Immobilienwirtschaft 1/2024

Sachverhalt: Ein Makler schließt einen Maklervertrag über die Vermittlung des Verkaufs einer Villa ab. Der Maklervertrag sieht vor, dass im Falle eines Kaufvertrags sowohl der Verkäufer als auch der Käufer eine Provision von je zwei Prozent des Kaufpreises zzgl. Mehrwertsteuer schulden. Der Makler findet schnell einen Käufer, und es wird eine E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Makler und der Frau des Käufers dokumentiert, in der diese die Kenntnis und Akzeptanz der Maklerprovision bestätigt. Später wird die Villa tatsächlich verkauft, und in der Kaufvertragsurkunde wird ausdrücklich auf die Vermittlung durch den Makler hingewiesen. Der Makler stellt dem Käufer die Provision in Rechnung, aber dieser weigert sich zu zahlen und argumentiert unter anderem mit Vorkenntnissen, die die Kausalität der Maklerleistung beeinträchtigen würden. Entscheidung: Das Oberlandesgericht Zweibrücken gibt dem Makler Recht. Es wird vom Gericht festgestellt, dass zwischen dem Makler und dem Käufer aufgrund der E-Mail-Korrespondenz mit der Ehefrau ein eigener Maklervertrag geschlossen wurde. Das Gericht argumentiert, dass die Kausalität der Vermittlertätigkeit angenommen werden kann, wenn der Kaufvertrag in zeitlichem Zusammenhang von unter einem Jahr nach der Maklertätigkeit abgeschlossen wird. Der Käufer könne zwar Umstände vorbringen, die auf eine Vorkenntnis hindeuten, aber in diesem Fall hat er den Provisionsforderungen nicht sofort widersprochen und zudem trotz angeblicher Vorkenntnis in der Kaufvertragsurkunde ausdrücklich die Vermittlung durch den Makler bestätigt. Dem Maklerkunden kann die Berufung auf Vorkenntnis verwehrt sein, wenn er diese bei Kontaktaufnahme mit dem Makler nicht sogleich offenbart. OLG Zweibrücken, Urteil vom 5.9.2023, Az. 8 U 138/22 PRÄSENTIERT VON: RECHTSANWÄLTIN CONSTANZE BECKER FACHANWÄLTIN FÜR MIET- UND WOHNUNGS- EIGENTUMSRECHT, MÜNCHEN Die Konsequenz für die Praxis lautet, dass der Maklerkunde verpflichtet ist, eine etwaige Vorkenntnis unverzüglich offenzulegen, andernfalls kann er sich nicht mehr darauf berufen. Die Entscheidung des Gerichts stützt sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Es wird darauf hingewiesen, dass es bezüglich der Offenbarungspflicht bei Vorkenntnissen unterschiedliche Meinungen gibt, wobei der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings eine solche Pflicht ablehnt. Praxishinweis: Im Maklervertrag kann explizit vorgesehen werden, dass der Kunde eine etwaige Vorkenntnis offenbaren muss. Die Frage, ob dies durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) möglich ist, bleibt jedoch in der Rechtsprechung umstritten. Insofern ist darauf zu achten, dass die Regelung zur Vorkenntnis möglichst individualvertraglich abgeschlossen wird. MAKLERRECHT DER MAKLERVERTRAG KANN REGELN, DASS DER KUNDE ETWAIGE VORKENNTNIS OFFENBAREN MUSS. OB DIES AUCH DURCH AGB MÖGLICH IST, BLEIBT IN DER RECHTSPRECHUNG UMSTRITTEN. 107 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024

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