schon die richtigen Informationen vorschlagen.“ Zahlreiche Anbieter von ERP-Lösungen berichten von ähnlicher Dynamik, und die Start-up-Szene wirbt ohnehin besonders gern mit Verweis auf KITechnologie. Die Softwareunternehmen tasten sich aber bereits an noch anspruchsvollere Anwendungsfelder heran. Richard Gerritsen, Senior Director Sales Europe bei Yardi Systems, zeigt auf, wohin die Reise geht: „Wir planen, in den nächsten Monaten mit der Testphase von KI-Tools zu beginnen, die in der Lage sind, formalisiertes Reporting zu übernehmen, wobei standardisierte Daten aus unterschiedlichen Quellen verarbeitet werden können. Der Benutzer spricht mit der Maschine, beispielsweise in der Form: ‚Generiere den Leerstandsreport für …‘ Anschließend erstellt die Software gemäß den inhaltlichen und formalen Richtlinien den kompletten Bericht.“ Auch für den Einsatz von KI-Robotik gibt es bereits Nutzungsbeispiele. Stellvertretend berichtet etwa Dr. Dominique Hoffmann, Partner und zertiDIE EINSATZFELDER VON KI IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT werden von verschiedenen Technologien getragen. Jonas Hahn, Professor für Immobilienmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences, unterscheidet vier grundsätzliche KI-Ansätze Dokumenten- und Mustererkennung, eingesetzt etwa im Vertragsmanagement oder beim Rechnungsdurchlauf. Dazu gehört in der Praxis jegliche OCR-Software (also Software zur Text- und Zeichenerkennung) mit Anbindung an ein Dokumentenmanagementsystem. Sprach-KIs sind Large Language Models. Neben ihrer Inkarnation als ChatGPT & Co. gibt es zahlreiche Anwendungen auf den Gebieten Dokumenten- und Bildanalyse, bei der Markt- und Standortbewertung sowie als Sprach- oder Text-Assistenten bei Vertragsverhandlungen, Wohnungs- und Gebäudebesichtigungen und Immobilien- und Standortbewertungen. Zudem finden sie auch in so genannten virtuellen Kopiloten Verwendung. Die Grundidee liegt darin, mit Dokumenten chatten zu können, etwa wenn ein Nutzer fragt: „Wann ist die nächste Mieterhöhung möglich?“ Das Dokument analysiert seinen Text dann hinsichtlich entsprechender Regelungen. Maschinelles Lernen, Neuronale Netze und Deep Learning werden eingesetzt etwa in der Immobilienbewertung durch Automated Valuation Models. Dabei werden inhärente preisbildende Faktoren im Markt isoliert und geschätzt. Das ermöglicht eine Art automatisierte Immobilienbewertung anhand sehr weniger Angaben. Softwarerobotik im Rahmen von Robot Process Automation. Diese Robotergestützte Prozessautomatisierung ermöglicht es, umfangreiche, häufig wiederkehrende oder zeitintensive Abläufe zu automatisieren, indem die KI-Software entsprechend angelernt wird. Die Technologie dient auch zur Umgehung von Softwarebarrieren und zur Auslagerung von Standardvorgängen auf überwachte oder nicht überwachte virtuelle Mitarbeiter, etwa die Anlage von SEPA-Lastschriftmandaten in Mietverhältnissen.
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